Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
Vom Netzwerk:
wieder ausbräche«, sagt Todd. Der Redakteur
mustert ihn mit seinem unendlich müden, traurigen
Bulldoggen-Blick und fragt, ob er eine heiße Spur habe.
    »Vielleicht«, sagt Todd, und sein VR-Morpho blinzelt
Fugikawas VR-Morpho kurz zu. Diese Seuchen-Idee ist völlig aus
der Luft gegriffen, aber in der Arena der Neuigkeiten sind Lügen
oft der Beginn eines verschlungenen Pfades zur Wahrheit.
    Das Gesicht der älteren Frau erscheint auf dem Schirm, und
Fugikawa läßt die kleine Szene ablaufen, die Spike in den
Kasten bekam, als sie Todd zu bekehren versuchte.
    »Gehen Sie nicht zu nahe ran!« warnt Fugikawa.
»Sonst enden Sie irgendwann so wie diese Alte!«
    Einen Moment lang ist er nicht mehr Walter Matthau, sondern ein
fetter, kahlköpfiger Buddha, nackt bis auf ein Lendentuch, mit
goldener Haut und Hängeohren, einem dritten Auge auf der Stirn
und einer weißen Lotosblüte in den gefalteten
Händen.
    »Laß die Geschichte zu dir kommen!« sagt Buddha,
und dann ist da wieder Walter Matthau, der einen Finger auf seine
Knollennase legt. »In der guten alten Zeit hätte man Sie
als freien Mitarbeiter bezeichnet, und freie Mitarbeiter
verbeißen sich nie zu lange in einen Stoff. Nehmen Sie die
Sache etwas lockerer! Sie berichten hier nicht vom Ende der Welt,
sondern bestenfalls von den letzten Überresten eines Kults, der
sich totgelaufen hat.«
    »Hey«, meint Todd lässig, »wie lang bin ich
schon in diesem Job?«
    »Lang genug, um sich einen Namen zu machen, und erzählen
Sie mir nicht, daß Ihnen das neu ist! Liefern Sie ein paar
Stories mit Lokalkolorit, und überlassen Sie das große
Bild der Redaktion!«
    »Danke für den guten Rat!«
    »Wir sehen es nicht gern, wenn unsere Mitarbeiter auf eigene
Faust durch die Gegend rennen. Selbst wenn dieser Mitarbeiter der
Wilde Mann von Atlanta ist. Lesen Sie mal Ihren Kontrakt!«
    »Meine Agentin hat ihn gelesen. Sie findet ihn
beschissen.«
    »Aber Sie haben ihn unterschrieben.«
    Jemand klopft an der Tür. »Ich muß jetzt
Schluß machen«, erklärt Todd. »Vielleicht ist es
der Präsident von Albanien, der mich zu einem Abend-Drink
einlädt.«
    Es ist Spike. »Feen-Jagd«, sagt er. »Alle machen
mit. Los, komm schon, eine kleine Abwechslung wird dir
guttun!«
    Also verbringt Todd die nächste Stunde in schummerigen
Korridoren, auf der Suche nach einer Fee, von der die
Reuter-Korrespondentin steif und fest behauptet, sie habe den
Noteingang betreten. Die anderen Journalisten haben sich zugekifft
oder mit einheimischem Brandy vollaufen lassen und vollführen
einen Heidenlärm, als sie über das Treppenhaus ins
Kellergeschoß vordringen, um die leeren Gänge und
längst nicht mehr benutzten Waschküchen zu
durchstöbern.
    Todd sieht etwas Blaues um die Ecke huschen, hetzt hinterher und
kracht voll in eine riesige blaue Gestalt, die in einem Gewirr aus
blauen Plastikplanen und Computer-Kabeln über ihm
zusammenbricht. Die anderen grölen begeistert, als er sich aus
dem Schrott befreit. Eine Kamera-Drohne streift die Decke, als sie
versucht, die Szene in allen Details zu filmen.
    »Ihr Scheißkerle!« schimpft Todd. »Das kostet
eine Runde!«
    Drinks werden aufgefahren. Sie spendieren dem Nachtmanager eine
Flasche Champagner, um ihn zu besänftigen, und er fragt
väterlich, ob er was gegen ihre Einsamkeit tun kann. Die
Mädchen und Jungs hier seien alle gesund, darauf achte er
höchstpersönlich. Der Champagner stammt aus Bulgarien und
schmeckt bitter wie verbranntes Öl.
    Todd kehrt spät in sein Zimmer zurück. Der Computer
läuft noch, und er wählt die VR-Umgebung der Redaktion.
Barry Fugikawa ist längst weg, und der Nachrichtenraum liegt
verlassen da – ein Anblick, der Todd befremdet – aber das
Material, das er durchgegeben hat, läuft noch über den
Bildschirm. Todd betrachtet es mit einem Anflug von Berufsstolz und
will eben ausschalten, als er ganz am Ende des leeren
Nachrichtenraums eine Bewegung wahrnimmt. Ein brennender Mann steht
auf einem Schreibtisch. Flammen hüllen seinen Körper ein
und bilden eine flackernde Spektralkrone um seinen Kopf. Er deutet
auf Todd, und dann ist er verschwunden.
    Todd schickt sein VR-Morpho durch die Redaktion, weil er wieder
einen Streich wittert. Der Schreibtisch, auf dem der flammende Mann
stand, weist zwei eingebrannte schwarze Fußspuren auf, und
über die Ränder des Notizblocks kriechen Funken, die
seltsame Hieroglyphenmuster bilden.
    »Kein schlechter Trick, Jungs«, sagt Todd in die Leere,
wirft den rauchenden

Weitere Kostenlose Bücher