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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Er blinzelt Milena an. »Komm, Kleine, ich nehm
dich mit! Du sollst deinen Spaß haben!«
    Der Onkel zur Rechten hält Billy Rock am Arm fest und murmelt
etwas, aber Billy Rock schüttelt die Hand des alten Mannes ab
und sagt patzig laut: »Ich will, daß sich mein Freund hier
amüsiert. Da ist doch nichts dabei. Komm, Alex! Ich bring dich
hin, dich und deine kleine Nichte!«
    Hinter einem hohen Wandschirm aus Bambus und Lackpapier am Ende
der Arena befindet sich ein langer, hell erleuchteter Umkleideraum
mit ganzen Ständern voll Overalls, Helmen und Gewehren. Die tote
Kampfpuppe wird in einer Stahlwanne vorbeigerollt. Erregt durch den
Blutgeruch, springen drei ihrer noch lebenden Artgenossen die dicken
Eisenstangen ihrer Einzelkäfige an. Dahinter kauern normale
Puppen in schwarzen Seidenanzügen apathisch in einem Gehege. Der
Geruch von Schweiß, tierischen Ausdünstungen und
Sägemehl erinnert Alex an den schäbigen kleinen Zirkus, den
er einmal im Southwark Park besucht hatte: an den alten,
würdevollen Elefanten, der schwerfällig seine Nummer
vorführte, ohne sich um den Applaus zu kümmern; an die
halbherzigen Späße der Clowns; an die schwachen
Trapezkünstler, die später nicht nur als
Parterre-Akrobaten, sondern auch noch als Messerwerfer auftraten. Das
war, kaum vorstellbar, noch vor der Jahrtausendwende gewesen –
noch vor der Zeit, als ein organisierter Trupp von Obdachlosen den
Park besetzt und in eine Zelt- und Hüttenstadt verwandelt
hatte.
    Milena schlendert zu den Käfigen hinüber und beobachtet,
wie ein Wärter in wattiertem Overall die nächste Kampfpuppe
für die Arena bereitmacht. Die schwarzgekleideten Puppen im
Gehege drehen sich um und starren sie an. Alle haben genau das
gleiche negroide Profil, die gleichen engstehenden braunen Augen
unter dem vorspringenden Brauenwulst.
    Mit hochgeklapptem Visier wirft der Wärter der Kampfpuppe
eine Drahtschlinge über den Kopf, zurrt sie fest und öffnet
die Käfigtür, indem er einen Code in das Schloß
eintippt. Ein zweiter Wärter, der mit gezückter Pistole
bereitsteht, bittet Milena höflich, den Käfigbereich zu
verlassen. Sie setzt ihr nettestes Lächeln auf und sagt:
»Aber die sind doch so süß!«
    Alex beobachtet die Szene mit einem mulmigen Gefühl in der
Magengegend. Er ist nicht mehr wütend. Der Zorn hat ihn bis
hierher gebracht, und jetzt steht er da, leer und ausgelaugt,
während Perse draußen am Tor und Doggy Dog irgendwo in der
Menge warten.
    Billy Rock gestattet einem Helfer, ihm einen orangefarbenen
Overall überzustreifen. Er hat seinen schwarzen Homburg und die
Spiegelbrille abgenommen. Er schnüffelt einmal tief an einer
kleinen Flasche, die zur Hälfte mit einer klaren
Flüssigkeit gefüllt ist, lächelt verklärt und
fordert Alex auf, sich zu beeilen, damit ihm der Spaß nicht
entgeht. Seine Pupillen sind nur noch stecknadelgroß.
    »Ich habe nur mal kurz vorbeigeschaut, um Hallo zu sagen,
Billy. Ehrlich!«
    »Du sollst dich amüsieren!« Billy Rock putzt sich
mit dem Handrücken die Nase. »Du amüsierst dich nie!
Immer verkriechst du dich in diesem tristen, schäbigen Loch da
draußen!«
    Dann schießt er wieselflink vor, preßt Alex eine Hand
über den Mund und schiebt ihm die Flasche unter die
Nasenlöcher.
    Alex versucht ihn vergeblich abzuschütteln, muß Luft
holen, und das ist wie eine grelle Explosion in seinem Kopf. Einen
Moment lang kann er nichts sehen. Er wischt sich die Tränen aus
den Augen und schneuzt. Allem Anschein nach hat er einen halben Liter
Rotz in der Nase. Plötzlich fühlt er sich idiotisch
glücklich, so glücklich wie noch nie im Leben.
    Billy Rocks winkt gebieterisch. Ein Helfer setzt Alex auf einen
Hocker, zwängt ihn in einen Coverall, zieht den
Reißverschluß zu und streift ihm noch eine schwarze
Bomberjacke über. Alex weiß, daß er sich zur Wehr
setzen müßte, will sich aber lieber auf das
schwindelerregende Glücksgefühl konzentrieren, das durch
seinen Körper zittert und sich bis zu den Fingerspitzen
ausbreitet.
    Billy Rock hat jetzt eine Knarre in der Hand. Er zielt kichernd
auf Alex, auf die Kampfpuppen in ihren Käfigen, auf die
Menschen, die in Coveralls und Bomberjacken bereitstehen, um an den
Spielen teilzunehmen.
    Billy lacht, und Alex lacht ebenfalls.
    »Ich mache bloß Spaß!« kreischt Billy Rock
und hebt beide Arme über den Kopf wie ein Boxer nach dem Sieg.
Ein Helfer nutzt die Gelegenheit und streift Billy ebenfalls eine
Bomberjacke über.
    Der Mann, der sich um Alex

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