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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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zwar besser ist als gar nichts, dachte er phlegmatisch, aber immer noch verdammt wenig. Im Gürtel befanden sich zwei kleine nanonische Medipacks, die er sich wie einen altmodischen Verband um den Oberschenkel wickelte. Sie bedeckten kaum die Hälfte der Wunde, doch sie würden zumindest verhindern, daß einheimische Bakterien oder vergiftetes Blut den Rest seines Kreislaufs überschwemmten. Der Rest würde wahrscheinlich anfangen zu verrotten, wie er zähneknirschend erkannte.
    Eine Bestandsaufnahme förderte ein kleines Erste-Hilfe-Paket, eine Laserpistole mit zwei Reservemagazinen, eine kleine Fissionsklinge, einen Kohlenwasserstoff-Analysator (zum Aufspüren von Giften in der Nahrung, die sein Metabolismus nicht ausfiltern konnte), einen handtellergroßen Thermalinduktor sowie fünf EI-Granaten zutage. Außerdem besaß er sein Trägheitsleitsystem und einen Prozessorblock zum Aufspüren elektronischer Störsender. Keinen Kommunikatorblock, verdammter Mist; er konnte sich nicht einmal mehr mit Terrance Smith in Verbindung setzen und um Evakuierung bitten oder herausfinden, ob noch jemand anderes aus seinem Trupp den hinterhältigen Angriff überlebt hatte.
    Und dann war da noch der atomare Sprengkopf, der an der Seite seines Brustpanzers festgeschnallt war. Eine schwarze Kugel aus Carbotanium, zwanzig Zentimeter im Durchmesser.
    Die nächsten fünf Minuten unternahm Chas überhaupt nichts, während er gründlich über seine Lage nachdachte. Dann zog er die Fissionsklinge aus dem Gürtel und machte sich daran, Bretter aus einem Kirscheichenstamm zu schneiden, um daraus eine Schiene und eine Krücke zu basteln.
     
    Versteckt hinter dem eigenen Ereignishorizont entstand zweihundertzwanzigtausend Kilometer über dem Murora eine Singularität, deren Masse die Bahn nahe gelegener Photonen und Elementarpartikel zu engen Kurven beugte. Es dauerte sechs Millisekunden, bis die Singularität von ihrer ursprünglichen subatomaren Größe zu einer Kugel von fünfundsiebzig Metern Durchmesser angewachsen war. Als sie ihre volle physikalische Größe erreicht hatte, erloschen die gewaltigen internen Kräfte, die den Ereignishorizont hatten entstehen lassen.
    Die Lady Macbeth stürzte dem Gasriesen entgegen. Ihre Ionentriebwerke stießen lange Feuerschweife aus kaltem blauen Licht aus, um das schwache Taumeln zu beenden, das durch den Rückstoß von austretendem Kühlmittel verursacht wurde. Die Wärmeableitpaneele entfalteten sich weit und leuchteten in Kardinalsrot, als sie die überschüssige Wärmeenergie abstrahlten, die sich im Verlauf des irrwitzigen Fluges durch die unteren Atmosphärenschichten von Lalonde aufgestaut hatte. Sensorbündel suchten die nähere Umgebung nach möglichen Gefahren ab, während das Navigationssystem stellare Fixpunkte zur Positionsbestimmung lokalisierte.
    Joshua stieß laut den Atem aus und zeigte der Mannschaft seine Erleichterung. »Gut gemacht, Dahybi. Das war verdammt gute Arbeit, wenn man den Druck bedenkt, unter dem wir gestanden haben.«
    »Ich hab’ schon Schlimmeres erlebt, Boß.«
    Joshua ging nicht auf die Prahlerei ein. »Sarha, hast du inzwischen die Systeme identifiziert, die nicht mehr ordnungsgemäß funktionieren?«
    »Wir kommen der Sache näher«, antwortete sie verbindlich. »Gib mir noch fünf Minuten, Joshua.«
    »Sicher.« Nach der massiven Beschleunigung aus dem Orbit von Lalonde war die Schwerelosigkeit wunderbar entspannend. Wenn sie ihm jetzt eine Massage verpassen würde …
    »Das war vielleicht ein Chaos dort hinten!« sagte Melvyn.
    »Nun, wir haben es gut überstanden«, erwiderte Warlow polternd.
    »Mir persönlich tut es nur um die Kundschafter leid. Gefangen auf einem Planeten voller Menschen, die sich benehmen wie Irre.« Melvyn unterbrach sich und zuckte zusammen, dann musterte er Joshua mit einem vorsichtigen Blick.
    »Sie wußte, worauf sie sich einließ dort unten«, knurrte Joshua. »Und ich habe ernst gemeint, was ich gesagt habe. Wir fliegen zurück und sehen nach.«
    »Reza Malin weiß, was er tut«, sagte Ashly. »In seiner Nähe ist sie sicher.«
    »Genau.« Der Bordrechner sandte über Datavis einen Alarm an Joshuas neurale Nanonik. Joshua klinkte sich in die Sensoren ein.
    Muroras Sturmbänder waren ein Chaos aus Grün und Blau, durchmischt von den üblichen Zyklonen aus gefrorenem Ammoniak. Ein dichter Wirbel aus ocker- und bronzefarbenen Ringen erstreckte von den obersten Wolkenschichten bis in eine Höhe von hundertachtzigtausend Kilometern.

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