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Fehltritt Im Siebengebirge

Titel: Fehltritt Im Siebengebirge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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abgerichtet seien. Sobald sie zu unbeherrschten Beißern würden, müßten sie ihre Planstelle räumen.
    »Das scheint ja bei den Vierbeinern umgekehrt zu laufen wie bei den Fahndungsbeamten«, frotzelte Guido. »Für so einen Griff an die Brieftasche hätte der Oberzollhund schon mal kräftig zubeißen dürfen. Fünftausend Mark wären futsch gewesen. Der Hundefinderlohn wird heute auf den Kopp gehauen.«
    Barbara fuhr hoch. »Was? Fünftausend? Wo hast du die denn her? Du jammerst Vater und mir im Büro dauernd die Ohren voll, daß du nicht Bares genug auf die Hand bekommst.«
    »Ach Schwesterlein, du weißt doch, wie sparsam ich bin«, wiegelte Guido ab, als er seinen Fehler bemerkte.
    »Laß dich bloß nicht vom alten Herrn erwischen, wenn da ein fünftes Rad für den Fahrer läuft!«
    »Ach wo, Sparsamkeit ist aller Laster Anfang. Wie hat es früher mal geheißen: Räder müssen rollen für den Sieg.«
    »Und Kinderwagen als Nachschub für den nächsten Krieg«, ergänzte Werner Klatte. »Wen von den Damen darf ich um den nächsten Tango bitten?«
    Marianne Richter sah zur Seite. Doch Barbara stand sofort auf. »Wenn Sie ihn können. Ich will es wagen.«
    Und er konnte ihn!
    Die »Cabezas« spielten – das war schon eine Konzession an den Publikumsgeschmack – auch Tangos aus den dreißiger Jahren, wenn sie den richtigen Sound hatten. Das Bandoneon klagte, und der Sänger schmalzte mit dem Akzent des Fremden: »In Rio de Janeiro – sehnt sich ein Caballero – nach Gold und Liebe – und schönen Frauen.«
    Werner Klatte hatte Barbara fest an sich gezogen und den rechten Arm stützend unter ihren Rücken gelegt. Er beugte sie rückwärts und zwang sie in den ekstatischen Rhythmus der Musik. Ihre vollen Formen, der Duft ihrer Haut und ihr schneller Atem ließen ihn das Leben spüren.
    Leise summte er den wehmütigen Text: »…verspielt ein Caballero – sein Herz und Gold – in einer Nacht…«
    »Gewinnt«, flüsterte sie, »gewinnt ein Caballero…«
    Werner Klatte bewegte zweifelnd den Kopf und folgte der Melodie: »…der Zauber ist aus – ein armer Teufel – geht zur Türe hinaus.«
    »Bleib, laß die anderen gehen, bitte«, flüsterte Barbara, als der Bann sich löste.
    »Ja, lassen wir die anderen gehen. Aber einmal muß ich auch mit der Richter aufs Parkett.«
    Guido hatte die Gläser schon neu gefüllt. »Eure Vorstellung war große Klasse. Ich glaube, ich muß mich doch mal umschulen lassen.«
    »Ja, das will gelernt sein«, meinte Marianne Richter. »Nicht einfach Turnschuhe an, kleines Fäustchen geballt, mit den Füßen gestampft und auf ins Gewühl – hey, baby hey! Das bleibt den pubertierenden Teenagern überlassen. Jetzt ist Tango-Time. Herr Amtmann, Sie dürfen es mit mir auch einmal wagen.«
    »Aber sicher«, stimmte Guido gönnerhaft zu.
    Ihm gingen die Augen auf, als er sah, wie Marianne und Klatte übers Parkett schwebten. Barbaras Blick wurde traurig. Sie schien zu fühlen, daß den beiden Aachen mehr bedeutete als nur eine flüchtige Bekanntschaft.
    »Hat sie dir gefallen, die blonde Barbara?« fragte Marianne, als Werner mit ihr eine ruhige Figur tanzte. »Die hat Rasse und auch noch was an den Füßen.«
    »Woher kennt ihr euch? Warum bist du so förmlich?«
    »Siemann und Co. fährt alle Fracht für Erlenborn. Dicke Aufträge. Frau Siemann und die verstorbene Frau Erlenborn waren Schwestern.«
    Werner riß Marianne in die gedrehte Beuge. Ihre Art, den Tanz der Halbwelt aus den Kaschemmen von Buenos Aires zu interpretieren, ließ von der gemeinsamen Vergangenheit mehr erkennen, als offenbar werden sollte.
    »Große Geschäfte – daher weht der Wind!«
    »Nicht nur. Barbara soll den Witwer heiraten – nach dem Trauerjahr. Geld zu Geld.«
    Werner Klatte dachte an das Dossier auf seinem Schreibtisch und fragte: »Du gehst mit ihm ins Bett? Oder mit dem Driver?«
    Marianne blieb die Antwort schuldig, preßte sich bei Werner in die Beuge und sang: »Adios muchachos.« Sie genoß die wiederentdeckte körperliche Gemeinsamkeit, rhythmisch, hart und cool.
    »Du wirkliche Printe, du, wer möchte dich nicht vernaschen«, brummte Klatte an ihrem Ohr.
    Als sie zum Tisch an der Bar zurückkehrten, meinte Guido: »Euch darf man nicht allein lassen. Noch einen Turn und das staunende Publikum hätte die Sondernummer des großen Zampano auf dem Parkett bewundern können.«
    Barbara sah Marianne forschend an und wandte ihren Blick Werner Klatte zu. Sie schien den letzten Tango richtig zu

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