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Fehltritt Im Siebengebirge

Titel: Fehltritt Im Siebengebirge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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konsterniert ihren Dienstherrn an. Dieser leerte mit einem Zug sein Champagnerglas. »Verdammt!« sagte er nur.
    »Oh, Herr Minister«, seufzte Carola auf, »übermorgen sollten Sie zur Hundertjahrfeier der Firma Erlenborn die Laudatio halten und die Schirmherrschaft für die Stiftung Biotopenschutz übernehmen.«
    »Ist das schon an die Presse raus?«
    »Nein, nur vorbereitet. Ich hatte für morgen zehn Uhr ein Treffen mit Herrn Erlenborn vereinbart, um die letzten Einzelheiten abzuklären.«
    Der Minister hatte seinen Sarkasmus wiedergefunden. »Sie werden es sich wohl verkneifen müssen, unseren Mäzen im Gefängnis zu besuchen, haha. Holen läßt sich da ohnehin nichts mehr. Ist das Dispositionskonto schon eingerichtet?«
    »Noch nicht. Das wäre morgen ebenfalls zur Sprache gekommen.«
    »Irgend etwas Schriftliches?«
    »Nein, nichts – wie Sie es gewünscht hatten.«
    »Gut so! Sehen Sie, Carola, man kann in der Politik nicht vorsichtig genug sein.«
    »Aber das Rahmenprogramm…«
    »Keine Bange. Mit etwas mehr ›Mumm‹ werden wir das schon schaffen. Unser Kühlschrank läßt hoffen, haha. Bringen Sie gleich die Flasche mit, das erspart lästige Wege.«
    »Gewiß, Herr Minister«, antwortete Carola Steiner erleichtert und ging in den Nebenraum. Sie lebte durch die Gelassenheit des Chefs wieder auf.
    Als sie zurückkam, hatte er das Jackett abgelegt und zu einem Sandwich gegriffen. Carola schenkte den Sekt ein.
    »Ex!« sagte der Minister. »Heute dürften wir einen guten Tropfen verdient haben. Diese Fernsehmeldung kam gerade noch früh genug.«
    Carolas Augen begannen zu leuchten. Sie fühlte sich wissend und als Teil der Macht. »Aber«, warf sie ein, nachdem sie die Gläser wieder gefüllt hatte, »das Rahmenprogramm…«
    »…gestalten wir heute abend erst einmal selber. Und dann habe ich da noch so eine Idee«, sagte der Minister mit einem Augenzwinkern. »So ein Schokoladen- und Pralinenfritze hat mich vor einiger Zeit um ein Patronat für seine Aktion ›Jugend wandert für den Frieden‹ oder so ähnlich, gebeten. Mit Etappenschokolade, großer Preisverteilung und anderem Firlefanz. Wir müssen mal ausloten, wie weit sein Interesse geht. Machen Sie doch mit dem Friedensapostel für die nächste Woche gleich einen Termin zum Frühstück aus.«
    Carola sah ihren Chef voller Bewunderung an und nahm es als ein Zeichen vertrauensvoller Zusammenarbeit, als er – gewiß nur zur Förderung der zwischenmenschlichen Beziehungen – seine Hand auf ihr Knie legte.

 
    Kapitel 21
     
     
     
    Um die Stunde, da sich im Ministerium die Kreislaufprobleme lösten, wurde im Polizeipräsidium das Protokoll der Vernehmung von Hartmut Erlenborn noch einmal durchgelesen, die Spurenakte ergänzt und die Begründung für den Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls formuliert.
    Ahrens war nach Abschluß der Fahndung von den Kollegen der Schutzpolizei zum Blauen See zurückgebracht worden, wo Fräulein Kuhnert bereits darauf wartete, auf dem schnellsten Wege an ihre Schreibmaschine im Präsidium zu kommen. Presse-Mauser, der nicht von Ahrens’ Seite gewichen war, hatte Notizen auf jeden erreichbaren Fetzen Papier gekritzelt und sein Gehirn vollgepfropft mit ergänzenden Informationen. Bevor er die Fußgänger-Brücke im Laufschritt überquerte, um zu seinem Auto und damit in rasanter Fahrt in seine Redaktion zu kommen, hatte er noch gerufen: »Ich glaube, ich habe das meiste. Aber gebt mir auf alle Fälle Nachricht, wenn der Siemann das Zeitliche segnen sollte.« Mauser saß früher hinter seiner Schreibmaschine als Fräulein Kuhnert. Zwei Schwarzweißfilme steckten bereits im Schnellentwickler, und die Redaktionen hatten die telefonische Vorabmeldung über die Vorgänge in Sachen Erlenborn erhalten, so daß sie ihre Dispositionen für Satz und Umbruch treffen konnten. Die Meldung in den Abendnachrichten des Fernsehens bewies, wie gut der schnelle Mauser sein Handwerk verstand. Am Mittwoch würden seine Berichte der Aufmacher für viele Zeitungen sein.
    Im 1. Kommissariat waren alle Mann an Deck. »Chef«, fragte Lupus, »hängt die Richter vielleicht doch mit drin? Mittäterschaft, Beihilfe oder Begünstigung? Sollen wir uns den Erlenborn noch mal vornehmen?«
    Hauptkommissar Freiberg winkte ab. »Der sagt uns nichts mehr. Du hast doch gemerkt – als der erste Schreck vorbei war, wurde er immer zugeknöpfter und wollte nur noch in Gegenwart seines Anwalts reden. Das übliche Spiel. Na, soll sich der Staatsanwalt damit

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