Feenfuchs und Feuerkuss
Hunde um ihn
herum wuselten. Selbst auf diese Entfernung konnte Luisa sehen, dass Jonathan
noch große Schmerzen haben musste. Der strahlend weiße Gips an seinem rechten
Bein war ebenfalls nicht zu übersehen.
Sie hob zaghaft die Hand zum
Gruß, doch Vater und Sohn bemerkten sie nicht. Seufzend drehte sie sich wieder
zum Springplatz um.
Nachdem Jeska einige Minuten
Schritt geritten war, trabte sie Ophelia an und lockerte die Fuchsstute auf
gebogenen Linien. Luisa beobachtete erstaunt, dass Ophelia unter Jeska direkt
wie ein Dressurpferd aussah. Die Übergänge wirkten viel flüssiger und auch das
von Ophelia sonst so verhasste Schulterherein klappte problemlos.
„Hallo Luisa. Schön, dass du
vorbeigekommen bist.“
Ganz vertieft in das Geschehen
auf dem Springplatz, hatte Luisa nicht bemerkt, wie Herr Lichthang neben sie
getreten war und fuhr erschrocken herum. „Haben sie mich erschreckt. Wie geht
es Jonathan?“
Friedrich Lichthang runzelte die
Stirn. „Das Bein wurde gegipst, aber die Schmerzmittel scheinen nicht wirklich
zu wirken.“
„Meinen Sie denn, ich könnte ihn
später kurz besuchen?“ Luisa strich sich eine widerspenstige Locke aus der
Stirn und schaute den Gestütsbesitzer erwartungsvoll an.
Dieser lächelte und erwiderte
nett: „Natürlich, dann geht es ihm bestimmt direkt viel besser.“
Jonathans Vater blieb mit seinem
Blick plötzlich auf Jeska und Ophelia hängen, die gerade eine langgezogene
Traversale quer über den Springplatz zeigten.
„Wer ist die junge Dame auf
deinem Pferd?“ Interessiert trat er näher an die Umzäunung und verschränkte die
Arme vor der Brust.
Oh , dachte Luisa beunruhigt, dann hat er wohl vergessen, dass er
zugestimmt hatte, dass Jess für Ophelias Training einspringt.
„Das ist Jeska Rubin. Ich habe
Sie doch gestern auf dem Turnier gefragt, ob meine Freundin Ophelia reiten
könnte, während Jonathan sich auskuriert.“ Zaghaft wartete Luisa Herr Lichthangs
Antwort ab.
Dieser blickte erstaunt auf sie
herunter. „Es tut mir leid, ich kann mich nicht daran erinnern. Als Jonathan
gestürzt ist, konnte ich wohl keinen klaren Gedanken mehr fassen.“
Luisa nickte, dass konnte sie
wirklich verstehen.
Friedrich Lichthang winkte Jeska
zu sich heran, die Ophelia sofort wendete und auf die Zuschauer zu trabte.
Gekonnt parierte sie Ophelia zum Halten durch und schaute befangen drein. „Hallo
Herr Lichthang.“
„Hallo, Jeska“, sagte Friedrich und
musterte sie für einen Moment. „Mir ist anscheinend entfallen, dass ich gestern
zugestimmt habe, dass du Ophelia reitest. Eigentlich hat Frau Frost das Pferd
zu uns in Beritt gegeben. Dass sie von jemandem bewegt wird, der nicht zum
Gestüt gehört, ist nicht im Sinne des Erfinders.“
Jeska machte schon Anstalten von
Pferd zu springen, doch Friedrich winkte beruhigend ab. „Es sei denn… Reite
erst einmal weiter. Es sieht ja sehr vielversprechend aus. Zeig mir einmal eine
Traversale nach rechts.“
Jeska nickte und trabte an. Luisa
staunte darüber, wie wunderschön Ophelia bei dieser Dressurlektion aussah. Auch
Friedrich nickte anerkennend und als Jeska wieder bei ihnen war, fragte er: „Jeska,
was würdest du davon halten, in den Osterferien dein Taschengeld aufzubessern
und für meinen Sohn einzuspringen?“
Jeska, vollkommen überrascht von
der Wendung des Gesprächs, fehlten die Worte.
Luisa grinste ihre Freundin
begeistert an. „Es wäre ihr eine Ehre, hier zu arbeiten. Stimmt's Jess?“
Diese war immer noch fassungslos
über die Chance, die sich ihr bot.
Geschäftig wandte Friedrich sich
Richtung Stallungen und rief Jeska über die Schulter zu: „Ich erwarte dich dann
morgen früh um sieben Uhr. In Reitkleidung.“
Luisa hüpfte vor lauter Freude
auf und ab. „Wahnsinn. Dann kannst du Ophelia bestimmt jetzt täglich reiten.“
Jeska schien nur langsam zu
realisieren, was eben passiert war. Doch dann jubelte sie: „Unglaublich. Ich
werde für Friedrich Lichthang arbeiten. Einfach Unglaublich.“
Nachdem Ophelia wieder versorgt
in ihrer Box stand, eilten die Freundinnen in ausgelassener Stimmung Richtung
Haupthaus.
Die Sonne ging langsam unter und
hüllte das Anwesen in goldenes Licht. Efeuranken reichten bis zum ersten Stock
des Herrenhauses aus dem 18. Jahrhundert und erweckten einen ganz eigenen,
verwunschenen Charme.
Kasimir lag auf der obersten
Stufe zum Eingang und klopfte freundlich mit seiner Rute auf die cremeweißen
Steine.
Jeska beugte sich über ihn und
streichelte
Weitere Kostenlose Bücher