Feind in Sicht
Methoden.« In plötzlicher Ungeduld hob er die Schultern. »Aber wichtiger sind mir seine Absichten. Ich vermute, daß er sich inzwischen mit den anderen Schiffen vereinigt hat und über den Atlantik nach Westen segelt. Das wäre die einzige Erklärung, weshalb meine Patrouillen ihn nicht gesichtet haben.«
»In die Karibik?« warf Bolitho ein.
»Das halte ich für sein wahrscheinlichstes Ziel.« Der Vizeadmiral wandte sich Pelham-Martin zu. »Und was ist Ihre Ansicht, falls Sie eine haben?«
Pelham-Martin schreckte mit einem Ruck aus seinen Gedanken auf. »Vielleicht will er die Inseln angreifen, die Sir John Jarvis den Franzosen abgenommen hat, Sir.« Unter Cavendishs scharfem Blick schlug er die Augen nieder.
»Um das zu schaffen, müßte er eine dreimal so starke Streitmacht haben.« Cavendish lehnte sich zurück und schloß die Augen.
»Während der Amerikanischen Revolution wurde Lequiller oft in der südlichen Karibik gesichtet. Er wird seine Zeit genutzt haben, um sich dort Freunde zu erwerben und Dinge zu erfahren, die ihm später von Nutzen sein könnten.«
Bolitho sagte langsam: »Die meisten Inseln sind entweder spanisch oder niederländisch, Sir. Selbstverständlich sind beide Länder unsere Verbündeten, aber in einem Krieg wie dem gegenwärtigen gehört nicht viel dazu, um die Seiten zu wechseln.«
Cavendish öffnete die Augen wieder und sah ihn düster an.
»Richtig. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß die Niederländer noch auf unserer Seite bleiben, wenn ihre Heimat von unserem gemeinsamen Feind endgültig überrannt ist.« Er hob die Schultern.
»Und was die Spanier angeht, nun, sie sind eine geringe Hilfe für unsere Sache. Vielleicht grämen sie sich immer noch um Gibraltar oder träumen von vergangenem Ruhm.«
»Dann würde ich meinen, Sir, daß Lequiller ein anderes Ziel verfolgt.« Bolitho versuchte, sich die weitverstreute Inselkette vor Augen zu halten, die sich vor der Landmasse Südamerikas erstreckte. Es war beinahe, als denke er laut. »Wenn Spanien unser Alliierter bleiben soll, muß es reich bleiben. Und ein großer Teil seines Reichtums kommt aus Amerika. Ein Gold- und Silbertransport reicht aus, um das Land ein Jahr lang zu unterhalten, vielleicht länger.«
Cavendishs kalte Augen funkelten. »Genau das! Aber wenn der Transport in feindliche Hände fiele, wäre er mehr wert als zehn Regimenter, wie Lequiller besser wissen muß als die meisten.«
Pelham-Martin räusperte sich unsicher. »Es kann Monate dauern, bis man Lequiller findet und zum Kampf stellt, Sir…«
Er kam nicht weiter. Diesmal schien Cavendish nicht mehr in der Lage zu sein, seine Abneigung vor seinen Untergebenen zu verbergen.
»Sehen Sie denn niemals über die Grenzen Ihres Achterdecks hinaus? Wenn Lequiller die spanischen und niederländischen Handels- und Nachschubrouten blockiert, werden viele darin ein Signal für die Zukunft sehen. Gott weiß es, unsere Kräfte sind jetzt schon weit genug verzettelt. Wie lange, meinen Sie, werden wir unsere Vormachtstellung auf den Meeren halten können, wenn die ganze Welt gegen uns ist?«
Der Ärger schien ihn zu ermüden, und er fügte erschöpft hinzu: »Ihr Schiff ist das schnellste, das zur Verfügung steht, Bolitho, bis die anderen von der Überholung zurückkehren. Ich habe Ihrem Kommodore schon gesagt, daß er sofort auf die
Hyperion
umsteigen soll. Zusammen mit den beiden Fregatten werden Sie mit höchster Geschwindigkeit in die Karibik segeln.
Indomitable
und
Hermes
werden Ihnen mit den Schaluppen folgen, aber ich will, daß Sie so schnell wie möglich dort sind. Ist das klar?«
Pelham-Martin stemmte sich von seinem Sessel hoch. »Ich möchte zurück auf mein Schiff, Sir. Ich habe eine Menge zu ordnen.«
Cavendish blieb sitzen. »Die französische Flotte wird bald auslaufen, und ich kann Ihnen keine weitere Fregatte überlassen.« In schärferem Ton fügte er hinzu: »Aus dem gleichen Grund kann ich auch nicht persönlich mit Ihnen kommen. Ich wünsche, daß Lequiller gestellt und seine Schiffe erobert oder vernichtet werden. Meine schriftlichen Befehle schicke ich in einer Stunde auf die
Hyperion
; Sie müssen bis dahin klar zum Aufbruch sein. Zuerst werden Sie die niederländische Insel St. Kruis anlaufen. Sie hat einen guten Hafen und liegt so günstig, daß Sie von dort aus die benachbarten Inseln überwachen können. Sie ist weniger als hundert Meilen vom Festland und von Caracas entfernt, wo der größte Teil des Silbers und des Goldes nach
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