Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
Vom Netzwerk:
zusammengefaltete Papier und findet darauf
eine einzige Zeile – einen Straßennamen und eine
Hausnummer.
    »Haben Sie das überprüft?« fragt er.
    »Wofür halten Sie mich – für einen
Privatdetektiv?« Perse setzt die Sonnenbrille wieder auf.
»Seien Sie vorsichtig, Sharkey. Es geht um viel.«
    Die Adresse führt ihn in die Bridle Lane, eine der engen
kleinen Gassen hinter den Läden/Kinos und Theatern rund um den
Piccadilly Circus. Alex schwitzt, weil er das Gefühl nicht los
wird, daß sich über seinem Kopf ein Verhängnis
zusammenbraut. Er bezahlt das Taxi – das Geld rieselt ihm nur so
durch die Finger – und sucht zehn Minuten lang nach der
Hausnummer.
    Es ist ein hohes, schmales Gebäude, wie das letzte Stück
einer Torte zwischen die Rückfronten und
Lieferanten-Eingänge von Büros und Läden
gezwängt. Drei Stockwerke mit weißen Sicherheits-Jalousien
vor den Fenstern. Entlang der Dachkante verläuft ein
Geländer, und Alex erspäht Grünpflanzen – wohl
eine Art Dachgarten. Die geschwärzte Tür besteht aus
Eichenbohlen mit Eisenbändern und wird zusätzlich von einem
versperrten Scherengitter geschützt. Es gibt nirgends ein
Namensschild oder eine Videokamera, nur eine altmodische
Messingklingel.
    Ein paar Obdachlose haben an der Straßenecke ihr Lager
aufgeschlagen, wenig mehr als ein paar Platten aus
Verpackungs-Schaumstoff, die gegen diese oder jene Wand lehnen.
Keiner von ihnen kann ihm nähere Auskunft über das Haus
geben, Nichtwissen, das Alex alle bis auf eine seiner Zigaretten
kostet.
    Ein kleines Stück entfernt befindet sich eine geschlossene
Laderampe, und eine Weile sitzt Alex unter der dröhnenden
Abzugsöffnung einer Klimaanlage. Schweiß läuft ihm in
die Speckfalten des Nackens, und er fächelt sich mit dem Hut
Kühlung zu. Von beiden Enden der kleinen Gasse dringt
gedämpfter Verkehrslärm zu ihm herüber. Im ersten
Stock eines Hauses auf der anderen Straßenseite, nicht mehr als
zehn Schritte entfernt, sitzt ein Mann an einer Zeichenmaschine; sein
Kinn ist von unten her in einen grünlichen Schein getaucht, so
daß er aussieht, als befände er sich unter Wasser.
Zögernd kommt eine alte Frau in Trauerkleidung aus dem Eingang
eines kleinen Wohnblocks. Sie wirft Alex einen säuerlichen,
argwöhnischen Blick zu, ehe sie mit gebeugtem Rücken
davontrippelt.
    Alex braucht dringend eine Zigarette, aber wenn er jetzt seine
letzte raucht, muß er sich irgendwo eine neue Schachtel
besorgen, und dann entgeht ihm vielleicht etwas. Eines wird ihm
jedoch klar, während er im Eingang der Laderampe wartet:
daß er in dem Interessen-Konflikt zwischen Billy Rocks
verrückten Ideen, Perses Rache-Feldzug und der Falle, hinter der
– wenn es sie überhaupt gibt – wer auch immer stecken
mag, garantiert ein toter Mann ist, falls es ihm nicht gelingt,
rechtzeitig und auf die richtige Seite abzuspringen.
    Alex ist überzeugt davon, daß dieses kleine
Mädchen, das ihn vergangene Nacht anrief, Teil des Verwirrspiels
ist. Er müßte verrückt sein, wenn er auch nur einen
Blick auf die Datei werfen würde, die sie ihm zum Kopieren
rübergeschickt hat. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist sie gar
kein kleines Mädchen, sondern irgendein Expertensystem oder
jemand, der mit Hilfe eines Morpho-Programms sein Aussehen auf dem
Bildschirm verändert. Alex benutzt selbst ein solches Programm,
das ihn schlanker und mit etwas vollerem Haar erscheinen
läßt. Es gibt Programmpakete, die einen in Elvis oder Elle
oder Fred Feuerstein verwandeln – in was oder wer immer man sein
möchte.
    Eine Limousine biegt in die enge Gasse. Sie prescht in einem
Wirbel von Papierfetzen und Fastfood-Verpackungen an Alex vorbei
– so nahe, daß sein Gesicht über die verspiegelten
Scheiben und den schwarzen Lack huscht – und bremst vor dem
hohen, schmalen Haus. Ein bulliger Mann steigt aus – Billy Rocks
Chauffeur – und öffnet die Beifahrertür. Alex ist
nicht sonderlich überrascht, als er Doggy Dog aussteigen sieht,
ausstaffiert mit Bob-Marley-T-Shirt, Shorts und einer weiten,
schlappen Strickmütze.
    Alex preßt sich gegen die Metalltür unter der
lärmenden Klimaanlage. Noch jemand verläßt die
Limousine. Es ist das kleine Mädchen, das ihn in der Nacht
angerufen hat.
    Das kleine Mädchen und Doggy Dog wechseln ein paar Worte, und
beide lachen. Während sie zuerst das Sicherheitsgitter und dann
die Haustür aufsperrt, lehnt der bullige Fahrer mit
verschränkten Armen an der Motorhaube des Schlittens. Das
Mädchen wirft

Weitere Kostenlose Bücher