Feenfuchs und Feuerkuss
Haus und immer
geradeaus.
Sie sauste durch die Straßen, bis
ihre Lungen brannten und ihre Beine sich wie Wackelpudding anfühlten.
Doch der schreckliche
Liebeskummer schnürte immer noch mit eisernen Ketten ihr Herz zusammen.
Wie konnte man einen Menschen nur
so vermissen?
Am Abend kamen ihre Freundinnen
vorbei und retteten Luisa. Kaum hatte Jeska ihr Zimmer betreten, ging eine
Wörterflut über sie hernieder, die Luisa zum ersten Mal an diesem Tag ablenkte.
„Ich bin Ophelia direkt als
erstes geritten. In der großen Halle. Sie war super. Keine Sorge, ihr geht es
wirklich gut. Sie ist so schön gelaufen wie gestern. Herr Lichthang kam vorbei
und hat mir ein bisschen Unterricht gegeben. Ist das zu glauben? Ich hab
Unterricht von einer Dressurlegende bekommen. Unglaublich…“
Luisa pflanzte sich mit Molly auf
ihr Sofa und zusammen sahen sie Jeska dabei zu, wie sie wild gestikulierend
ihren ersten Arbeitstag am Gestüt Revue passieren ließ. Molly holte eine Tafel
Schokolade hervor und legte sie Luisa in den Schoß.
„Oh, danke Molly“, flüsterte
Luisa, um Jeskas Monolog nicht zu stören, und lächelte ihre blondhaarige
Freundin an. Molly hatte Luisas Lieblingsschokolade mitgebracht: Weiße
Schokolade mit Crisp.
Schließlich war Jeskas Show
vorbei. Sie endete mit dem Schlusssatz, dass Jonathan Lichthang wirklich und
wahrhaftig der arroganteste Kerl sei, dem sie je begegnet war, denn er hatte
strikt abgelehnt, dass sie Alcantarro reiten durfte.
„Mit seinem Spatzenhirn kann er
sich nicht einmal merken, dass ich Jeska und nicht Jessica heiße“, beschwerte
sie sich, warf sich zu den beiden in die Polster und breitete die beige
Strickdecke über ihnen aus. Sie war sogar etwas außer Atem von ihrem Bericht.
„Sehr schön“, sagte Molly und
warf Jeska einen ironischen Blick zu. „Aber jetzt muss ich nochmal genau hören,
wie euer Date auf der Burgruine war, Lu.“
Luisa wurde leicht rot im Gesicht
und ihr Puls beschleunigte sich. Erinnerungen an Sam schossen durch ihren Kopf
und während diese ihren Körper mit Glückshormonen flutete, begann sie von ihrem
traumhaften Tag an der Ruine zu berichten.
Der Teil mit dem Kuss ging ihr
nur schwer über die Lippen, Molly und Jess gaben sich aber alle Mühe, jedes
Detail aus ihr herauszuquetschen.
Als sie dann von der SMS
erzählte, die ihr Herz gebrochen hatte, nahm Molly sie in den Arm.
Auch Jeska streichelte liebevoll
ihre Schulter. „Hat er denn überhaupt nichts dazu geschrieben, wann er wiederkommt?“
Luisa konnte nur den Kopf
schütteln.
„Vielleicht meldet er sich ja,
wenn es seiner Oma wieder besser geht“, mutmaßte Jeska weiter und nahm sich ein
Stück Schokolade.
Luisa löste sich aus Mollys
Umarmung und richtete sich wieder auf. „Und was ist wenn er ganz in England
bleibt?“, fragte sie leise.
Molly schüttelte vehement den
Kopf: „Daran darfst du gar nicht denken. Warte jetzt erstmal ab, was er dir
schreibt.“
Aber Luisa war nicht mehr zu
bremsen: „Ich hab euch doch von dem seltsamen Traum erzählt, den ich von Sam
hatte. In dem er sich in ein Wasserwesen verwandelt hat. Aus Langeweile habe
ich heute Morgen in dem orientalischen Traumdeutungsbuch meines Vaters
nachgesehen. Und ratet mal, was es bedeutet?“
Molly und Jess blickten Luisa
ratlos an. Diese zog die Stirn in Falten und flüsterte düster: „Wenn man
Meeresbewohner sieht, ist die geliebte Person teilnahmslos und kalt. Und trübes
Wasser deutet auf ein kommendes Unglück hin.“
„Seit wann glaubst du denn an so
einen Quatsch?“, rief Jeska empört. Sie sprang auf, lief schnell zu Luisas
Schreibtisch und klappte den Laptop auf. „Wenn wir uns schon mit Traumdeutung
beschäftigen, dann bitte mit der von Sigmund Freud.“
Sie tippte schnell ein paar
Begriffe in die Suchmaschine ein und las konzentriert in den Ergebnissen.
Molly ließ sich nach hinten in die
Kissen fallen und kicherte: „Das kann ja jetzt was werden. Weißt du noch, wie
sie nach ihrem Referat über Freud jedem weismachen wollte, dass ihre Handlungen
vom Unterbewusstsein gesteuert werden und sie für nichts zur Verantwortung
gezogen werden kann?“
Luisa schlug sich leicht gegen
die Stirn. „Hör bloß auf. Stundenlang hat sie mit deiner Mutter darüber
diskutiert, weil sie sich weigerte, die Stallgasse zu fegen, die sie wie einen
Saustall verlassen hatte.“
Molly lachte. „Mit solchen
Theorien kann man meine Mutter wirklich spielend leicht auf die Palme bringen.“
„Könnt ihr euch
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