Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
abgesehen, sind dies die einzigen Offiziere, die nicht tot oder verwundet sind.«
    Bolitho erwiderte: »Ich möchte Winstanley sehen.« Er ging zur Tür, dann blieb er stehen, als er bemerkte, daß Pelham-Martin sich nicht gerührt hatte. »Kommen Sie mit, Sir?«
    Der Kommodore blickte vor sich auf die Karte nieder und strich ziellos mit dem Finger darüber hin. »Später vielleicht.«
    Bolitho winkte die beiden Offiziere nach draußen. »Warten Sie vor der Tür.«
    Der Hauptmann der Marinesoldaten schien protestieren zu wollen, aber dann bemerkte er Bolithos Augen.
    Nachdem die Tür sich hinter den beiden geschlossen hatte, sagte Bolitho ruhig: »Ich denke, daß Sie mitkommen sollten, Sir.« Er spürte den Zorn wie Feuer in sich aufflackern. »Das ist das wenigste, was Sie für ihn tun können.«
    Pelham-Martin fuhr vom Tisch zurück, als ob ihn ein Schlag getroffen hätte. »Wie können Sie es wagen, so mit mir zu sprechen.«
    »Was Sie getan haben, gibt mir das Recht dazu.« Bolitho merkte, daß er seine Worte nicht mehr kontrollieren konnte. Er wollte es auch nicht. »Sie haben die Ehre, das Kommando über diese Schiffe und diese Männer zu führen. Damit tragen Sie auch die Verantwortung. Sie haben jedoch beides fortgeworfen, ohne mehr Gedanken darauf zu verwenden als ein blinder Narr.«
    »Ich warne Sie, Bolitho!« Pelham-Martins Hände öffneten und schlossen sich wie zwei Klauen. »Ich bringe Sie vor ein Kriegsgericht. Ich werde nicht ruhen, bis Ihr Name ebenso mit Schande beladen ist wie der Ihres Bruders.« Er wurde blaß, als Bolitho einen Schritt auf ihn zutrat. »Es war eine Falle. Ich hatte nicht erwartet…«
    Bolitho krampfte die Hände hinter seinem Rücken ineinander, nahm die Worte des Kommodore auf, wußte, daß sie die letzte verzweifelte Verteidigung dieses Mannes waren.
    Er sagte: »Vielleicht kommt es zur Verhandlung vor einem Kriegsgericht, Sir. Aber wir wissen beide, wem sie gelten wird.« Er sah, daß seine Worte getroffen hatten, und fügte langsamer hinzu: »Mir ist es so oder so gleichgültig, aber ich werde nicht untätig danebenstehen und zusehen, wie unsere Leute verunglimpft und unsere Sache entehrt wird. Nicht durch Sie, und nicht durch sonst jemanden, der mehr an seinen persönlichen Vorteil als an seine Pflicht denkt.«
    Ohne ein weiteres Wort stieß er die Tü r auf und ging schnell über das in der Sonne liegende Achterdeck. Jeden Augenblick erwartete er, daß Pelham-Martin nach dem Hauptmann der Marinesoldaten rufen und ihn unter Arrest stellen würde; falls das geschah, wußte er nicht, wozu sein Zorn und seine Verachtung ihn noch verleiten mochten.
    Er konnte sich nicht erinnern, wie er den Weg zum Orlopdeck hinuntergefunden hatte, und er registrierte nur vage Bilder von Männern, die mit Reparaturarbeiten beschäftigt waren, die Gesichter und Körper noch vom Pulverqualm geschwärzt, mit starren und wilden Augen.
    Das Orlopdeck lag im Dunkeln, abgesehen von den schwankenden Laternen unter der Decke, die alle über dem zentralen Punkt aufgehängt waren, an dem Todeskampf und Horror herrschten. Ringsum an den bauchigen Wänden des Rumpfes warteten zuckende und schluchzende Verwundete, deren Gesichter und zerschmetterte Gliedmaßen im Lampenlicht kurz sichtbar wurden, ehe das Schiff sich auf die andere Seite legte und sie wieder in barmherzigem Schatten verschwinden ließ.
    Kapitän Winstanley lag gegen einen der massiven Spanten gelehnt. Sein eines Auge war von einem dicken Verband bedeckt, in dessen Mitte ein roter Fleck leuchtete. Er war bis zu den Hüften nackt, den Unterkörper nur mit einem Stück Leinwand bedeckt. Sein gebogener Säbel, den er während des Kampfes getragen hatte, lag neben ihm.
    Bolitho ließ sich auf ein Knie nieder, sah den Schweiß, der Winstanley über die breite Brust rann, sein langsames, mühsames Atmen, das mehr als genug verriet.
    Behutsam ergriff er die Hand des verwundeten Kapitäns. Die Finger waren kalt wie Eis. »Hier bin ich, Winstanley.« Er sah, daß das nicht bedeckte Auge sich ihm zuwendete, dann das Erkennen, das so langsam kam wie der Atem des Mannes.
    Die Finger bewegten sich etwas. »Sie wollte ich sehen.« Er schloß das Auge und verzerrte in plötzlichem Schmerz das Gesicht. Dann fügte er mit schwacher Stimme hinzu: »Ich – ich wollte Pelham-Martin sagen… wollte ihm sagen…« Das Auge wich von Bolitho ab und richtete sich auf einen dünnen Mann in langer, blutbefleckter Schürze. Der Arzt der
Indomitable
nickte kurz und

Weitere Kostenlose Bücher