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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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den beiden lagen glänzend brünette Locken.
Aus ihrem beinahe zahnlosen Mund kamen Laute, die sich nicht eindeutig dem
Schmerz oder der Lust zuordnen ließen.
    Nicht nur Helion war von diesem Anblick entsetzt. Auch Keratron und
der zweite Silberträger, dessen Name Helion unbekannt war, hielten
unwillkürlich inne.
    Dann erwachte der Schattenherr aus seiner Trance. Seine bis dahin
unbewegten Augen blinzelten, er wandte den Angreifern das Gesicht zu. »Wir
haben Besuch«, stellte er mit tonloser und doch deutlich verständlicher Stimme
fest. Er lächelte boshaft.
    Rüde warf Gerrior die Frau von sich. Ihr Schrei klang erlöst. Die
geschmeidige Bewegung, mit der der Hausherr aus dem Zauberkreis trat und sein
Schwert aus der Halterung an der Wand riss, legte Zeugnis von seiner
ritterlichen Ausbildung ab. »So dringst du in mein Haus ein, Keratron?«, rief
er. Wut sprühte aus seinen Augen.
    »So ehrst du den Eid unseres Ordens?«, spie Keratron zurück.
    »Ich kann alles erklären.«
    »Das musst du auch. Mit deinem Schwert!«
    »Wir haben Seite an Seite gekämpft! Wir hätten das Leben füreinander
gegeben!«
    Verächtlich sah Keratron zu dem Osadro hinüber, der die Finger in
einer zarten Geste bewegte, um die letzten Wolken des ätherischen Schaums zu
sich zu locken. »Du hast dich entschieden. Dein Leben gehört dir nicht mehr. Du
hast es den dunklen Meistern verkauft!«
    »Das könntest du auch. Ihr alle könntet das! Es ist ein guter
Handel! Keiner von uns braucht zu sterben!«
    »Wer ewig lebt«, Helion trat vor, »ist mein Feind!« Er schlug sein
Visier herunter.
    »Hast du Kinder des heutigen Mondes mitgebracht, Keratron? Diese
Wappen habe ich noch nie gesehen.«
    »Ihre Klingen werden mit würdigem Blut getauft, wenn ihr euch nicht
ergebt.«
    Gerrior lachte auf. »Ergeben? Damit ihr mich auf dem Tempelplatz mit
einer Silbermaske erstickt? Da musst du Besseres bieten!«
    »Ich bin nicht gekommen, um zu schachern.« Nun schloss auch Keratron
sein Visier.
    Der Schattenherr ließ sein Wispern vernehmen. »Schützt mich«,
verlangte er.
    Mit grimmigem Blick streifte Gerrior seinen Schild über und stellte
sich, ansonsten noch immer nackt, vor den lächelnden Meister, dem er seine
Seele verkauft hatte. »Du musst mich töten, wenn du ihn willst«, kündigte er
an.
    »Dann sei es so!«, hallte Keratrons Stimme aus dem Helm. Er drang
vor, mit dem Schwert weit ausholend.
    Gerrior wehrte den ersten Hieb mit dem Schild ab und führte seinerseits
einen tief angesetzten Stich. Sein Schwert glitt kreischend über den
Brustpanzer. Helion glaubte aus den Geräuschen des Metalls Protest zu hören.
Die Waffen und Schilde beider Kontrahenten leuchteten blutrot wegen der Magie
der Schatten, die den Raum füllte, aber Gerrior nutzte sein Schwert nicht, um
den Frevel an den Göttern zu rächen, sondern um ihn zu schützen.
    Helion überlegte, ob die Ehre Schaden nähme, wenn er in den
Zweikampf eingriffe. Schon jetzt war es ein ungleiches Kräftemessen, der eine
voll gepanzert, der andere beinahe schutzlos. Der zweite Silberträger schien
ähnliche Bedenken zu haben.
    Der Osadro fixierte Keratron, wie er zuvor auf das kopulierende Paar
gestarrt hatte. Der Paladin holte zu einem weiteren Hieb aus, hielt dann aber inne
und geriet ins Wanken.
    »Er greift in seinen Verstand!«, rief der Kamerad.
    Aber konnte das stimmen? Keratron war vom glutroten Mondsilber
seiner Rüstung geschützt und stand im vollen Licht Stygrons.
    Vielleicht hatte er seinen Gegner nur in Sicherheit wiegen wollen.
Tatsächlich ließ sich Gerrior zu einer gewagten Attacke verleiten, für die er
einen weiten Schritt vorwärts machen musste. Zwar konnte er einen wuchtigen
Schlag gegen Keratrons Seite anbringen, aber sein linkes Bein war nicht mehr
durch den Schild gedeckt.
    Keratrons eiserner Stiefel trat mit Wucht auf den nackten Fuß.
Deutlich hörbar brachen die Knochen.
    Gerrior schrie schmerzerfüllt und brach zusammen.
    Keratron führte einen entschlossenen Schlag von innen gegen den
Schildarm. Die Klinge zertrennte Muskeln, Sehnen, Fleisch, Elle und Speiche.
Gerriors Faust hielt den Griff noch umfasst, während der Schutz auf den Boden
krachte, als habe sie nicht begriffen, dass sie von ihrem Körper getrennt war.
    »Mein ist der Sieg! Ergebe dich meiner Gnade!«
    Gerrior war plötzlich so bleich wie sein Meister. In kräftigen
Stößen drang das Blut aus dem Stumpf. Hilfesuchend sah er zu dem Osadro hoch,
seine Augen voller Elend. Der Schattenherr jedoch

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