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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Schneller, als sie
ahnt, werden Sie das sehen. Dann sind ihre Pläne Vergangenheit,
glauben Sie mir! Ich bin hergekommen, um Sie zu warnen.«
    »Können Sie mir verraten, wo sie ist?« fragt Todd.
»Oder wie ich an Glass herankomme? Um es offen zu sagen –
mir ist nicht nach einer Diskussion über posthumane Ethik
zumute.« Er zerbricht sich seit geraumer Zeit den Kopf
darüber, welche Art von Arbeit ein VR-Supermodel hier leisten
könnte. Brasilianische Körperverrenkungen für die
Soldaten vielleicht oder so was wie Öffentlichkeitsarbeit. Jede
Rebellen- oder Freischärlergruppe, selbst wenn sie so klein und
obskur wie die von Glass ist – oder gerade eine Gruppe, die so
klein und obskur wie die von Glass ist – hat eine Art
Multimedia-Reklame abrufbereit im Netz. Es wäre mal eine
Abwechslung zu den todernsten, gestelzten Statements in gebrochenem
Englisch und den wackligen Aufnahmen von Kameraden, die mit
Halstüchern vor Mund und Nase beim täglichen Drill
abgelichtet werden.
    Frodo McHale entblößt sein schadhaftes Gebiß. Ein
Schneidezahn ist grün verfärbt. »Sprechen Sie einfach,
und er wird Sie hören. Der Ort hier ist praktisch seine Haut. Er
ist überall präsent. Sie hat ihn mit einem Bann belegt,
aber er ist klüger, als sie ahnt. Sehen Sie sich um, solange man
Sie nicht daran hindert. Ich melde mich bald wieder. Aber jetzt
muß ich zurück, auf unsere Seite der Verbindung.
Draußen – stellen Sie sich das mal vor! Nach allem, was
wir getan haben! Aber sie kann uns nicht für immer von ihm
fernhalten.«
    Frodo McHale dreht sich um und verschmilzt mit der Menge. Todd
geht in die entgegengesetzte Richtung. Es kann nicht schaden, die
Gegend ein wenig zu erkunden. Er nimmt eine Flasche Metaxa mit und
schlendert durch eine Reihe offener, ineinander übergehender
Räume, alle erlesen möbliert, alle unbewohnt. In einer Ecke
entdeckt er auf einem Louis-Quinze-Se-kretär eine Computeranlage
und in einer der zierlichen Schubladen Wegwerf-Brillen und
-Handschuhe.
    Todd klinkt sich ein und stellt die Verbindung zur virtuellen
Redaktion her. Die Umgebung scrollt herauf, aber die Schreibtische
sind leer und dunkel, und als Todd eine Nachricht zu hinterlassen
versucht, reagiert weder das Notepad noch das Telefon. Er schickt
sein VR-Morpho zum nächsten Schreibtisch – dasselbe
Problem. Noch merkwürdiger ist, daß der Computer keine
andere Adresse anwählt.
    Etwas huscht durch sein Blickfeld, und als Todd herumwirbelt,
sieht er den flammenden Mann auf der anderen Seite des Raumes stehen.
Zunächst erscheint er von blauem Licht umzüngelt – so
als habe ihn jemand mit Brandy übergossen und angezündet.
Dann erkennt Todd, daß die Erscheinung transparent ist –
nichts anderes als Feuer, eingefangen in der Silhouette eines
Menschen. Der flammende Mann steht einfach da und schaut Todd an.
    Todds VR-Morpho stürmt quer durch die Redaktion, aber der
flammende Mann ist verschwunden. Todd streift Brille und Handschuhe
ab und wirft sie in einen Abfallkorb, der die Form eines
Elefantenfußes hat. Der große Raum liegt im Halbdunkel
da, und der Lärm der Party erreicht ihn wie eine ferne Brandung.
Afrikanische Masken an den Wänden, Löwenfelle aus
Bottich-Kulturen auf den langgestreckten Sofas, unechte
Zebrahäute auf dem Boden. Er nimmt zumindest an, daß die
Dinger unecht sind, aber so ganz genau weiß man das bei der
Generation der Fossilien nie. Manche dieser Leute trugen früher
echte Pelzmäntel. Er nimmt einen langen Zug aus der
Metaxaflasche. Ein Schauer überkommt ihn. Er fühlt sich in
diesem fremden Land verloren, und es sieht so aus, als sei nun sein
unbekannter Gegner am Zug.

 
9    Die wilde Jagd
     
     
    Alex schreckt aus dem Schlaf und merkt, daß Ray rittlings
auf seiner Brust sitzt. Die kleinen, engstehenden Augen des Elfs
sehen im Mondlicht wie die Löcher einer Maske aus. »Sie
finden uns!« wispert er.
    »Wer, Ray?«
    »Große Probleme«, murmelt Ray. Es ist unschwer zu
erkennen, daß der Elf Angst hat.
    »Laß mich aufstehen«, sagt Alex, aber Ray
umklammert sein Gesicht mit beiden Händen. Die scharfen
Nägel des Elfs bohren sich in seine Wangen.
    In der Ferne des Waldes erklingt ein langgezogenes,
melancholisches Hornsignal, das immer höher und leiser wird.
    »Es geht los«, sagt der Elf und begibt sich mit langen
Sprüngen zu Mistress Powell, um sie zu wecken.
    Die Steine der Tempelruine schimmern wie Skelette im hellen
Mondlicht. Der Nachthimmel ist sternenübersät. Die Zornigen
haben

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