Fehltritt Im Siebengebirge
Konkurrenz nicht nur mit der Werbung, sondern auch mit den Preisen an die Wand drücken zu wollen. Ich habe ihm noch gesagt, daß ein altes, solides Unternehmen es sich schon eine Zeitlang leisten könne, Kampfpreise für eine bestimmte Marke durchzuhalten. So zehn bis fünfzehn Prozent billiger, das würde wohl die anderen ganz schön in die Enge bringen.«
»Ist das eine neuere Entwicklung?«
»Scheint so, seit einigen Monaten jedenfalls. Früher war Erlenborn für seine elitären Hochpreise bekannt, vor allem beim Weinbrand. Echter Cognac lag nur wenig darüber. Das stimmt auch heute noch. Nur mit dem Doppelkorn scheint es anders auszusehen. Der ist ausgesprochen billig.«
Es klopfte an der Tür, und der Registrator schaute fragend herein. »Wir haben die alten Baupläne für Samsons Feindestille ausgegraben. Aber nach Herrn Klattes Tod werden die wohl nicht mehr benötigt. Das Lehrbuch ist auch geliefert worden.«
Wernitz winkte ab. »Kann alles zurück.«
»Halt, bitte«, schaltete sich Freiberg ein. »Können Sie mir die Unterlagen für eine Weile überlassen? Ich gebe Sie Ihnen mit den Steuerlagerakten zurück. Und das Lehrbuch werde ich der Zollverwaltung gern abkaufen.«
»Mir ist allerdings schleierhaft, was Sie daraus entnehmen wollen.«
»Mir auch, für den Augenblick jedenfalls. Aber das wird sich finden. Im Moment sind mir die Pläne wichtiger. Ich habe immer schon gern Bauzeichnungen studiert – und wann hat man schon mal Gelegenheit, die Strukturen einer alten Destille in der Blaupause zu sehen. Während meines Studiums waren Burgen und Befestigungsanlagen mein Steckenpferd. Nun kommt noch der Alkohol hinzu.«
Zolloberinspektor Wernitz dankte dem Registrator. »Lassen Sie alles hier. Der Kommissar wird uns den Empfang bestätigen, als Kriminalist natürlich und nicht als neugieriger Amateuralkoholiker.«
Freiberg erteilte eine Quittung in »Sachen Mordfall Werner Klatte«.
Ein Staubwölkchen puffte durch den Raum, als Wernitz ihm die Bauakten auf den Tisch legte.
»Darf ich mal kurz telefonieren? Ortsgespräch«, fragte Freiberg.
Wernitz schob ihm den Apparat zu.
Im Präsidium meldete sich Ahrens auf der Durchwahlnummer.
»Hör zu«, erklärte der Kommissar, »ich bin im Zollamt bei Klattes Stellvertreter, Zolloberinspektor Wernitz. Hier liegt eine Verdachtsmeldung gegen Guido Siemann wegen Rauschgiftschmuggels vor. Wir müssen uns den Knaben noch mal vornehmen. Wo steckt Lupus? – Was? – Beim Bezirks- und Ermittlungsbeamten wegen POLTRANSIT? Warum auch nicht. Die Uniformierten hören so manches im Revier. Schwing dich sofort in einen Streifenwagen und hol uns den Siemann ins Präsidium. – Nein, du mußt persönlich hin. Wir brauchen den Mann dringend. – Nein, keine Festnahme, der kommt schon freiwillig mit. Aber fahrt nicht gleich mit Blaulicht und Martinshorn auf den Speditionshof. Das sähe zu sehr nach Verhaftung aus. Ich bin in einer halben Stunde zurück. Die Crew soll auf alle Fälle warten. Alles klar?«
Wernitz hatte aufmerksam zugehört. »Sie fackeln aber auch nicht lange«, stellte er anerkennend fest.
»Was tut man nicht alles, um den Kollegen vom Zoll die Dealer und Killer vom Halse zu halten. Außerdem finde ich es ausgesprochen unfreundlich, einen Menschen diese gräßliche Steinbruchwand hinunterzustürzen. Darum werden wir alles daransetzen, den Täter aus seinem Loch zu holen.«
»Brauchen Sie Hunde – als Amtshilfe?« fragte Wernitz.
»Nein, danke«, antwortete Kommissar Freiberg. »Für diese Fälle halten wir uns in unserem Kommissariat einen Wolf.« Er sagte schnell auf Wiedersehen und ließ einen irritiert dreinschauenden Beamten in dessen Bundeskemenate zurück.
Kapitel 15
Im Präsidium stand Fräulein Kuhnert am Fenster und spähte nach ihrem so dringend gesuchten Chef aus. Der hatte sich nach dem gelungenen Abgang im Zollamt ganz langsam auf den Weg gemacht und überdachte den Stand der Ermittlungen. Die Meldung aus dem INZOLL-Computer war beunruhigend. Gleichwohl paßte sie nicht recht ins Bild. Guido Siemann als Dealer – schwer vorstellbar. Die Gefahr, an der Grenze durch Rauschgiftspürhunde entdeckt zu werden, war zu groß, wie sich gezeigt hatte. Allerdings ließ sich luft- und wasserdicht verpackt manches in einem Tankfahrzeug unterbringen. Die Tasche war jedoch im Fahrerhaus gefunden worden. Wenn aber doch, dann würde es gewiefte Hintermänner und eine Organisation in Bonn geben, die Tarnung und Logistik beherrschten.
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