Fehltritt Im Siebengebirge
festzuhalten.« Fräulein Kuhnert reckte stolz ihre Brust und bot ein überzeugendes Bild ihrer Leistungsbereitschaft. Sie übernahm sofort die Befehlsgewalt. »Los! Kriminalhelfer Ahrens, laß deine Optik spielen – und Sie, Ober-Peters, Sie bringen uns in kürzester Zeit in die Nähe des Tatorts. – Macht’s gut im Präsidium, ihr Bürohengste!«
Kapitel 8
»Oha, Chef«, stellte Lupus fest, als die beiden Sonderfahnder mit dem Kollegen gegangen waren. »Unser Ahrens wird nicht viel zu melden haben, wenn ihn die Arme seiner Octopussy liebevoll umschlingen.«
»Aber sie weiß wenigstens, wo’s langgeht bei unserem Job.« Freibergs Augen suchten wieder den Ennerthang jenseits des Rheins. Die Sonne hob die Wände der Basaltsteinbrüche weißgelb aus dem grünen Strang des Siebengebirges heraus. »Wenn wir nur wüßten, was dort passiert ist. – Vielleicht war es wirklich ein Unfall, und wir machen hier die Pferde scheu.«
»Und das auch noch am Wochenende«, ergänzte Lupus. »Immerhin, wir haben einiges auf Konto Lebenserfahrung zu buchen. Darf man die Richter eigentlich schon zum Typ Karrierefrau rechnen?«
Freiberg wiegte den Kopf. »Vielleicht – aller Anfang ist schwer. Das Kapital ›Frau‹ muß erst Zinsen tragen.«
»Dieses Wildkatzenauto – ob sie oft damit unterwegs ist? Was muß sie dafür einsetzen?«
»Nur sich. Was sonst? So ein Jaguar wäre schon ein ansehnlicher Zinsgewinn, selbst wenn der Wagen noch für die Firma läuft. Das sind nun einmal die Spielregeln unserer Gesellschaft. Ich habe manches Gerede von der Emanzipation und das geschämige Getue um den Mißbrauch der Frau in der Werbung und so nie ganz verstanden. Warum wollen die Frauen sich einreden, ihre hormonelle Macht wegwerfen zu müssen, um frei zu sein. Warum wollen sie partout hinein in den grauen Männeralltag?«
»Meine will das bestimmt nicht«, stellte Lupus fest. »Auch das Fräulein Tochter läßt den Vater noch ein paar Jahre arbeiten und zieht sich dann ins Privatleben zurück, wie sie mir fröhlich verkündet hat. Es gäbe einen einklagbaren Unterhaltsanspruch bis weit hinein in das dritte Lebensjahrzehnt. – Eine gediegene Art von Humor.«
Kommissar Freiberg dachte daran, die hormonelle Macht der Frau an diesem nicht ganz verlorenen Wochenende doch noch zu testen und wollte auch Lupus nicht langer festhalten. »Wir machen Schluß für heute. Zieh heim zu deinen Lieben. Ich will mich mit dem R 4 noch ein wenig in Beuel umsehen, beim Zollamt vorbei, Siemann und Co. streifen und danach in der Beethovenstraße bei meiner studentischen Hilfskraft Station machen. Die Zentrale erfährt, wo ich zu finden bin. Aber schnell noch die obligatorische Frage: Wen nehmen wir uns als nächsten vor?«
»Immer die Frau«, antwortete Lupus, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
»Und das wäre?«
»Die blonde Barbara.«
»Wir sind uns also wieder einmal einig. Grüß deine Kuscheldrachen daheim.«
»Mach’s gut Chef. Denk an die Flattertierchen und an die Königin. Tschüs.«
Hauptkommissar Freiberg schnurrte mit seinem roten R 4 über die Konrad-Adenauer-Brücke, wie die Südbrücke Bonns nach dem Willen der von Pietät geplagten Politiker heißt, nahm die Abfahrt Landgrabenweg und bog nach Norden auf die Kreuzherrenstraße.
Kurz hinter der Bahn im alten Limperich hatte Zollamtmann Klatte am Brünnchen ein möbliertes Zimmer gemietet. Nachbarn standen auf der Straße und beredeten noch immer das Ereignis vom Blauen See. Die Beamten von UNI 11/22 hatten vom Hauseigentümer den Zweitschlüssel zu Klattes Wohnung geholt, sich kurz umgesehen und durch ihre Hinweise und Fragen die Nachbarschaft unruhig gemacht.
»Dieser gute Mensch – nun ist er tot«, stellte die Wirtin wiederholt fest. »Dabei hat er sich in unserem Haus doch so wohl gefühlt.«
Sachdienliche Hinweise hatten die Beamten nicht erhalten. Aber für Gesprächsstoff am Brünnchen war gesorgt.
Freiberg umrundete den durch Einbahnstraßen beruhigten Wohnkomplex. Für Werner Klatte hatte alles sehr günstig gelegen. Von hier aus waren es mit dem Auto nur wenige Minuten bis zur Trimmstrecke auf dem Rheinhöhenweg. Die Dienststelle in der Nähe des Betriebsbahnhofs Bonn-Beuel ließ sich bequem in einer Viertelstunde zu Fuß erreichen.
Freibergs R 4 kurvte über den Abfertigungshof des Zollamtes. Das Gebäude schien aus der Kaiserzeit zu stammen, war aber modernisiert. Dazu gehörte noch eine richtige Abfertigungsrampe mit einer
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