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Fehltritt Im Siebengebirge

Titel: Fehltritt Im Siebengebirge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Zentimeter vor der wippenden Schranke zum Stehen. Die Uniformierten hingen wie die Puppen beim Crashtest in den Gurten und plumpsten auf die Sitze zurück. Ihre Köpfe prallten an die Stützen.
    Obermeister Klimzik pustete erleichtert die Luft aus den Lungen. »Verdammt, das war knapp!« Er streckte seine Beine aus und griff zum Mikrofon: »UNI für UNI elf/zweiundzwanzig – der Jaguar ist in Richtung B neun entkommen. Wir sitzen vor der Schranke fest.« Sein weiterer Kommentar, »Verdammte Scheiße«, ging im Geräusch des vorbeidonnernden Intercity-Zuges unter.
    Der Fahrer lauerte mit dem Fuß auf dem Gaspedal darauf, wieder durchstarten zu können, doch die Schranken blieben geschlossen. Ganz langsam rumpelte ein Güterzug in Richtung Bad Godesberg. Dann erst – ping – ping – ping – gaben die rotweißen Arme den Weg wieder frei.
    In der Einsatzleitstelle haute ein Beamter vor Wut mit der Hand auf den empfindlichen Funktisch. Auf dem Destillenhof von Erlenborn hatten Hauptkommissar Freiberg und Obermeister Peters das dramatische Funkhörspiel über den Lautsprecher von UNI 81/10 verfolgt. »Verfluchter Hund!« rief Freiberg. »Aber du kommst nicht weit!«
    Auch in der Hauptwache des Schutzbereichs 1 im Präsidium und in der Wache des Objektschutzdienstes gleich nebenan kam die Meldung über den Lautsprecher herein. Jeder wußte: Für den Fluchtwagen gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder auf der B 9 nach links Richtung Innenstadt und Kennedy-Brücke, oder nach rechts Richtung Bad Godesberg, mit der Auffahrt zur Konrad-Adenauer-Brücke direkt vor dem Präsidium. Hier konnte der Täter in den nächsten Sekunden auftauchen. Zwei Beamte des Objektschutzdienstes rissen die Heckler-&-Koch-Maschinenpistolen aus dem Waffenregal und sprinteten zur B 9 vor. Unter den Betonstelzen des Präsidiums hindurch zum Haupteingang rannte ein anderer. – Alle warteten!
    Hartmut Erlenborn wußte, daß er keine Chance hatte, auf der B 9 zu entkommen. Aber er kannte Bonn. – Am Bundesvermögensamt tauchte er über die Rampe in die alte Unterführung zum Trajekt – hier war früher die Eisenbahn zum Rheinufer gedampft. Jetzt war die Charles-de-Gaulle-Straße der Zubringer zur Rheinaue.
    Nach fünfhundert Metern zeigte die Ampel zur Ludwig-Erhard-Straße Grün. Noch war kein Polizei-Fahrzeug auf der Strecke zu sehen. Erlenborn atmete auf, normalisierte sein Tempo und fuhr nach Osten über die Rheinbrücke – raus aus der Rattenfalle von Straßen, Häusern, Autos und heulenden Martinshörnern.
    In der Funkleitstelle gingen die Status-Meldungen der Streifenwagen und Kräder ein: Viktoriabrücke besetzt, Bertha-von-Suttner-Platz besetzt, Kennedy-Brücke besetzt, Eisenbahnunterführung B 9 Godesberg besetzt, UNI 12/18 vom Schutzbereich Bad Godesberg als Libero auf der Mittelstraße Richtung Ludwig-Erhard-Straße, auf der rechten Rheinseite im Schutzbereich Beuel alle Ausfallstraßen nach Osten abgeriegelt. – Überall Status 4. –
     
     
    Am Blauen See ging der Tauchereinsatz ohne neue Erkenntnisse zu Ende. Die Kiste Kölsch war geleert. Kriminalobermeister Ahrens hörte die Fahndungsmeldung, als er sich beim BGS für die erfolgreiche Hilfe bedankte. Wie der Blitz sprang er zu den Uniformierten in den Streifenwagen. Presse-Mauser quetschte sich dazu. »Befehl vom Kommissar«, rief er. Niemand nahm sich die Zeit, ihn aus dem Fahrzeug zu expedieren. Nach drei oder vier Minuten meldete UNI 11/26 auch die Behelfsabfahrt der Konrad-Adenauer-Brücke am Ennert besetzt.
    CEBI, das elektronische Computergehirn in der Funkleitstelle, nahm die automatisch eingegebenen Werte in seinen Verdauungstrakt auf und rechnete mit. Ring 10 war geworfen. Das Fluchtfahrzeug mußte sich in den nächsten Minuten im Netz festfahren.
    Doch die Polizistennasen an den Standorten wurden lang und länger. Der Jaguar blieb verschwunden.
    Die Bits und Bytes im Elektronengehirn kapierten das auch und vollführten ihre Tänze, um eine neue Weg-Zeit-Berechnung zu erstellen: Ringanschlußfahndung.
    »EDWIN für UNI«, ging der Ruf an die überörtliche Leitstelle beim Regierungspräsidenten in Köln. Das CEBI-Gehirn gab seine vorliegenden Daten weiter. »EDWIN kommen mit Ring zwanzig!«
    Die Einsatzsprache war zu gestanzten Wörtern verkürzt, fast so unmenschlich wie der technische Fortschritt selbst.
    »Mit Ring zwanzig schaffen wir das vielleicht noch«, sagte Freiberg zu Peters.
    In der Minute fuhren bei Erlenborn Notarzt und Rettungstransportwagen auf den Hof.

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