Feenfuchs und Feuerkuss
Mitgefühl nicht noch
überlegen konnte.
Jonathan bedeutete ihnen hereinzukommen,
musterte Jeska aber weiterhin misstrauisch. Er humpelte zur Couch und ließ sich
ächzend darauf fallen.
„Tut dein Bein noch sehr weh?“
Luisa sah Jonathan besorgt an und setzte sich neben ihn.
Er lächelte etwas gezwungen und
legte das eingegipste Bein auf den kleinen Tisch vor sich, der mit
Pferdezeitschriften bedeckt war.
„Es geht schon.“ Er zuckte
verlegen mit den Schultern. „Leider werde ich mich die nächsten Wochen nicht um
Ophelia kümmern können. Tut mir echt leid.“
Luisa strich ihm beruhigend über
die Schulter. „Mach dir keine Sorgen. Dein Vater und ich haben schon die
perfekte Lösung gefunden.“ Sie zeigte auf Jeska, die interessiert Jonathans
Pokale und Schleifen betrachtete.
„Das ist doch nicht dein Ernst!“ Er schnappte
nach Luft. „Diese Person wird jeden Tag Ophelia reiten?“ Entgeistert verzog er
sein Gesicht.
„Und deine Pferde werde ich ab
morgen auch reiten. Dein Vater hat mir ein Angebot gemacht, das ich nicht
ausschlagen konnte.“ Vergnügt drehte Jeska sich um und sank vornehm auf einen
Sessel gegenüber von ihnen.
Jonathan stöhnte gequält auf,
warf sich nach hinten und bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
Luisa hatte Mitleid mit ihm und
versuchte nicht über Jeskas selbstgefällig Miene zu lachen, scheiterte dabei
aber kläglich.
Jonathan blickte Luisa flehend an.
„Bitte sag, dass das ein grausamer Scherz ist.“
Sie schüttelte den Kopf und
zückte einen schwarzen Edding aus ihrer Jackentasche. „Dafür bekommst du jetzt
eine aufmunternde Widmung auf deinen Gips, ok?“
Jonathan hob die Augenbrauen,
lächelte dann und sagte: „Aber nur von dir.“
Luisa lachte und beugte sich über
sein Bein. ‚Gute Besserung! xoxo Luisa', schrieb sie in Schönschrift.
„Vorsicht, Luisa. Lass die kleine
Hexe nicht an meinen Gips“, rief Jonathan plötzlich.
Aber da entriss Jeska ihr schon
den Stift, klemmte Jonathan auf der Couch fest und schrieb einige, krakelige
Wörter.
Als Luisa erkannte, was ihre
Freundin verbrochen hatte, biss sie sich auf die Lippen, um nicht laut zu
lachen.
‚Hochmut kommt vor dem Sturz'
stand mitten auf dem Gips, für jeden gut lesbar.
Oh
mein Gott ,
dachte Luisa, Jonathan wird sie mit einer
seiner Krücken erschlagen .
Und tatsächlich, als er die
Wörter entziffert hatte, blitzten seine blauen Augen wütend auf.
Jeska setzte sich jedoch
ungerührt wieder, schlug entspannt ein Bein über das andere und betrachtete
ihre rot lackierten Nägel.
„Du weißt es jetzt noch nicht,
aber der Tag meiner Rache wird kommen, Jessica“, sagte Jonathan.
„Ich heiße Jeska und ich bin
gespannt“, antwortete sie und warf ihm ein provokantes Lächeln zu.
„Das kannst du auch sein – Jessica. “
Als Luisa erkannte, dass keiner
der beiden klein bei geben würde, stand sie hastig auf. „Komm Jess, wir gehen.
Jonathan will sich bestimmt ausruhen und ich muss Ophelia noch ihre Möhren
geben, bevor der Stall abgeschlossen wird.“
Jeska blieb aber, wo sie war,
blickte Jonathan an und klimperte mit ihren schwarzen Wimpern. „Was? Jetzt wird
es doch erst interessant. Wir stellen jetzt einen Trainingsplan für Jonathans
Pferde auf.“
„Ha“, machte dieser und tippte
sich an die Stirn. „Du wirst meine Pferde sicher nicht reiten.“
Luisa ging zur Tür.
Doch auf halbem Wege wurde sie
von Jonathans Betteln aufgehalten: „Bitte lass mich nicht alleine mit Walpurga.“
Sie betrachtete die beiden
Kampfhähne und musste schmunzeln. „Du wirst schon mit ihr fertig werden. Ich
schaue nur kurz nach Ophelia und hole Jess dann wieder hier ab.“
Als sie die Treppe hinabeilte,
dachte sie: Da haben sich wohl zwei
gesucht und gefunden.
Das konnte noch interessant
werden in den nächsten Wochen. Luisa war gespannt, welcher der beiden Sturköpfe
sich durchsetzen würde.
Das
wird für beide kein Zuckerschlecken .
Luisa lächelte amüsiert, als sie über den Hof lief.
Von den Ereignissen des Tages
ganz aufgewühlt, machte sich Luisa auf den Heimweg. Da es bereits dunkel wurde,
hatte sie ihre Fahrradlampe eingeschaltet. Für Ende März war es recht warm und
sie genoss die holprige Fahrt durch die Felder.
Schmunzelnd dachte sie an die
Auseinandersetzung zwischen Jess und Jonathan. Selbst wenn Jeska in der
nächsten Zeit auf dem Gestüt für reichlich Aufruhr sorgen würde, konnte sich
Luisa keine bessere Reiterin für ihr schwieriges Pferd vorstellen.
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