Fehlfunktion
veranstaltet werden mochte, die Santa Clara hatte nichts damit zu tun.
Er öffnete einen Kanal zu den Tyrathca-Farmern auf Lalonde, und sie berichteten von ein paar Scharmützeln mit Menschen, die sich »merkwürdig benahmen«. Nichtsdestotrotz hatten sie die Rygar-Ernte zum Abtransport vorbereitet und warteten nun auf den Nachschub an Ausrüstung und die neuen Farmer von der Santa Clara.
Zaretsky beendete die Verbindung und setzte den langsamen Abstieg in den Orbit fort, und die Abgase des Fusionsmotors zogen eine schmale dünne Linie aus weißer Glut über den schwarzen Sternenhimmel.
Jay Hilton saß mit untergeschlagenen Beinen und in dem Nacken gelegtem Kopf auf dem Felsen, der fünfzig Meter vor dem Blockhaus des Savannen-Anwesens aufragte, und beobachtete das Raumschiff, das sich in den Orbit bremste. Mit Trauer durchsetzte Neugier brannte in ihren Augen. Die Wochen, die sie nun bereits mit Vater Horst lebte, hatten ihr Aussehen beträchtlich verändert. Zum einen war das einst üppige weißblonde Haar zu einem Igelkopf von kaum einem Zentimeter Länge abgeschnitten, weil es auf diese Weise leichter sauberzuhalten war. Jay hatte ganze Eimer voller Tränen geweint an dem Tag, als Vater Horst zur Schere gegriffen hatte. Ihre Mutter war immer so stolz darauf gewesen und hatte es so wunderbar gepflegt; sie hatte es mit einem speziellen Shampoo gewaschen, das sie von der Erde mitgebracht hatte, und sie hatte es jeden Abend gebürstet, bis es geglänzt hatte. Jays Haar war ihre letzte Verbindung mit der Vergangenheit gewesen, ihre letzte Hoffnung, daß es eines Tages vielleicht wieder so sein mochte. Als Vater Horst die Schere beiseite gelegt hatte, hatte Jay gewußt, daß ihr kostbarster Traum, eines Tages aufzuwachen und alles wieder normal vorzufinden, nur der Wunschtraum eines dummen kleinen Kindes gewesen war. Sie mußte jetzt stark sein und erwachsen. Aber es war so verdammt schwer.
Ich möchte meine Mami zurück, sonst gar nichts.
Die anderen Kinder sahen zu ihr auf. Jay war die älteste und stärkste in der Gruppe. Vater Horst verließ sich darauf, daß sie die jüngeren Kinder im Zaum hielt. Viele von ihnen weinten des Nachts noch immer. Sie konnte es hören in der Dunkelheit, konnte hören, wie sie nach ihren verlorenen Eltern oder Geschwistern riefen, weinten, weil sie zurück in ihre Arkologien wollten, wo es keine so schrecklichen Dinge gab wie hier.
Die rosige Morgendämmerung wich einer Woge aus Blau, die über den Himmel strich und die Sterne zum Verlöschen brachte. Rennison verblaßte zu einer fahlen Sichel, und der Abgasstreifen des Raumschiffs war schwieriger zu erkennen. Jay erhob sich aus ihrer sitzenden Haltung und kletterte vom Felsen herab.
Das Anwesen am Rand der Savanne war eine einfache Holzkonstruktion, und das Dach aus Solarpaneelen glitzerte im hellen Licht des Morgens. Zwei der Hunde, ein Labrador und ein Schäferhund, kamen zu ihr gerannt. Jay streichelte die beiden, während sie die knarrenden Holzstufen zur Veranda emporstieg. Die Kühe auf der Koppel gaben klagende Rufe von sich; ihre Euter waren schwer von Milch. Jay betrat das Hauptgebäude durch die Vordertür. Die große Halle roch stark – nach Essen, nach Kochen und nach zu vielen Menschen. Sie schnüffelte prüfend – irgend jemand hatte in der Nacht wieder ins Bett gemacht. Wahrscheinlich mehr als ein Kind.
Der Boden war mit Schlafsäcken und Decken übersät, und die Kinder darin wurden eben erst nach und nach wach. Vertrocknetes Gras war aus den improvisierten Matratzen aus Baumwollsäcken ausgetreten.
»Los, aufstehen! Aufstehen, ihr faule Bande!« Jay klatschte in die Hände und zog die Vorhänge auf. Goldene Sonnenstrahlen ergossen sich in den Raum und enthüllten Kinder, die sich den Schlaf aus den vom grellen Licht geblendeten Augen rieben. Siebenundzwanzig von ihnen lagen dicht an dicht auf den Bodendielen aus Mayope, das jüngste gerade erst zwei Jahre alt, das älteste Danny, der fast genauso alt war wie Jay. Sie alle trugen die Haare genauso kurz wie Jay und steckten in grober Erwachsenenkleidung, die nicht passen wollte. »Los, hoch mit euch! Danny, deine Gruppe ist dran mit dem Melken der Kühe! Andria, du bist heute morgen für das Frühstück verantwortlich. Ich möchte Tee, Haferschleim und gekochte Eier.« Ein Stöhnen erhob sich, doch Jay ignorierte es; sie war die abwechslungsarme Nahrung genauso satt wie alle anderen. »Shona, nimm die Mädchen mit und geh die Eier einsammeln, ja?«
Shona
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