Feenkind
Leid zufügen wirst", sagte Lenuta eindringlich. "Selbst, wenn er sich wehren sollte, selbst, wenn er für das Mädchen eintritt, musst du mir versprechen, ihm nichts zu tun."
Eliza lächelte skeptisch. "Und wie soll das gehen?"
"Oh, nur nicht so bescheiden", erwiderte Lenuta ruhig. "Ich bin sicher, dass eine Dunkelfee von deinem Können einen Menschen kampfunfähig machen kann, ohne ihm ernsthaft zu schaden. Lass ihn erstarren, fessele ihn, schlage ihn meinetwegen zu Boden, doch lass ihn anschließend in Ruhe. Was du mit dem Mädchen machst, ist deine Sache, aber mein Enkel wird nicht noch einmal einem Verhör der Dunkelfeen übergeben. Ist das klar?"
Eliza wunderte sich flüchtig über die Drohung in der Stimme der alten Frau, die immerhin nur ein Mensch war - selbst Eliza gegenüber völlig hilflos. Sie lächelte herablassend. "Ich verspreche dir, alles in meiner Macht stehende zu tun, um Unheil von Chris in dieser Sache fernzuhalten. Immerhin ist das ja genau die Abmachung, die ich dir selber vorgeschlagen habe."
Lenuta nickte, schien jedoch nicht ganz überzeugt. "Schwöre es mir", forderte sie, "bei der Macht der vier Elemente."
Eliza stutzte. Sie hatte schon einmal von diesem Schwur gehört - einem Relikt aus alter Zeit, ohne jegliche Bedeutung für die jungen Dunkelfeen, der von der Obrigkeit bestimmt nicht gut geheißen wurde. "Was bedeutet dieser Schwur?" konnte sie ihre Neugier nicht zurückhalten.
"Die vier Elmente sind die Grundlage des Lebens und die Quelle jeglicher Magie in dieser Welt, auch der der Feen. Einen Schwur, der bei den vier Elementen gegeben wurde, zu brechen, bedeutet für eine Fee, für immer auf ihre Macht zu verzichten."
"Und das funktioniert?" erkundigte Eliza sich skeptisch.
"Das weiß ich nicht", gab Lenuta ruhig zu. "Und ich hoffe, dass wir es niemals herausfinden werden."
Eliza dachte kurz nach, dann nickte sie. "Ich will Chris tatsächlich nichts Böses. Auch wenn er mich bereits mehrmals geärgert hat, so ist es doch das Mädchen, das ich will. Und wenn ich, um sie zu bekommen, schwören muss, ihn in Ruhe zu lassen, so werde ich dir das bei allem schwören, was du willst. Allerdings", ihre Hand schoss hervor und fasste die alte Frau am Handgelenk. Eliza zog sie daran zu sich herüber und beugte sich selbst nach vorn, bis sich die beiden Frauen Auge in Auge blickten, "erwarte ich dafür, dass du mir alles sagst, was du weißt. Alles, ohne Ausnahme." Sie hielt Lenuta fest, bis diese schließlich nickte.
"Nur sag Chris nichts davon", flüsterte die alte Frau leise. "Er würde es nicht verstehen."
"Wenn es sich vermeiden lässt", stimmte Eliza nickend zu. Sie ließ Lenutas Hand los und lehnte sich wieder zurück. "Nun, da wir alle Bedingungen geklärt haben, lass uns zum Kern kommen. Wann waren sie hier gewesen?"
"Vor vier Tagen kamen sie an, Chris und das Mädchen."
"Wie heißt sie? Wie ist sie so?"
"Ihr Name ist Dhalia. Sie ist jung, kaum zwanzig. Sie weiß nicht viel, doch sie begreift intuitiv und schnell."
"Dhalia, also", murmelte Eliza. "Woher kommt sie?"
"Aus der Gegend um Annubia. Ich denke, sie ist sehr isoliert und behütet aufgewachsen. Was sie schließlich aufgescheucht und in die Welt hinausgejagt hat, kann ich nicht einmal vermuten."
"Was hat sie vor?"
"Sie gab sich als eine Schatzsucherin aus. Damit hat sie auch Chris geködert."
"Aber du glaubst ihr nicht." Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
Lenuta zuckte mit den Achseln. "Ich bin mir nicht sicher, doch ich denke, dass da noch mehr sein muss, als sie meinem Enkel erzählt hat."
"Wie kommst du darauf?"
"Ich weiß nicht, ist so ein Gefühl. Das hättest du auch, wenn du sie sehen würdest. Sie ist nicht der Typ, der Reichtümern und Schätzen nachjagt. Es muss ihr um mehr gehen."
"Um was?"
"Das weiß ich nicht. Wie gesagt, es ist nur so ein Gefühl."
"Warum haben sie dich besucht?"
"Sie haben einen Ort gesucht und hatten gehofft, ich könnte ihnen helfen."
"Und konntest du?"
"Oh ja. Sie wollten zum Floin d'Areel."
Eliza runzelte verwirrt die Stirn. "Was soll das sein?"
Entrüstet blickte Lenuta sie an. "Wie kannst du es nur ertragen, in völliger Ignoranz über deine eigenen Wurzeln zu leben! Das Wissen ist überall verstreut, ihr müsst euch nur die Mühe machen, danach zu suchen, und doch zieht ihr Dunkelfeen es vor, blind den Menschenherrschern zu dienen."
Elizas Augen blitzten gefährlich. "Pass auf, was du sagst, Mensch!" zischte sie. "Allein für diese Worte könnte ich dich ohne Wiederkehr in die
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