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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Blicke tauschen. Sie waren zu jung, um Stepkynes Bosheit ganz zu verstehen. Doch sie schämten sich seinetwegen, und das war schlimmer.
    Aber Bolitho ging es nur um seinen Bruder. Er bemerkte ein kurzes Aufblitzen von Zorn in seinen Au gen, ein trotziges Heben seines Kinns, aber dann antwortete er ruhig: »Sie haben völlig recht, Sir, davon verstehe ich nichts.«
    Stepkynes Ärger verwandelte sich in Sarkasmus. »Dann bin ich ja beruhigt. Wir können doch nicht zulassen, daß unsere Leute ihre Stellung vergessen, nicht wahr?«
    Bolitho trat aus dem Schatten hervor, seine Beine trugen ihn einfach vorwärts, bevor er wußte, was er tat.
    »Mr. Stepkyne, auch ich wäre beruhigt, wenn Sie sich an Ihre Aufgaben hielten. Die Unterrichtsstunde ist beendet!«
    Stepkyne schluckte heftig. »Ich wollte nur sichergehen, daß sie ihre Zeit nicht verschwenden, Sir.«
    Bolitho sah ihn kühl an. »Mir scheint es eher, als verschwendeten Sie Ihre Zeit, um sich einen Scherz zu erlauben. In Zukunft wüßte ich es gern, wenn Sie Zeit übrig und nichts Besseres zu tun haben. Bestimmt kann ich Ihre Fähigkeiten dann für dankbarere Aufgaben nutzen.«
    Er drehte sich um und ging zur Hüttenleiter zurück; bei jedem Schritt fühlte er, wie sein Herz heftig schlug. In all den Jahren auf See hatte er – soweit er sich erinnerte – noch nie einen Offizier vor seinen Untergebenen abgekanzelt. Er verachtete jene, die das regelmäßig taten, ebenso wie er ihnen mißtraute. Aber Stepkyne war ein Grobian und verstand – wie die meisten dieses Typs – nur den gleichen Ton. Trotzdem fühlte er sich in seiner Rolle unbehaglich und war wie die Midshipmen eher beschämt als befriedigt.
    Er begann, auf der Luvseite auf und ab zu marschieren, ohne auf die Sonnenhitze oder die Blicke der Wachhabenden zu achten. Mit dem Versuch, seinem Bruder zu helfen, mochte er gerade das Gegenteil erreicht haben. Wenn Stepkyne sich von seiner Überraschung und seinem Zorn erholt hatte, würde er nach einer Erklärung für das sonderbare Verhalten seines Kommandanten suchen, und dann… Bolitho blieb plötzlich stehen und schaute nach oben, von wo der Ausguck herunterrief: »An Deck! Segel voraus in Luv!«
    Er griff sich ein Teleskop und kletterte in die Besanwanten. Einen Augenblick dachte er, der Ausguck habe die kleine Korvette
Dasher
für ein fremdes Schiff angesehen, aber ein schneller Rundblick belehrte ihn eines besseren. Querab an Backbord und weit weg, die Bramsegel kaum über dem diesigen Horizont, sah er die Korvette auf ihrem befohlenen Platz.
    Er wartete, bis die
Hyperion
aus einem langen Wellental auftauchte, und richtete sein Glas dann über den Bug nach vorn. Durch die eigene Takelage hindurch und über das farbenprächtige Heck der
Telamon
an der Spitze entdeckte er einen schwachen Schatten unter dem hellen Himmel. Das mußte ein auf sie zulaufendes Schiff sein.
    Es kam platt vor dem Wind und unter allen Segeln, die es besaß, auf sie zu und gewann unheimlich schnell an Gestalt.
    »An Deck! Es ist eine Fregatte, eine englische, dem Aussehen nach!«
    Bolitho kletterte aufs Achterdeck hinunter und übergab das Teleskop dem Midshipman der Wache.
    Inch kam – noch kauend – aus der Messe hoch.
    Bolitho befahl kurz: »Rufen Sie ›Alle Mann‹, Mr. Inch, und treffen Sie Vorbereitungen zum Segelbergen. Die Fregatte hält genau auf uns zu und hat es offenbar eilig, uns etwas mitzuteilen.«
    Er hörte die Bootsmannsmaatenpfeifen durch die Decks zwi tschern und unmittelbar darauf das Getrappel von Füßen. Aus Niedergängen und Luken strömten die Matrosen hervor, die Augen in der plötzlichen Helle zugekniffen, und stürzten auf ihre Stationen.
    Midshipman Carlyon stand – sich seiner Würde als Verantwortlicher für den Signalverkehr bewußt – mit seinen Signalgasten an den Leinen, während ein erfahrener Unteroffizier mit einem Fernglas im Besanwant hing, die Beine um die Webeleinen geschlungen und so die heftigen Bewegungen des Schiffes ausgleichend.
    Bolitho nahm das Glas noch einmal vors Auge und musterte die sich schnell nähernde Fregatte, die gischtübersprüht Anstalten zum In-den-Wind-Schießen machte, während an ihrer Rah schon die Signalflaggen emporstiegen.
    Ruhig sagte er: »Kapitän Farquhar ist also zum Geschwader zurückgekehrt.«
    Inch wollte gerade etwas dazu äußern, als Carlyon rief:
»Spartan
an
Telamon:
Habe dringende Nachrichten für den Kommodore.«
    Er sprang förmlich herum, als Inch bellte: »Passen Sie gefälligst auf das

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