Feenland
ihn zurück«, sagt
er. »Vielleicht gibt er uns ein paar Hinweise.«
»Darauf kannst du lange warten«, meint Katrina
nüchtern.
Sie behält recht. Armand zittert und schluchzt erst mal eine
Stunde lang, und danach sagt er ihnen nur das, was sie ohnehin schon
wissen. Max breitet einen Plan des Magic Kingdom aus, aber Armand
behauptet, er habe keine Ahnung, wo sich die Feen-Brutstätte
befindet. Irgendwo unter der Erde. Bei näherem Befragen stellt
sich heraus, daß sie im Turbinenraum eines Kraftwerks liegen
muß. Max entdeckt die Energiezentrale im Freizeit-Park selbst,
dazu eine Notstromversorgung unter dem Hotelkomplex der
Ferienanlage.
»Die ist allerdings noch in Betrieb«, sagt Max.
Sonst erfahren sie nicht viel von Armand. Seine Stimmung wechselt
von unterwürfig zu mürrisch-abweisend, bis er fast
hysterisch wird und überhaupt nichts mehr mit der Sache zu tun
haben will.
Schließlich beginnt er wild um sich zu schlagen. Katrina
dreht ihm die Arme auf den Rücken und schubst ihn in das
Labyrinth der Trennwände. Morag hört, wie sie ihn
anschreit, endlich Vernunft anzunehmen. Es folgen zwei klatschende
Hiebe, dann ist es still.
»Sie muß Dampf ablassen«, sagt Alex, wie um Morag
zu besänftigen.
Aber Morag empfindet wenig Mitleid für den Mann. Er ist eine
leere Hülse, von innen her verfault, armselig servil,
verschlagen und gewalttätig. Das geborene Opfer, sicher. Doch
anstatt ihm beizustehen, würde man ihn am liebsten aus dem
Fenster werfen und einfach liegen lassen.
Katrina kommt zurück und erklärt, sie habe den kleinen
Mistköter zum Schlafen gebracht. Es ist spät, nach
Mitternacht. Morag macht sich in einer Ecke ein Nest aus
Luftpolster-Packfolien und bettet den Kopf auf ihren
zusammengerollten Mantel. Sie fällt in einen leichten, unruhigen
Schlaf. Als sie irgendwann aus ihren Alpträumen aufschreckt,
sieht sie den schwachen Schein von Biolum-Lampen und hört
irgendwo im Raum vages Gemurmel. Die Kabelbündel wirken
bedrohlich wie Schlangen, und die wahllosen Löcher in den
Deckenfliesen ergeben fast einen Sinn, aber ehe Morag ihn ganz
erfaßt, schläft sie wieder ein.
Die ungepflegte Blondine rüttelt sie wach und legt einen
Finger auf die Lippen, als Morag protestieren will. Es ist kalt und
still. Die Deckenleuchten werfen einen zeitlosen, grünlichen
Glanz auf die Trennwände, die angesengten Schreibtische, die
staubgrauen Teppichfliesen.
Als Morag sich aufrichtet, steif vor Kälte, dringt ein
gedämpftes Hämmern vom Erdgeschoß herauf.
»Schnell!« sagt die Blondine und rennt los.
Max ist verschwunden, obwohl seine Computer noch laufen, summend
und blinkend wie eine Art elektronisches Geisterschiff. Der Rest des
Gebäudes liegt im Dunkel, und Morag tastet sich vorsichtig die
Wendeltreppe hinunter. Die Blondine drängt sie zur Eile.
»Was ist los?«
Im gleichen Moment verstummt das Hämmern.
»Sie sind im Haus!« flüstert die Blondine, packt
Morag an der Hand und zerrt sie mit. »Hier entlang!«
Alex Sharkey wartet mit Katrina in einem winzigen Kellerraum.
Armand liegt zusammengerollt auf dem ölfleckigen Betonboden.
Alex grinst Morag an und sagt: »Ich wußte es doch! Da
steckt der Kinder-Kreuzzug dahinter. Da steckt sie dahinter!«
Katrina hat ein kleines Flachbild-Fernsehgerät. »Sie
sind jetzt auf der Rückseite«, berichtet sie. »Ein
Lieferwagen steht bereit. Offenbar rechnen sie damit, uns dort in
Empfang zu nehmen.«
»Sie läßt uns holen«, sagt Alex. »Ich
wußte, daß sie so reagieren würde.«
Die Blondine schließt eine Art Feuertür, die an
sämtlichen Kanten mit dicken Gummileisten abgedichtet ist. Es
kostet sie einige Mühe, bis das Schloß einschnappt. Dann
legt sie drei große Hebel vor, einen nach dem anderen.
»Also sitzen wir hier in der Falle«, stellt Morag fest.
Sie ist immer noch im Halbschlaf und empfindet die Ereignisse
irgendwie als irreal.
An der Wand neben der Tür sind zwei große
Druckluftzylinder befestigt. Die Blondine öffnet die Ventile,
und ein schrilles Pfeifen erfüllt den kleinen Raum.
Morags Ohren schmerzen und beginnen zu knacken, als sie schluckt.
Jetzt begreift sie. Überdruck. »Max ist ein
Liebesbomber«, sagt sie.
Katrina verzieht den Mund zu einem wölfischen Grinsen und
schnippt die kleine Kontrollkugel des Flachschirms mit ruckartigen
Schulter- und Ellbogenbewegungen hin und her, während sie von
einer Überwachungskamera zur anderen schwenkt.
»Sie haben die Eingangstür geschafft«, berichtet
sie. »Und die
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