Feenland
zerknitterte Hose über die klamme
Unterwäsche zieht. Das Vliesfutter ihres Mantels weist
häßliche Flecken auf, und in den Steppnähten des
silberfarbenen Obermaterials kleben getrocknete Schlammreste. Aber
zumindest friert sie nun nicht mehr.
Max hat eines der Quadrate mit der Klebeseite nach oben in einen
winzigen Rahmen aus rostfreiem Stahl gespannt und schiebt es jetzt in
ein Raster-Tunnel-Elektronenmikroskop, das extern mit einem der
Computer gekoppelt ist. Die Vakuumpumpe der Anlage ächzt, und
dann weichen die Figuren, die über den Holo-Schirm taumeln,
einer welligen Landschaft in verschiedenen Leuchtgrün-Stufen,
über deren Hügel und Täler kleine scharfkantige Rauten
treiben. Max holt eines der Gebilde näher heran. Die Ränder
verschwimmen, als das Ding den Schirm ausfüllt. Es ist eine Art
Fembot, ein Trapezoid von etwa einem Mikron Seitenlänge, die
Oberschicht eine Anordnung von lichtsammelnden Dioden, die an ein
Facettenauge erinnern.
Max dreht die Cursor-Kugel, um einen Ausschnitt am Bildrand ins
Blickfeld zu rücken, und stellt die Vergrößerung
nach, bis der Schirm mit einem Muster fusseliger Sphären
ausgefüllt ist: den dotierten Buckyball-Molekülen, aus
denen die Fembots bestehen. Am unteren Rand des Schirms schnellen
rote und rosa Linien vor und zurück, ehe sie sich
stabilisieren.
»Germanium und Gold«, sagt Max. »Das ist die
Konfiguration, die von der Polizei verwendet wird. Der Fembot macht
aufs Geratewohl ein einzelnes Bild und speichert es, zusammen mit dem
Zeitpunkt des Geschehens. Die Bullen holen die Daten von etwa zwei
Millionen dieser Wanzen ein und stellen mit Hilfe heuristischer
Methoden den richtigen zeitlichen Ablauf her. Primitiv, aber
effektvoll.«
»Die haben jeden Ihrer Schritte beobachtet«, sagt Alex
zu Morag, während Max das zweite Klebeband-Quadrat einschiebt.
»Sie wußten das, nicht wahr? Deshalb sprangen Sie in den
Teich.«
Die zweite Probe enthält einen anderen Fembot-Typ, klumpig
und amorph wie eine Ansammlung von Seifenblasen. Alle besitzen einen
Schlitz im vorderen Ende, mit dem sie an Zellribosomen andocken und
ihre Wirte zwingen können, neue Proteine herzustellen.
Außerdem sind sie mit paddelähnlichen Endgliedern
ausgestattet, die Spannungsschwankungen nutzen, um sich durch
flüssige Medien fortzubewegen.
»Echt cool«, sagt Max begeistert, während er einen
Fembot nach dem anderen scannt und die Bilder in den Computer
lädt.
»Feenstaub«, erklärt Alex. »Manche dieser
Dinger scheinen gar nichts zu bewirken; andere rufen permanente
Veränderungen im menschlichen Gehirn hervor, wenn sie die Chance
dazu erhalten. Wie so etwas geht? Unser Gedächtnis ist in
weitverzweigten Strängen überall im Gehirn verteilt. Diese
Fembots suchen einen der Stränge auf und schreiben ihn um. Man
verliert die betreffende Erinnerung und erhält dafür einen
Glauben, eine Überzeugung. Ich vermute, daß so etwas mit
mir geschah, als ich noch viel jünger war. Diverse
Fembot-Klassen übermitteln unterschiedliche Glaubensbotschaften.
Manche sind extrem stark, wie diese Loyalitäts-Viren, die in
Afrika eingesetzt wurden…«
»Ich kenne ihre Wirkung«, unterbricht ihn Morag.
Sie sieht plötzlich die Flüchtlingslager vor sich, eine
Million Männer, Frauen und Kinder mit einem einzelnen, verbunden
durch einen myriadenfach verzweigten Gedächtnisstrang, den Papa
Zumis Loyalitäts-Epidemie gewoben hatte. Die wenigen Menschen,
die der Seuche entkamen oder spontan geheilt wurden, fielen den
Häschern der Regierung mit ihren schwarzen Anzügen und
Video-Brillen zum Opfer. Diese jungen Männer – sie waren
nicht infiziert. Sie hatten die Abhängigkeit freiwillig
gewählt. Das war es, was sie so schrecklich fand, was sie so
traurig und wütend machte. Sie hatten einen wesentlichen Teil
ihrer Persönlichkeit aufgegeben – für ihre Anzüge
und blankpolierten Schuhe, für ihre Suiten in den
Fünfsterne-Hotels, für den Zugang zu Satelliten-Fernsehen
und VIP-Bars. Sie waren Träger der Macht, aber es war nicht ihre
Macht. Zum gegebenen Zeitpunkt umstellten sie auf Befehl von Papa
Zumis Exilregierung die Kliniken. Als die Verhandlungen zwischen
UN-Vertretern und dem unerschütterlichen Papa Zumi abgebrochen
wurden, stürmten die jungen Männer die Camps und vertrieben
sämtliche Sozialhelfer mit Waffengewalt. Am nächsten Tag
waren die jungen Männer tot, zusammen mit einer Million von
Flüchtlingen.
Alex mustert sie scharf. »Die Feen im Magic Kingdom
verbreiten
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