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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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hervorquellen. Die Fenster sind mit Alufolie
abgedunkelt.
    Einen Moment lang glaubt Morag, etwas um eine Säule schweben
und dann in einen Schacht hinter den freigelegten Schläuchen der
Klimaanlage verschwinden zu sehen. Sie blinzelt und schüttelt
den Kopf: Das Ding war eine winzige Fee, mit Flügeln, einem
weißen Gewand und einem Zauberstab, von dessen Spitze Sterne
sprühten. Sie hat eine Spur von Silberstaub hinterlassen, die
nach und nach verblaßt.
    »Elegantes Outfit!« sagt Katrina spöttisch von
hinten.
    Morag dreht sich um. Katrina hat ihre Lederjacke ausgezogen und
macht an einem Lüftungsrohr einhändige Klimmzüge.
Dunkle Schweißflecken zeichnen sich unter den Achseln ihres
grauen T-Shirts ab. Neben ihr liegt der Werwolf auf einer
Schreibtischplatte, schlaff wie ein Leichnam, bei dem die
Muskelstarre noch nicht eingesetzt hat.
    »Wir haben ihm eine Dosis verpaßt«, erklärt
Katrina gutgelaunt. Ihr Atem geht völlig normal. »Der Typ
war so von der Rolle, daß er nur noch schluchzte. Sie
können mit ihm machen, was Sie wollen – ich sage
nichts.«
    Morag wickelt das Handtuch enger um sich. »Wie meinen Sie
das?«
    »Also, ich…« – Katrina setzt ihre
Klimmzüge mit der anderen Hand fort – »ich würde
ihm erst mal eine in die Eier landen, ihm dann die Rippen polieren
und schließlich ein paar Dinger in die Nieren zünden,
daß er zwei Tage lang Blut pißt. Damit wäre er eine
Weile ausgeschaltet, und Sie könnten in aller Ruhe
überlegen, wie Sie ihn dauerhaft aus dem Verkehr
ziehen.«
    »Ihn trifft doch keine Schuld. Ich meine, er stand doch unter
der Kontrolle der Feen.«
    »Haben Sie eine Ahnung, Baby! Wenn die Legionäre nach
einer Weile nicht mehr zwischen gesteuerter und echter
Persönlichkeit unterscheiden können, dann liegt das daran,
daß ein Großteil ihres Charakters in die Chip-Merkmale
mit einfließt. Der Rest besteht vorwiegend darin, Gewohnheiten
umzuprogrammieren und Reflexe zu verstärken.«
    »Selbst wenn das so ist, liegt mir nichts daran, ihm
wehzutun.«
    »Sie würden ihn wohl gern der Polizei
ausliefern?«
    »Nein.« Morag schüttelt den Kopf. »Nein, das
auch nicht. Immerhin kennt er den Weg ins Magic Kingdom.«
    Katrina zieht sich jetzt mit beiden Händen hoch, greift um
und macht einen Felgaufschwung. Dann schaut sie auf Morag herunter
und sagt: »Gute Idee, aber warten Sie damit, bis Alex Ihnen die
Hiobsbotschaften verkündet hat. Na los, gehen Sie ruhig zu ihm!
Ich tue Ihrem Liebling nichts.«
    Morag riecht Kaffee, und ihr Stammhirn übernimmt das
Kommando. Das Handtuch mit beiden Armen an den Körper
gepreßt, folgt sie dem Aroma in die Mitte des staubigen
Büro-Labyrinths. Alex lümmelt in einem Drehsessel mit
vergammelter Polsterung, beleuchtet von einer senkrecht angebrachten
Biolum-Röhre, die seinem Hamsterbacken-Gesicht eine
Eidechsenfarbe verleiht, und erzählt seine Story einem Mann in
einer himmelblauen Djellabah, der auf einem hohen Hocker kauert.
    Auf dem Schreibtisch hinter dem Fremden taumeln durchscheinende
Figuren über den Holo-Schirm eines Computerdecks. Ein
gebündeltes Monofil-Glasfaserkabel, nicht stärker als ein
Haar, aber leistungsfähiger als sämtliche in diesem
Großraumbüro vorhandenen Leitungen, kommt aus der
Computer-Rückwand und verschwindet in der Decke. Ein halbes
Dutzend silberner Flaschen wird in einem Wasserbad auf konstanter
Temperatur gehalten, und daneben nudelt ein Thermostat mit einem
Stakkato klickender Geräusche ein Programm durch, das die
Raumwärme reguliert. Im Hintergrund steht eine Kaffeemaschine
mit halbvoller Glaskanne.
    Der Fremde wirft Morag einen Blick zu, ehe er sich wieder an Alex
wendet. »Sie hatten Glück, Mann, daß das Kennwort
paßte!«
    Alex bläst über einen Becher, der randvoll mit
dampfendem Kaffee gefüllt ist, nimmt einen vorsichtigen Schluck
und sagt: »Der Mann ist ein Deserteur, und der Chip wurde
einfach stillgelegt. Wer immer ihn für seine Zwecke
mißbraucht, hat den Code außer acht gelassen oder
weiß nicht, wie man ihn verändert.« Er lächelt
Morag an.
    »Ich hätte gern etwas Kaffee«, sagt Morag.
    »Das hier ist Max«, stellt Alex den Fremden vor.
»Sein richtiger Name lautet natürlich ganz
anders.«
    Max reicht Morag einen Becher Kaffee. Er ist nicht älter als
zwanzig, hat dichtes Kraushaar und eine sehr dunkle Hautfarbe. Seine
Pupillen erinnern an gehämmertes Gold; er trägt die Sorte
von Kontaktlinsen, die Bilder direkt an die Netzhaut weiterleiten.
Über den Wangenknochen bilden

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