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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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hielt seinen Blick weiter auf
Keratron. Nur die Arme hatte er inzwischen gesenkt.
    »Ergebe dich! Ich sage es kein drittes Mal!«
    Mit der Schnelligkeit einer Viper stieß Gerrior sein Schwert empor.
Niemand konnte wissen, ob es Talent, lange Übung oder Glück war, aber er fand
genau die Stelle am Unterbauch, wo sich zwischen den Segmenten der Rüstung eine
Lücke öffnete, da Keratron mit seiner Waffe über dem Kopf ausholte und deswegen
den Leib streckte. Tief drang die Klinge ein. Erst als sie von innen auf das
Metall der Rumpfpanzerung traf, kam sie zum Halten.
    Keratrons Faust ließ das Schwert fallen. Einen Augenblick stand er
unbewegt, dann krachte er in die Knie und fiel mit lautem Scheppern um. Das
Schwert stak noch in seinem Körper, Gerrior hatte den Griff nicht länger halten
können.
    »Meister!« Er sah zu dem knochenfarbenen Gesicht des Osadro hoch,
der ihn ebenso wenig beachtete wie die alte Frau, die versuchte, aus dem
Zauberkreis herauszukriechen. Der Untote sah nun die beiden verbliebenen
Mondschwerter an. »Rettet mich!«, flehte Gerrior.
    »Dich retten?«, hauchte der Osadro. »Ich fürchte, die Ungastlichkeit
in deinem Haus nötigt mich, für mich selbst Sorge zu tragen.«
    Während Gerrior die Kräfte verließen, wurde die Gestalt des
Schattenherrn merkwürdig undeutlich.
    »Nein!«, rief Helions Kamerad und stürmte vor. »Er nimmt Nebelform
an!«
    In der Tat verwischten die scharfen Konturen von Gesicht und Händen.
    Als der Paladin über Gerrior hinwegsetzen wollte, griff der am Boden
Liegende nach seinem Schienbein. Der Ordensbruder strauchelte.
    Binnen eines Wimpernschlags wechselte der Schattenherr wieder zu
fester Gestalt. »Du bist mir lästig!«, rief er. Er riss die Linke mit
gespreizten Krallen voran nach oben. Dem Geräusch nach, mit dem sie gegen den
Helm krachten, mussten sie metallisch hart sein. Die Kraft des Osadro überstieg
Helions Befürchtungen. Äußerlich war er ein vielleicht dreißigjähriger Mann,
nicht besonders muskulös. Abgesehen von den Krallen und der Hautfarbe hätte er
ein Günstling an einem beliebigen Fürstenhof Ilyjias sein können.
    Sein Schlag hob den Ritter nicht nur von den Füßen, er schleuderte
ihn in voller Rüstung quer durch den Raum, bis er scheppernd gegen die
gegenüberliegende Wand krachte. Unnatürlich verdreht blieb er liegen.
    »Und nun«, wieder verwischte die Gestalt des Schattenherrn, »gehabt
Euch wohl!«
    Der Kopf wurde zu einem Nebel, als betrachtete man ihn durch eine
trübe Scheibe. Auch die Hände verloren ihre klar umgrenzte Form. Es war nicht
nur eine Sinnestäuschung, wie die Kleidung des Osadro bezeugte, die offenbar
weniger Halt hatte als zuvor. Sie begann kraus zu werden, in sich
zusammenzufallen, wie ein Kornsack, dessen Inhalt verfaulte, nur ungleich
schneller.
    »Nein!«, rief Helion. »Stellt Euch und kämpft!« Er rammte das
Schwert in den Holzboden, um eine Hand für das Tongefäß freizubekommen, das er
von Keratron erhalten hatte. Hastig, während der Schattenherr sich weiter
auflöste, nestelte er das Lederband los. Er hatte keine Zeit, um gründlich zu
zielen, aber sein Gegner war auch nur wenige Schritt entfernt. Zudem wusste
Helion, wie man mit einer Schleuder Jagd auf Vögel und Kaninchen machte.
    Das Wurfgeschoss zerbarst auf der Brust des Osadro. Die Splitter
flogen mit viel mehr Wucht auseinander, als Helion vermutet hätte. Hagelgleich
prasselten einige von ihnen auf seine Rüstung. Noch merkwürdiger war, wie sich der
Inhalt des Gefäßes verhielt. Eine perfekte Kugel silbrig glitzernden Staubs von
gut einem Schritt Durchmesser formte sich. In ihrem Zentrum schrie der Osadro
gequält auf. Ein Laut, den eine menschliche Kehle nicht hätte hervorbringen
können. Der Verwandlung schien Einhalt geboten, die Gestalt wurde wieder
fester.
    Aber das würde nicht ewig so bleiben. Helion musste zu Ende bringen,
was seine Kameraden begonnen hatten. Er riss das Schwert aus dem Boden. Er
wollte den Fehler seines Vorgängers nicht wiederholen, daher ging er um Gerrior
herum, obwohl dieser inzwischen unbewegt lag. Den tropfenförmigen Schild mit
dem strahlend roten Baum voran drang er vor, das Schwert legte er auf die
Oberkante, wie Turnierritter es mit ihren Lanzen machten. Sein Arm schmerzte,
der Schlag, den er während des Zeremonialkampfes mit Narron eingesteckt hatte,
wirkte nach. Er legte sein Gewicht in den Angriff, um jeden Widerstand zu
brechen. Helion hatte die Kraft seines Gegners gesehen.
    Die Augen des Osadro

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