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Feind aus der Vergangenheit

Feind aus der Vergangenheit

Titel: Feind aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Erinnerungen auf.

6. Phantombild
     
    Auf dem Vorplatz des Bahnhofs
lag glastiges Licht. Tim kniff die Augen zusammen. Drüben beim Parkplatz
trippelte Karin auf und ab. Sie hatte den Kopf gesenkt und sah zu Boden. Klar,
sie machte sich Sorgen.
    Tims Blick suchte das Pöbel-Pärchen.
    Leo und Valeska hatten sich in
eine Ecke verzogen.
    Die Bunthaarige saß auf dem
gepflasterten Boden — beide schienen diese Unterlage zu bevorzugen — und hatte
Leos Kopf — der Typ lag rücklings mit ausgestreckten Beinen — auf ihren Schoß
gebettet.
    Tim trat zu ihnen. Leo stöhnte
und hatte einen blöden Ausdruck in den Augen, die er rasch schloß bei Tims
Anblick.
    Valeska lächelte wieder.
    „Hallo!“ sagte der
TKKG-Häuptling. „Wie geht’s ihm? Schlecht? Tut mir leid. Ist aber ganz seine
Schuld. Doch deshalb keine Feindschaft, ja? Schwamm drüber und das Tuch des
Vergessens. Ich bin Tim.“
    „Ich bin Valeska. Das ist Leo.“
    „Ich brauche eure Hilfe.“
    „Von mir“, knurrte Leo,
„kriegst du nichts. Schläger! Brutalo! Mistkerl!“
    „Möglicherweise wurde meine
Mutter gekidnappt“, fuhr Tim fort, unbeirrt. „Etwa vor einer halben Stunde.
Hier. Sie verließ die Halle, und ein teigiger Typ war ihr dicht auf den Fersen.
Vielleicht habt ihr gesehen, was dann geschah — drüben beim Parkplatz. Meine
Mutter ist 38, schlank, 170 cm groß, braunhaarig. Sie trug ein Herbstkostüm in
Beige und Dunkelrot.“
    „Wehe!“ knurrte Leo, „wenn du
was sagst.“
    „Die haben wir gesehen“, sagte
Valeska.
    „Du sollst nichts sagen.“ Leo
schlug ihr aufs Knie, wozu er nur den Arm heben mußte.
    „Hör auf!“ Valeska versetzte
ihm eine Kopfnuß, wandte sich dann wieder an Tim. „Mir fiel sie auf, deine
Mutter. Und dieser Fettsack, der ihr nachstieg. Ich dachte noch: bei der holt
er sich ‘ne Abfuhr. Aber sie sind zusammen in den kleinen, italienischen Wagen
eingestiegen. Komischerweise setzte sie sich hinten rein. Er, der Typ, fuhr.“
    Er hat Mutti gezwungen, dachte
Tim. Also doch! Entführt! Gekidnappt! Verdammt! Wer ist der Teigige? Ein
Komplice von Geiergesicht? Wahrscheinlich!
    „Ich danke euch!“ sagte Tim.
    „Nichts zu danken“, grölte Leo.
„War uns ein Vergnügen.“
    Tim lief in die Halle zurück.
    Jetzt, dachte er, brauche ich
einen Zeugen für die Polizei. Jemanden, der den Teigigen genau beschreiben
kann. Vielleicht ist der in der Verbrecherkartei, und die Fahndung kann sofort
anlaufen. Der Bettler hilft da bestimmt. Der...
    Er verharrte im Schritt.
    Dort, wo der Bettler gestanden
hatte, war niemand mehr.
    Tim sah sich um, rannte kreuz
und quer durch den Bahnhof, ließ keine Ecke aus, keinen Nebeneingang — aber ohne
Erfolg.
    Der Bettler war verschwunden.
    Tim rannte zurück zum
Haupteingang. Dort kam ihm Karin entgegen.
    „Ich erkläre es dir gleich“,
sagte er rasch und zog sie mit sich.
    Valeska und Leo? Gott sei Dank!
Sie waren noch da — dort in der Ecke, saßen auf dem Steinboden, jetzt
nebeneinander, und sahen trübsinnig aus. Tim stürmte zu ihnen.
    „Ich brauche eure Hilfe noch
mal. Ihr müßt mitkommen zur Gendarmerie. Und den teigigen Typ beschreiben —
beziehungsweise nach ihm suchen in der Ganoven-Kartei. Aus dieser Pflicht kann
ich euch nicht entlassen.“
    „Mache ich nicht“, sagte Leo.
„Und du“, er sah seine Braut an, „machst es auch nicht.“
    „Wir nehmen ein Taxi“, sagte
Tim zu der bunthaarigen Tussi, „auf meine Kosten natürlich. In einer Stunde
bist du wieder hier.“
    „Sie bleibt.“ Leo packte
Valeska am Arm.
    „Wenn du versuchst, sie am
Mitkommen zu hindern“, sagte Tim, „prügele ich dir die Eingeweide raus. Also
halt endlich den Sabbel!“
     
    *
     
    Das Gendarmeriebüro war groß
und hell. Breite Fenster ließen Sonnenlicht herein.
    Tim saß auf einem Stuhl an der
Wand — Karin neben ihm. Sie war totenbleich, wußte nun, was Tim vermutete — und
was wahrscheinlich der Wirklichkeit entsprach: Susanne war entführt worden von
dem teigigen Kerl, dem mutmaßlichen Komplicen des Bankräubers Geiergesicht.
    Valeska, die sehr bereitwillig
war zur Zusammenarbeit, hatte ungezählte Fotos aus der Ganovenkartei angesehen:
die Fotos von Vorbestraften.
    Den Teigigen hatte sie nicht
gefunden. Jetzt gab es nur noch eine Möglichkeit, wie Inspektor Havliczek sagte:
ein Phantombild mußte angefertigt werden. Diesmal vom mutmaßlichen Komplicen
des Bankräubers.
    Der Zeichner hieß Haruschner.
Er gehörte zur Kripo. Tim hatte nicht mitgekriegt, welchen

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