Feenland
folgen?«
»Natürlich. Ihr Steuerchip versteht
Basic-Befehle.«
Alex läßt die Bomberjacke fallen, geht in seinem weiten
orangefarbenen Coverall auf die Puppe zu, geht vor ihr in die Knie
und zieht ihr den schwarzen Seidenanzug aus. Sie setzt sich nicht zur
Wehr; sie ist wie ein schläfriges Kind, das alles über sich
ergehen läßt. Ihre blaue Haut fühlt sich heiß
an – zweiundvierzig Grad Celsius. Ihr Atem riecht wie bei
Diabetikern schwach nach Aceton. Sie hat eine flache Brust, einen
unbehaarten Körper und die verschwommen androgyne Figur eines
kleinen Kindes.
»Mitkommen«, sagt Milena, und als sie und Alex sich
durch die Menschenmenge zum Ausgang drängen, trottet die Puppe
auf platten, langzehigen Füßen gehorsam hinterdrein.
Draußen blockieren teure Autos mit Scheinwerfergeblinke und
zornigen Hupen die Straße. Eine Kampfpuppe springt
plötzlich auf das Dach einer Limousine, stampft auf dem Blech
herum und schwingt die Arme. Schaumflocken lösen sich von ihrer
Schnauze und fliegen umher. Ein Schuß zersprengt die
Windschutzscheibe, und die Hupe heult los. Die Puppe ist
verschwunden. Jemand reißt die Tür auf, und der Fahrer
kippt von seinem Sitz auf den Asphalt.
Alex, Milena und die Puppe gehen zu Fuß an dem Tumult vorbei
in die Regennacht.
»Was wir brauchen, sind Fahrräder«, sagt Alex, aber
Milena versteht ihn nicht.
Er spürt ein schwaches Zittern unter der Haut, die Reaktion
auf den Endorphin-Stoß, den Billy Rocks Droge ausgelöst
hat. Im regennassen Halbdunkel, gestreift von den Scheinwerfern der
Autos, die versuchen, dem Chaos zu entrinnen, überkommt ihn mit
einem Mal Panik. Er ist in der Twilight Zone, allein mit zwei
Aliens.
Alex rechnet fast damit, daß der Transit verschwunden ist,
aber er steht noch da, am Ende der kleinen Straße. Vom Regen
gedämpft, glitzern die Lichter von Wapping über den
Fluß. Eben als in Alex die vage Hoffnung aufkeimt, daß
sie es geschafft haben könnten, blenden ihn die Scheinwerfer des
Transit.
Howard Perse öffnet die Tür und wankt mühsam ins
Freie. Er sieht aus, als sei er randvoll zugeschüttet.
»Jetzt sind Sie dran!« erklärt er Alex.
»Sie gehen jetzt am besten heim, Mister Perse.«
»Behinderung einer Polizeiaktion – das reicht für
den Anfang!«
»Billy Rock ist tot.«
Perse reißt die Augen auf wie eine Eule und fängt dann
zu lachen an. Er setzt einen Flachmann an und nimmt einen tiefen Zug
Whisky. »Ich muß Sie trotzdem verhören,
Sharkey«, sagt er. »Ich will wissen, was Sie
vorhaben.«
»Ich habe getan, was Sie wollten. Das ist alles.«
»Äh… genau das möchte ich
überprüfen.«
»So geht das nicht, Mister Perse! Wir sind quitt.«
»Ganz genau«, mischt sich eine andere Stimme ein, und
Doggy Dog kommt hinter dem Transit hervor. Er grinst Alex an,
hält ihm seine Pistole unter die Nase und sagt: »Jetzt ist
Liefertermin, du Wichser!«
Perse wirkt mit einem Mal nicht mehr betrunken. Er richtet sich
auf, bohrt seine Blicke in Doggy Dogs Augen und sagt: »Laß
die Waffe fallen, Kleiner!«
»Sie kenne ich«, entgegnet Doggy Dog.
»Genau. Also laß die Waffe fallen, bevor du echten
Ärger kriegst.«
Doggy Dog lacht, und Perse macht einen Schritt nach vorn. Ein
lauter, trockener Knall peitscht durch die Gasse und hallt von den
verlassenen Häuserblocks wider. Perse brüllt auf und
hüpft auf dem rechten Bein, während er den linken Fuß
mit beiden Händen umklammert. Blut quillt zwischen seinen
Fingern hervor.
»Plattfuß Perse!« höhnt Doggy Dog. »Du
kannst einem leid tun, du armes Schwein!«
Blitzschnell wie eine Schlange, die ihr Opfer angreift, dreht
Doggy Dog die Pistole um und schmettert sie Perse gegen die
Schläfe. Der Polizist kippt gegen den Transit, zu betäubt,
um Doggy Dogs zweiten Schlag abzufangen.
»Hey!« sagt Alex, »jetzt reicht es aber,
okay?«
Doggy Dog dreht sich um, fuchtelt mit der Waffe zwischen Alex und
Milena hin und her und richtet den Lauf schließlich auf Milena.
»Sie ist die Gefährlichere«, sagt er zu Alex.
»Sie versteht was von Magie«, entgegnet Alex. Er zittert
plötzlich am ganzen Körper. Vielleicht schafft sie es,
Doggy Dogs Pistole wegzuzaubern.
Aber Milena beachtet Doggy Dog überhaupt nicht. Sie
schlendert an ihm vorbei, springt auf die kleine Mauer am
Flußufer und schaut hinunter in das dunkle Wasser. Ringsum
fällt leise der Regen. Die nackte Puppe trottet hinter ihr
drein, und Milena dreht sich um und tätschelt ihr den kahlen
Kopf.
»Du hast es geschafft«,
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