Fehltritt Im Siebengebirge
Flotte.
Der Pilot legte den Knüppel nach rechts. Die B 42 am Rheinufer nach Süden war verstopft. Dann Königswinter – eine Zahnradbahn zockelte zum Drachenfels hinauf. Hinter den Felsen über Rhöndorf ein kurzer Blick auf Adenauers Haus am Hang. Der Arbeitspavillon und die ehemalige Boccia-Bahn lagen im Sonnenlicht.
Eine weite Linkskurve über das Siebengebirge und in Höhe des Großen Ölbergs ein Blick auf die Autobahn nach Frankfurt. – Doch das Fluchtfahrzeug war nicht zu sehen. Aus der Sicht von oben rollte die Landschaft mit ihrer Vielfalt wie ein Film vorbei.
»Beaulieu! – Beaulieu!« schrie Freiberg plötzlich. Aber es war nicht die Kameramarke, sondern ein Ort irgendwo im Argonnerwald, der sich über die Gedankenverbindung in sein Bewußtsein drängte.
»Achtung – Mikro her«, rief er. »UNI für HUMMEL vier – Kein Fluchtfahrzeug Richtung Ost oder Süd. – Achtung! Neue Erkenntnisse. Achtung! Ich führe Fahndung aus der Luft weiter. Wir nehmen Kurs West.«
Der Pilot sah ihn an und zuckte mit den Schultern.
»Erst Nordbrücke, dann volle Pulle Süd-West!« rief Freiberg ihm zu.
In der Leitstelle scheuchte die Meldung die Leute an den Funktischen hoch. Sie konnten ja nicht wissen, was Freiberg und Lupus bei der Vernehmung Guido Siemanns erfahren hatten, daß Erlenborns Ferienhaus in den Argonnen lag.
Auch CEBIs Elektronengehirn zuckte gekränkt zusammen. Dem zuständigen Leitenden blieb keine andere Wahl, als das neue Spiel freizugeben. Dieser Kripo-Mensch am Himmel brachte alles durcheinander. Nur noch der Erfolg konnte ihm recht geben.
»HUMMEL vier von UNI. – Verstanden. Kriminalhauptkommissar Freiberg führt Fahndung aus der Luft.« Damit war für alle Fälle der Name des Luftchaoten auf den Revoxbändern dokumentiert.
Am Endenicher Ei hatten auch Lupus und Peters in UNI 81/10 die Durchsage gehört. »Los, Peters – ab nach Westen. Zeig, was du kannst!« Im 1. K. hatte es sich eingebürgert, daß die Kriminalobermeister Peters oder Ahrens am Steuer saßen, wenn die 81 er Fahrzeuge unterwegs waren. Lupus fuhr ungern selbst. Bei den jüngeren Kollegen sah das anders aus.
»Wohin?«
»Go west, my boy – go Meckenheim. Wir reisen nach Frankreich«, sagte Lupus, lehnte sich im Beifahrersitz zurück und suchte summend nach der Melodie »Argonner Wald um Mitternacht«.
»UNI für HUMMEL vier«, quäkte es wieder aus der Luft. »Achtung, dringend! Autobahnkreuz Meckenheim und Ausfallstraßen dicht machen. Täter wird versuchen, nach Westen über die Grenze zu entkommen.«
»Was dieses Bürschchen von der Kripo alles von uns will«, dachte pikiert der leitende CEBI-Gehilfe. »Na, wir werden ihm beistehen.«
Die Bildschirme und Datensichtgeräte zeigten an, daß UNI 12/01 vom Schutzbereich Bad Godesberg in wenigen Minuten am Autobahnkreuz eintreffen mußte, ebenfalls der Kripowagen 81/10. EDWIN hatte die Polizei-Autobahnstation Heimerzheim alarmiert. Ihre schnellen Porsche fegten über die Piste. Auch die Koblenzer rückten an. Das Mögliche war getan.
HUMMEL 4 strich an den Stahlsaiten der »Rheinharfe« vorbei, die zwischen Siegniederung und Römerbad den Fluß überspannt. Bei dieser Flughöhe war auf der Autobahn jedes Fahrzeug zu erkennen. Aus einem Bus winkten Kinder herauf. Vom Verteilerkreis wurden die Fahrzeuge in alle Richtungen geschleudert. Wie üblich ein kleiner Rückstau im Trog am Endenicher Ei. Der Kompaß drehte auf 220 Grad.
Mit stechendem Blaulicht zog UNI 81/10 in Höhe des Wirtschaftsministeriums an einer Bundeswehrkolonne vorbei. Deutlich war zu sehen, wie Lupus durch das Fenster der Beifahrertür dem Hubschrauber mit Handzeichen zu verstehen gab, daß der Einsatz lief.
Noch immer kein roter Jaguar, aber viel weiter konnte Hartmut Erlenborn es nicht geschafft haben – wenn Freibergs Überlegungen richtig waren. Jetzt stand HUMMEL 4 schwirrend über dem Autobahnkreuz Meckenheim. Deutlich war unten die polizeiliche Absicherung zu erkennen. UNI 12/01 hatte das Kleeblatt erreicht, ebenso die Wagen aus Heimerzheim. Auf der Bundesstraße 266 von Rheinbach nach Bad Neuenahr, parallel zur Nord-Süd-Autobahnlinie, waren die nach Westen kreuzenden Straßen besetzt. HUMMEL 4 ging in Richtung Ahrtal auf Höhe, um weitere Sicht zu gewinnen. Auch hier kein Fluchtfahrzeug!
»Zurück«, sagte Freiberg über die Bordverständigung. »So weit kann der nicht sein.«
»Vielleicht ist er runter von der Autobahn«, meinte der Pilot. »Richtung Rheinbach –
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