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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ging zu den Laternen zurück, wo seine Gehilfen einen schlaffen Körper vom Operationstisch zogen. Winstanleys Mund versuchte zu lächeln. »Mr. Tree ist ungeduldig, Bolitho. Aber an mir verschwendet er nur seine Zeit.« Er rollte den Kopf, um sich im Orlopdeck umzusehen. »Er soll sich um diese armen Kerle hier kümmern. Mit mir ist es vorbei.« Dann schlossen sich seine Finger wie eine stählerne Falle um Bolithos Hand. »Lassen Sie nicht zu, daß er Schande über mein Schiff bringt! Im Namen Christi, dulden Sie das nicht.« Das Auge war auf Bolithos Gesicht gerichtet, forderte eine Antwort.
    Nahebei wich ein junger Midshipman mit vor Angst geweiteten Augen gegen die Bordwand zurück, als ein Lazarettmaat sagte: »Der ist der nächste. Sein Arm muß abgenommen werden.« Der Junge wälzte sich auf die Seite, wehrte sich weinend gegen die Gehilfen, die aus dem Dunkel auftauchten.
    Winstanley keuchte: »Sei tapfer, Junge, sei tapfer!« Aber seine Worte blieben ungehört.
    Bolitho wandte sich ab, ihm war elend zumute. Er dachte an Pascoe. Was hätte geschehen können, wenn er Pelham-Martins Signal befolgt hätte, sich mit den anderen um die
Indomitable
zu scharen und auf die vollständige Vernichtung zu warten?
    Er sagte: »Ich habe einen Plan, Winstanley.« Er verschloß sein Gehör dem schrillen Aufschrei hinter seinem Rücken; er klang wie der einer gefolterten Frau. »Ich werde für Ihr Schiff tun, was ich kann.« Er versuchte zu lächeln. »Für uns alle.«
    Bolitho spürte, daß jemand seine Schulter berührte, und blickte auf. Der Arzt und seine Gehilfen standen neben ihm.
    Winstanley sagte leise: »Anscheinend kann ich nicht mehr bewegt werden, Bolitho.«
    Der Arzt brummte ungeduldig: »Tut mir leid, Captain Bolitho, aber Sie müssen jetzt gehen.«
    Bolitho zuckte zusammen, als das Stück Leinwand weggezogen wurde. Selbst Winstanleys Verband konnte den entsetzlichen Anblick seines Beins und seiner Hüfte nicht verdecken. Mühsam sagte er: »Ich kann nicht warten, Winstanley. Ich besuche Sie später, um Ihnen meinen Plan zu erläutern, ja?«
    Winstanley nickte und ließ die Hand sinken. Er wußte so gut wie Bolitho, daß es für sie auf Erden kein Wiedersehen geben würde. Und etwas in seinem einzigen Auge schien Bolitho zu danken, der in den Schatten zurücktrat. Zu danken für das Versprechen eines Plans, von dem Bolitho selbst noch keine Vorstellung hatte. Und dafür, daß er nicht blieb, um Zeuge des letzten Elends und der Erniedrigung unter dem Messer zu werden, das schon im Licht der Laternen glänzte.
    Auf dem Achterdeck brannte die Sonne heißer und heller als je, aber die Übelkeit in Bolithos Magen blieb unverändert, und er fühlte sich so kalt wie Winstanleys Hand.
    Manche Seeleute beobachteten ihn, als er vorbeiging. Ihr Ausdruck war beherrscht, aber in gewisser Weise wehrlos. Sie hatten ihren Kommandanten geliebt und ihm gut gedient. Dagegen war Bolitho ein Fremder.
    In der Achterkajüte fand er Fitzmaurice und Mulder, die mit dem Kommodore warteten. Ihre Gesichter waren zur Tür gerichtet, als ob sie die schon seit einiger Zeit beobachteten.
    Bolitho sagte ruhig: »Ich bin bereit, Sir.«
    Pelham-Martin sah sie der Reihe nach an. »Dann, glaube ich, sollten wir darüber diskutieren…«
    Er blickte auf, als Fitzmaurice ihn schroff unterbrach: »Irgendwo auf See lauern die anderen Schiffe von Lequiller, während wir hier herumstehen und reden. Wir können Las Mercedes nicht verlassen, ohne die zu zerstören, gegen die wir gerade gekämpft haben.« Er sah den Kommodore unbewegt an. »Doch wenn wir wieder angreifen, steht uns der gleiche Rückschlag bevor, da sich das Kräfteverhältnis zu unseren Ungunsten verschoben hat.«
    Der Kommodore betupfte sich automatisch die Stirn. »Wir haben es versucht, meine Herren. Und ich kann nicht sagen, daß wir unser Bestes geboten haben.«
    Bolitho zerrte an seinem Halstuch. Diese Worte und die Hitze in der Kajüte machten ihn schwindlig. Er sagte: »Es gibt noch eine Möglichkeit, den Feind zu überraschen.« Er beobachtete Pelham Martins Gesicht, der seine Verwirrung zu verbergen suchte. »Die Zeit arbeitet nicht für uns, und dieser Plan, jeder Plan, kann sich als besser erweisen als die völlige Niederlage.«
    Die anderen sahen ihn aufmerksam an, aber er wandte den Blick nicht vom Gesicht des Kommodore. Es war, als ob zwischen ihnen ein Seil gespannt wäre, und auch nur ein Anzeichen des Zögerns oder der Unsicherheit konnte allem ein Ende machen.
    Wie von

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