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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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er nicht bereit war, Pelham-Martin zu beschuldigen oder eine Handlung anzuprangern, die jener immer noch für richtig hielt.
    Cavendish seufzte. »Damit ist alles gesagt, was dazu zu sagen war.« Er wendete scharf den Kopf und fixierte Pelham-Martin.
    »Wünschen Sie, noch eine Erklärung abzugeben?«
    »Kapitän Bolitho war aus meinem Befehlsbereich abkommandiert, Sir.« Der Kommodore sprach schnell; in dem grellen Licht, daß durch die Heckfenster fiel, glänzte sein schweißbedecktes, rundes Gesicht. »Doch ich bin überzeugt… Das heißt, ich meine, daß er unter den herrschenden Umständen so handelte, wie er es für richtig hielt.«
    Cavendish sah seinen Flaggleutnant an. Es war nur ein kurzer Blick, aber Bolitho glaubte, darin Verachtung aufleuchten zu sehen. Dann begann er: »Ich habe Ihrem Kommodore bereits gesagt, was ich beabsichtige. Aber da Sie unmittelbar betroffen sind, will ich Sie über den Kern meiner Entschlüsse unterrichten.« Er blätterte in den Papieren vor sich und fügte knapp hinzu: »Vier Schiffe sind vor Lorient meinem Geschwader entkommen, wie Ihnen zweifellos bekannt ist. Nun können weitere unserer Wachsamkeit entgangen sein. Glauben Sie, daß zwischen ihnen kein Zusammenhang besteht?« Er klopfte mit seiner kleinen, welken Hand auf die Papiere. »Ich habe jede verfügbare Fregatte alarmiert, jeden denkbaren Informanten befragt, doch nirgends war auch nur eine Spur von diesen Schiffen zu entdecken.« Er schlug mit beiden Händen flach auf die Tischplatte. »Keine einzige Spur!«
    Bolitho verhielt sich abwartend. Es war schwer zu erraten, wohin das führen sollte. Wollte Cavendish die ganze Schuld Pelham-Martin zuschieben – und damit auch ihm?
    Schroff sprach der Admiral weiter. »Sagen Sie, Bolitho, haben Sie in den Tagen, die seit dem Debakel verstrichen sind, darüber nachgedacht, was den französischen Admiral zu dieser Brutalität veranlaßt haben kann?«
    Bolitho antwortete: »Er hätte den Kampf mit meinem Schiff aufnehmen können. Wir hätten uns tapfer geschlagen, aber der Ausgang wäre unvermeidlich gewesen. Es stand vier gegen eins, und der größte Teil meiner Besatzung hatte keinerlei Gefechtserfahrung.«
    Cavendish nickte ungeduldig mit dem grauen Kopf. »Schon gut, erzählen Sie mir keine langen Geschichten, sondern sagen Sie mir, was Sie denken, verdammt noch mal.«
    »Eine Niederlage konnte er nicht befürchten, Sir.« Bolitho holte tief Luft. »Deshalb muß er sich vor Beschädigungen der Takelage gefürchtet haben.« Er blickte dem Admiral fest in die Augen. »Ich glaube, daß er zu einer weiten Reise auslaufen wollte, nicht nur zu einem raschen Überfall.«
    Cavendish sah ihn mit funkelnden Augen an. »Danke. Die einzig nützliche Information, die wir aus der ganzen Sache gewonnen haben, ist der Name des französischen Admirals. Lequiller ist kein einfältiger Bauerntölpel, den die Revolution nach oben geschwemmt hatte. Er hat sich in vielen Einsätzen hervorragend geschlagen. In Westindien befehligte er eine Fregatte und hat oft gegen uns gekämpft.« Er heftete den Blick auf Bolitho. »Lequiller hat bei der Aufstellung und Ausbildung der amerikanischen Kaperschiffer mitgewirkt, von denen wenigstens Sie wissen werden, wie erfolgreich sie gegen uns gekämpft haben.«
    Bolitho fühlte sich benommen. Noch immer waren Disziplinarmaßnahmen mit keinem Wort erwähnt worden, und Pelham-Martin war deutlich anzusehen, daß Cavendishs scharfe Zunge ihn nicht geschont hatte.
    Cavendish sagte: »Früher einmal genügte es, eine Flagge zu sehen, um einen Feind zu erkennen. Doch jetzt haben wir eine neue Form des Kriegs, und wir müssen uns den neuen Methoden anpassen. Jetzt müssen wir den Mann unter der Flagge kennenlernen, sein Herkommen und seine Motive studieren, wenn wir überleben wollen, und erst recht, wenn wir einen Sieg erringen wollen, der Bestand hat. Admiral de Villaret Joyeuse befehligt die französische Flotte in Brest. Schon jetzt mustert er Schiffe und Mannschaften für einen endgültigen Vorstoß an, um unsere Flotte und unser Land zu unterwerfen. Er ist ein engagierter und intelligenter Mann, und wenn er diesem Lequiller eine besondere Aufgabe anvertraut hat, dann muß sie von einiger Bedeutung und Lequiller ihr gewachsen sein.«
    Bolitho mußte plötzlich an die Kanonenschüsse denken, an die Männer, die vor seinen Augen wie Verbrecher am Galgen gestorben waren.
    Cavendish musterte ihn leidenschaftslos. »Vielleicht bedient sich auch Lequiller neuer

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