Feenfuchs und Feuerkuss
seinen ergrauten Kopf. „Du bist ja niedlich. Du kannst ja nur
Friedrich gehören, oder?“ Sie drehte sich zu Luisa um und schaute sie fragend
an.
Diese schüttelte lachend ihren
Kopf. „Das ist Kasimir, der Hund von Jonathan.“
„Das kann nicht sein.“ Entrüstet
kraulte Jeska den Hund hinter Ohren, der vor Verzücken die Augen schloss. „Dem
arroganten Typen gehört so ein knuffiger Golden? Unglaublich.“ Sie richtete
sich wieder auf und trat neben Luisa vor die verschlossene Tür.
Vergebens suchten die beiden eine
Klingel. Luisa zuckte mit den Schultern und betätigte den schweren Türklopfer
in Form eines Löwenkopfes.
Das dumpfe Pochen verhallte
schließlich wieder, ohne dass sich etwas im Inneren des Hauses tat.
Ratlos schaute Luisa ihre
Freundin an, als plötzlich die Tür aus geschnitztem Eichenholz geöffnet wurde.
Susanne Lichthang blickte sie hochmütig an und machte weder Anstalten sie zu
begrüßen noch sie hereinzubitten.
„Entschuldigung, dass wir stören,
aber wir wollten kurz Jonathan besuchen.“ Luisa versuchte sich von Jonathans
Stiefmutter nicht einschüchtern zu lassen.
Diese fuhr sich mit ihren Fingern
durch die rote Mähne und verzog angewidert das Gesicht. „Aber zieht eure
dreckigen Stiefel aus, ich habe keine Lust, dass das gesamte Haus nach
Misthaufen riecht.“ Sie drehte sich auf ihren hohen Absätzen um und überließ
die beiden Freundinnen sich selbst.
Jeska zeigte der davon marschierenden
Hausherrin mit lässiger Miene ungesehen den Mittelfinger, streifte die Sohlen
ihrer Reitstiefel nur flüchtig an der Fußmatte ab und betrat den
Eingangsbereich.
Luisa wartete noch unschlüssig an
der geöffneten Tür und beobachtete gespannt, was nun folgen würde. Susanne Lichthang,
die sich vor dem Spiegel einen moosgrünen Seidenschal um den Hals drapierte, fuhr
wütend blickend herum, als sie das Klappern von Jeskas Stiefel auf dem Parkett
vernahm.
Jeska starrte zurück und fauchte:
„Sehe ich etwa aus, als hätte ich mich im Misthaufen gewälzt?“ Selbstsicher stemmte
sie eine Hand in die Hüfte und winkte mit der anderen Luisa herein.
Jonathans Stiefmutter wusste
nicht, was sie darauf erwidern sollte, denn an dem Erscheinungsbild von Luisas
Freundin gab es selten etwas auszusetzen.
Hastig erfasste Luisa Jeskas Arm
und zog sie hinter sich her zur Treppe, die zu Jonathans Zimmer führte, bevor
Susanne sich fangen konnte.
Das
kann ja noch lustig werden ,
dachte Luisa. Da Jeska nun in den Osterferien jeden Tag auf dem Gestüt arbeiten
würde, war der Ärger zwischen den beiden eigentlich schon vorprogrammiert.
Sie hasteten die Treppe hinauf.
Die Wände waren bedeckt von Fotografien, die Friedrich mit seinem Dressurpferd
Prometheus und Jonathan auf diversen Springpferden zeigten.
Jeska blieb vor einem
eindrucksvollen Bild stehen, dass Prometheus in einer perfekten Piaffe zeigte.
Doch im Gegensatz zu den anderen Fotografien saß nicht Friedrich im Sattel,
sondern eine junge Frau mit blonden Haaren.
„Meinst du, das ist Felicitas,
Jonathans Mutter?“, fragte Jeska und drehte Luisa an der Schulter zu sich
herum.
Luisa betrachtete das Gesicht der
Reiterin, die vollkommen versunken in die Dressurlektion zu sein schien. „Die
Haarfarbe stimmt auf jeden Fall mit Jonathans überein und die Augenpartien
ähneln sich auch“, wisperte Luisa, die sofort bedrückt war, als sie an das
schreckliche Schicksal von Felicitas dachte.
„Jetzt tut er mir fast schon leid“,
flüsterte Jeska, als sie Jonathans Zimmertür erreicht hatten. „Er wächst ohne
Mutter auf, sein Vater heiratet diese Furie, du lässt ihn abblitzen und dann
überschlägt er sich auch noch mit seinem Pferd vor Hunderten von Zuschauern.“
Erstaunt wandte Luisa sich ihrer
Freundin zu. „Was ist denn heute mit dir los, Jess? So sanftmütig kenne ich
dich ja gar nicht.“
Jeska, die ihren Pferdeschwanz zurecht
zupfte, krächzte in einer perfekten Darth-Vader-Imitation: „Verrate es keinem,
aber manchmal besitze auch ich menschliche Züge.“ Sie zog eine fürchterliche
Grimasse.
Luisa lachte und klopfte.
Mit einem Ruck wurde die Tür
geöffnet und vor ihnen stand ein blasser Jonathan auf Krücken. Er schaute Jeska
entsetzt an, da sie immer noch mit zwei Fingern ihr Gesicht zu einer Fratze
verzog. „Hilfe! Was willst du denn hier?“
Jeska nahm ihre Hände herunter
und bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck.
„Wir wollten dich besuchen“,
sagte Luisa schnell, damit sich Jeska ihr untypisches
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