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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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hat, hätte ein einziges ungestrecktes
Stäubchen ausgereicht, um ihn zehn- oder zwanzigmal umzubringen.
Er erinnert sich an die Vorsichtsmaßnahmen, die der Zauberer
traf, um jede Charge individuell zu strecken und sie so mit
Unreinheiten zu versetzen, daß der Stoff nicht zu einem
einzelnen Labor zurückverfolgt werden konnte.
    Ich sollte in eine Klinik gehen, denkt Alex, mich von einem
PET-Scanner auf Atomgruppen von Seltenerdmetallen checken lassen und
mir, falls mein Nervensystem tatsächlich mit Fembots verseucht
ist, ein universal wirksames Gegenmittel spritzen lassen. Das Dumme
ist nur, daß er sich momentan so eine aufwendige Untersuchung
nicht leisten kann.
    Er taucht am Leicester Square in das Gewühl der
U-Bahn-Station und findet einen Dealer in der Menge, der ihm nach
kurzem Schachern einen Secondhand-Fahrschein für zwanzig Prozent
des Nennwerts verkauft. Hier unten stolpert man geradezu über
Obdachlose – Arbeiter, deren Können nicht mehr gefragt ist;
Leute, die nie einen richtigen Job bekamen, manche davon mittlerweile
fast im Rentenalter; Angehörige der gehobenen Schichten, die
durch das erbarmungslose Raster der Wohlanständigkeit fielen,
weil sie krank wurden oder einfach nur Pech hatten. Viele tragen die
schwarzgelben Abzeichen, die sie als Überlebende der
Sellafield-Katastrophe ausweisen, aber trotz der realistisch offenen
Wunden an den Armen und im Gesicht handelt es sich zum Großteil
um gewerbsmäßige Bettler, die sich als Strahlungsopfer
ausgeben.
    Alex kämpft sich die defekten Rolltreppen hinunter. Er ist
schweißgebadet, ehe er das erste Tiefgeschoß erreicht
hat. Leicester Square war eine der ersten Stationen, die von den
Obdachlosen in Besitz genommen wurde, und es gibt Leute, die
permanent hier leben, in Baracken und Zelten, die sie entlang der
Korridore und Bahnsteige errichtet haben.
    Der Lärm ist unbeschreiblich, der Gestank noch schlimmer.
Alex atmet tief durch, um seinen Geruchssinn abzustumpfen. Die
Passagiere müssen sich zwischen den U-Bahn-Bewohnern
durchzwängen, die das Chaos ringsum nicht zu bemerken scheinen,
als sei die Welt ein Fernsehprogramm, das in der Intimität ihres
Wohnzimmers abläuft. Ein wilder Drahtverhau führt von ihren
Behelfsheimen nach oben, durch Reparaturklappen und Noteinstiege zu
illegalen Zapfstellen in den Schächten der Strom-, Telefon- und
Kabel-TV-Leitungen. Die Geschäftstüchtigeren bieten
Ferngespräche zu einem Bruchteil des Normalpreises an, oder sie
verhökern Videokassetten von mieser Qualität und Raubkopien
von Computerspielen und Datenbanken, die nur ein Verrückter in
sein Gerät laden würde. Drüben in Richtung Temple
säumen die Buden von Schwarzmarkt-Geldwechslern beide Bahnsteige
der Circle Line.
    Hier haben viele der U-Bahn-Bewohner provisorische Trennwände
um ihre zwei Quadratmeter Bahnsteig errichtet, obwohl diese
Schutzbarrieren kaum etwas von dem Leben verbergen, das sich hier in
aller Öffentlichkeit abspielt: eine Frau stillt ihr Baby; eine
alte Frau löffelt sich Brei in den zahnlosen Mund; eine Familie
sitzt auf Plastikstühlen im Halbkreis um ein Fernsehgerät,
als sei es ein Lagerfeuer; ein kleines Mädchen, das gerade in
einer Plastikwanne gewaschen wird, hat eine so durchscheinend blasse
Haut, daß man glaubt, die Organe in ihrem geschwollenen Bauch
pulsieren zu sehen. Winzige schwarze Mäuse wuseln davon, als ein
in Lumpen gehüllter alter Mann eine Abfalltonne durchwühlt;
unterhalb des Bahnsteigs huschen noch mehr Mäuse zwischen den
glitschigen Schienen umher.
    Es dauert lange, bis der Zug kommt. Alex betrachtet die bunten
Reklame-Poster, die an der Wand jenseits des Schienenstrangs kleben,
und ignoriert die Kinder, die ihm hin und wieder ihre schmutzigen
kleinen Hände entgegenstrecken. Gib einmal, und du gibst immer!
Seit dem Zusammenbruch des Sozialwesens und dem Exodus aus dem Norden
besteht etwa die Hälfte der Londoner Bevölkerung aus
heimatlosen Flüchtlingen; sie hausen in U-Bahn-Röhren, auf
der Straße, in verlassenen Hochhäusern und Ruinen,
für deren Abriß kein Geld vorhanden ist.
    Lexis und ihr Kampf, für sich und Alex ein Heim zu schaffen.
Zwei Schiffbrüchige, die auf dem großen, feindlichen Meer
dahintreiben. Alex spürt eine pathetische Woge der Dankbarkeit:
das Cool-Z beginnt zu wirken.
    Der Zug donnert herein und schiebt einen Schwall heißer,
stinkender Luft vor sich her. Jeder Wagen ist gerammelt voll. Alex
klammert sich an einer Deckenschlaufe fest und verliert selbst diesen
Halt,

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