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Fehlt noch ein Baum

Fehlt noch ein Baum

Titel: Fehlt noch ein Baum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Tabunowa
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sind fast vierzig Grad.«
    Â»Gieß noch kaltes zu.«
    Â»Warum? Das ist doch eine gute Temperatur, ich bade sogar noch heißer.«
    Â»Mach, was ich dir sage. Und vermische das Wasser. Fertig, legen wir sie rein?«
    Â»Es gefällt ihr nicht. Schau doch mal, wie sie ihr Bäuchlein rausgestreckt hat!«
    Â»Logisch, ich habe dir doch gesagt, du sollst das Wasser durchmischen!«
    Â»Ja und?«
    Â»Würdest du dich etwa freuen, wenn dein Kopf im kalten und dein Hintern in kochendem Wasser steckt?«
    Â»Oh, sie schält sich an den Schultern. Vera, du hast dich verbrannt!«
    Â»Die Haut am Rücken schuppt sich nur vom langen Liegen.«
    Â»Passiert mir das auch, wenn ich zu lange fernsehe?«
    Â»Halt ihren Kopf! Da kommt Wasser in die Ohren!«
    Â»Dann schütteln wir sie eben nachher, bis das Wasser wieder herauskommt.«
    Â»Dich werde ich schütteln! Was machst du?«
    Â»Ich halte Vera die Ohren zu, damit kein Wasser reinkommt.«
    Â»Deine langen Fingernägel in Veras Ohren? Hol sofort deine Nägel aus ihrem Kopf!«
    Â»Klasse, es beginnt ihr zu gefallen. Weißt du noch, wie sie früher geschrien hat, wenn sie ins Wasser gelegt wurde?«
    Â»Natürlich, wie sollte man da nicht schreien. Sie gluckst schon. Kannst du nicht endlich mal den Kopf richtig halten?«
    Â»Wie lieb sie ist … Tü, tü. Oh, sie weint.«
    Â»So, ich wasche sie, und du lenkst sie ab.«
    Â»Wie?«
    Â»Sing ihr irgendwas vor.«
    Â»Hey, hey, halli-galli! Oh, sie lächelt.«
    Â»Ich finde, sie fletscht eher die Zähne.«
    Â»Na und? Immerhin habe ich sie überrascht.«
    Â»Man sollte sie in der Wanne fotografieren, wie sie lächelt. Halt Vera mal im Wasser und sing was, ich komme gleich wieder … Ja, und nun? Sie lächelt ja gar nicht mehr.«
    Â»Dann fotografier doch, wie sie greint, Ira.«
    Â»Weißt du, wie viele solcher Fotos ich schon habe? Ich könnte eine ganze Ausstellung bestücken – ›Tränen eines Kindes‹.«
    Â»Dann fotografier eben mich, wie ich die greinende Vera wasche.«
    Â»Das fehlte noch. So, haben wir an alle Stellen gedacht? Gott sei Dank, jetzt ziehen wir sie an.«
    Â 
    10. September 2003
Die Freiheit
    Â 
    Wenn ich mich mit Vera abmühe, muss ich daran denken, was ich in der Zeit alles schaffen könnte! Aber wenn dann meine Tochter unerwartet einschläft (und es kommt immer unerwartet), dann gehe ich durch die Wohnung und weiß nicht, womit ich anfangen soll, welchen meiner großen Pläne ich als Erstes in die Tat umsetzen soll. Letztlich mache ich mir dann dreimal Tee oder surfe im Internet. Und die Moral daraus ist: Es gibt einen Unterschied zwischen der unerwarteten, zeitlich begrenzten Freiheit und der zu erwartenden und mehr oder weniger endlosen Freiheit. Und jetzt mache ich mir noch eine Tasse Tee.
    Â 
    12. September 2003
Die besten Mittel gegen Schlaflosigkeit
    Â 
    Ein Säugling ist das beste Mittel. Gerade erzählte meine Mutter:
    Â»Da stehe ich um drei Uhr nachts auf, Ira, weil Vera sich geradezu überschlägt. Ich komme ins Zimmer, in dem ihr schlaft, nehme meine schreiende Enkeltochter auf den Arm und versuche, dich zu wecken. Ich versuche und versuche es und schüttle dich. Endlich machst du die Augen auf, schaust mich und die weinende Vera an und fragst: ›Was willst du, Mama?‹«
    Wenn Sie in Tiefschlaf fallen wollen, schaffen Sie sich Kinder an!
    Â 
    13. September 2003
Postnatale Absonderlichkeiten
    Â 
    FLEISCH . Mittlerweile träume ich schon davon. Gekocht, gebraten, gratiniert. Am Stück, Bœuf Stroganoff, Ragout, Buletten. Huhn, Pute, Kalbfleisch, Schweinefleisch, Innereien. Nur Würstchen und Aufschnitt können mich nicht begeistern, aber das ist in jedem Fall besser als Fisch. Fisch – auf den Müll. Teigtaschen – ab ins Klo. Gemüse und Käse – höchstens als Beilagen. Und bitte ohne Brot, Makkaroni, Reis, Kartoffeln oder Buchweizen. Eier. Na, das ist schon fast wie Fleisch.
    Â»Ira, möchtest du Tee?«
    Â»Bekomme ich Schinken dazu?«
    Gebäck ins Klo, Schokolade ebenfalls.
    Â»Ira, ich habe Konfitüre gekocht, die musst du probieren!«
    Â»Woraus ist sie?«
    Â»Aus Pflaumen.«
    Â»Koch lieber Hammelkonfitüre, die probiere ich dann.«
    So geht das schon seit dreieinhalb Monaten.
    Und da soll einer sagen, nur Schwangere hätten einen perversen

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