Feenland
Leopardenfell-Streifen am Hinterkopf. Sie
trägt schwarze Lederjeans und einen schwarzen Lederblouson mit
rotem Fellfutter. »Es hat doch geklappt, oder?« meint
sie.
Morag tritt Katrina gegen das Knie. Die Frau fällt nach vorn,
und Morag versetzt ihr zwei Schläge gegen den Kopf, ehe Katrina
sie am Handgelenk zu fassen bekommt und ihr den Arm nach hinten
dreht.
»Wir hatten eigentlich mit mehr Dankbarkeit gerechnet«,
sagt Katrina dicht neben ihrem Ohr. »Ich meine, immerhin
steckten Sie eben noch ganz schön in der
Scheiße.«
»Ihr Arschlöcher!« schreit Morag so laut, daß
ihre Kehle schmerzt. Von dem kleinen Hügel kommt das Echo
zurück.
Katrina lacht und läßt Morag los. »So – jetzt
sind Sie wieder okay«, sagt sie.
Morag bewegt ihre Hand. Die Knöchel schmerzen. »Sie
haben einen Eisenschädel«, stellt sie fest.
»Warum sind Sie so sauer? Sie zogen auf eigene Faust los und
dachten nicht daran, unsere Bitte zu erfüllen.«
Katrinas betrübter Tonfall entfacht Morags Zorn von neuem.
»Meine Freundin ist tot. Er da hat sie umgebracht. Und er
lauerte schon, als ich meine Wohnung betreten wollte. Ihr habt
gewußt, was mich erwarten würde, stimmt’s? Aber ihr
habt kein Wort gesagt!«
»Nun«, entgegnet Katrina sachlich, »Sie haben auch
nicht gefragt.«
Alex Sharkey mischt sich ein. »Ich warnte Sie davor, in Ihre
Wohnung zurückzukehren. Ich ahnte, daß so etwas passieren
könnte.«
Morag wendet sich zum Gehen.
»Die Bullen suchen immer noch nach Ihnen«, sagt
Alex.
Morag dreht sich um. »Haben Sie das arrangiert?«
»Bestimmt nicht. Genau genommen bereitet es uns sogar
beträchtliche Umstände. Aber wenn Sie den Park verlassen
wollen, ohne verhaftet zu werden, müssen Sie sich uns
anvertrauen.«
13 Informationsfluß
Katrina dreht die Wagenheizung voll auf, als sie den Fluß
überquert. In Alex Sharkeys Mantel gewickelt, kauert Morag in
dem heißen Dröhnen, das aus den Lüftungsschlitzen
dringt. Ihr Schüttelfrost geht bis ins Mark, und sie achtet kaum
darauf, wohin sie gebracht wird. Eisige Kälte hüllt ihren
Nacken ein. Das hat seinen besonderen Grund: Um sie leichter an den
Polizeikontrollen vorbeizuschleusen, hat Katrina ihr rasch, aber
gekonnt die Locken abgeschnitten. Morag streicht immer wieder
über ihre neue Frisur. Sie hat das Haar seit ihrer Schulzeit
nicht mehr kurz getragen.
Alex teilt sich die Rückbank mit Armand, dem Werwolf. Er
erzählt Morag, wie er das Kennwort entdeckte, mit dem die
Offiziere die Tötungsreflexe in den Köpfen ihrer Soldaten
wieder außer Kraft setzten.
»Die Überlegung war einfach«, sagt er
selbstzufrieden. »Wenn es einen Codebegriff gab, der den Chip
aktivierte, mußte es auch einen geben, der den Befehl wieder
rückgängig machte. Ich holte ihn bereits vor einiger Zeit
aus dem Web. Ein paar Hacker hatten das Sicherheitssystem des
Verteidigungsministeriums geknackt, sämtliche Dateien über
Werwolf-Chips kopiert, komprimiert und ins Netz geschaufelt. Nichts
macht Hackern nämlich mehr Spaß, als mit dem
Insider-Material anzugeben, das sie sich illegal beschafft haben. Das
Kennwort war in den Standardbefehlen verborgen. Es hat Wunder
gewirkt, finden Sie nicht?«
Morag findet eher, daß er keinen Deut anders ist als die
Hacker, über die er sich so herablassend äußert. Sie
hat sich inzwischen einigermaßen erwärmt und streift die
Pseudoderm-Handschuhe ab, deren Fingerabdrücke passend zu dem
Ausweis gefälscht sind, den sie am Kontrollpunkt vorwies.
»Es war der reinste Zauberspruch«, meint Katrina und
stimmt ihr rauhes Lachen an.
Sie halten in einer schmalen Gasse vor einem Laden mit
heruntergelassenen Jalousien. Eine junge Frau läßt sie
herein. Sie ist ein nervöses, durchsichtiges Geschöpf mit
strähnigem blonden Haar. Als Alex zu erklären anfängt,
zuckt sie nur die Achseln, nimmt Morag an der Hand und führt sie
an leeren Schaukästen vorbei zu einem winzigen Bad. Die Blondine
bringt Morag ein großes, fadenscheiniges Handtuch und zieht
sich wortlos zurück. Das Handtuch ist dunkelrot und mit gelben
Meerestieren gemustert.
Morag zieht den Mantel von Alex und ihre eigenen durchweichten
Sachen aus und wickelt sich in das Handtuch. Ihr abgeschnittenes Haar
ist mittlerweile fast trocken. Der Klang von Stimmen führt sie
über eine Wendeltreppe in eine Art Großraum-Büro. Die
Schreibtische und rechtwinkligen Trennwände stehen noch an Ort
und Stelle. In der Deckenverkleidung klaffen breite Risse, aus denen
Kabelbündel
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