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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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ihn für uns alle gefangen. Nun tötet ihn für uns alle.«
    Helion zog das Mondsilberschwert und ging zu dem Osadro. Die Klinge
leuchtete schwach, beinahe golden. Kein Vergleich zu dem Blutrot, das sie im
Kampf gezeigt hatte. Er hörte ein leises Röcheln. Bei einem menschlichen
Gefangenen hätte man die Gelegenheit eingeräumt, einige letzte Worte an die
Welt zu richten, die er verlassen würde. Hier hatte das keinen Sinn. Die
Muskeln des beinahe nackten Mannes waren so angespannt, als wollten sie ihn von
innen her zerreißen.
    Helion sah ein, dass die Qualen, mit denen man in der vergangenen
Woche versucht hatte, Informationen aus dem Osadro herauszuschneiden, einem
edlen Zweck dienten. Aber er hatte keinen Gefallen daran, jemanden leiden zu
sehen. Er führte seinen waagerechten Hieb präzise und so kräftig, dass die
Klinge laut gegen den Stein der Säule schlug, nachdem sie durch den Hals
gedrungen war. Der Kopf fiel auf das Dach, rollte die leichte Schräge hinunter
und fiel über die Kante auf den Tempelplatz. Ein Raunen lief durch die Menge,
das zu einem Tosen wurde.
    Der Rumpf des Toten stand noch immer unbewegt. Helion trocknete
seine Klinge am Beinkleid des Mannes, dann steckte er sie weg und stellte sich
wieder neben Giswon.
    »Ist er wirklich tot? Ich hätte gedacht, er würde vielleicht in
Flammen aufgehen.«
    »Noch ist Leben in ihm, aber es wird nicht mehr lange bleiben. In
den nächsten Stunden wird der Tod mit aller Macht fordern, was ihm die
vergangenen Jahrzehnte verwehrten, und mehr. Bevor die Sonne den Horizont
berührt, wird nur noch Staub von ihm übrig sein.«
    »Die Menge widert mich an.« Unten wurden bereits Weinflaschen
geschwenkt.
    »Ja, Akene ist nicht der rechte Ort für Euch.«
    »Und wohin wollt Ihr mich schicken?« Helion hielt den Atem an. An die Front, dachte er. Bitte. Nach
Norden. An die Front.
    »Ihr wisst, dass seit drei Jahrzehnten Krieg um die Silberminen
geführt wird.«
    »Ja, Herr.« Sein Herz schlug schnell.
    »Derzeit stehen sich die Truppen in Milir gegenüber. Dass Ihr
dorthin müsst, steht außer Frage.«
    »Ich danke Euch, Herr.«
    »Wartet ab, was ich Euch zu sagen habe, Silberträger. Ich habe
einige Paladine, die ich in die Schlacht schicken kann, aber wenige, die
geeignet sind, ihnen vollkommen zu vertrauen. Keratron ist einer davon, aber
seine Verletzung ist zu schwer. Übermorgen schon marschiert das Heer, das wir
zur Verstärkung schicken werden.«
    »Mich hält hier nichts!«
    »Tatsächlich? Sah ich Euch nicht vertraute Blicke mit einer Adepta
tauschen?«
    »Ihr meint Ajina. Wir kennen uns erst seit einer Woche.«
    »Für Sterbliche ist jede Stunde kostbar.«
    Für die vergangene Woche galt das zweifellos. Er hatte viele Stunden
mit Ajina verbracht, bei Spaziergängen, in der Sonne am Fluss, im Tempel der
Mondmutter. Er liebte es, aus einfachen Zutaten köstliche Speisen für sie zu
bereiten. Eine ungewöhnliche Vertrautheit war zwischen ihnen gewachsen. Aber
nicht deswegen war er nach Akene gekommen. »Ich bin Mondschwert geworden, um zu
kämpfen, Herr! Ich bin bereit!«
    Giswon sah ihm in die Augen. »Bereit, mit dem Schwert für das
einzutreten, was Ihr für richtig haltet? Ja, das seid Ihr. Niemand zweifelt
daran. Aber lasst mich Euch eine Frage stellen. Kennt Ihr Ajinas Familie?«
    »Herr, ich verstehe nicht.«
    »Wisst Ihr, wer Ajinas Vater ist?«
    »Nein, Herr.«
    »Er ist Euch bekannt. Besser als den meisten anderen.«
    »Woher?«
    »Aus Treatons Erzählungen. Es ist undenkbar, dass er Modranel nie
erwähnt hat.«
    »Modranel? Der verderbte und von allen verfluchte Magier, der sein
eigenes Kind in die Schatten gab?«
    »Und den Euer Meister jagte und nicht stellen konnte. Der mit
Schattenbaron Gadior im Bunde war und daraufhin einer der mächtigsten Zauberer
der Menschheit wurde. Mit dessen Namen Mütter ihren unartigen Kindern drohen
und der als Paktierer des Bösen auf zahllosen Bildern und Wandteppichen
zwischen hier und Bron zu sehen ist. Genau der.«
    »Und Ajina soll seine Tochter sein?«
    »Sie ist sein zweites Kind.«
    »Aber was tut sie dann im Tempel der Mondmutter?«
    Giswon gönnte sich ein Lächeln. »Sie dient der Göttin als Adepta.«
    »Aber die Tochter eines Zauberers, der mit dem Feind paktiert …?«
    Giswon atmete tief durch. Sein Lächeln verschwand. »Das Leben ist
oft seltsam. Ihr versteht den Krieg nicht, den ich führe. Aber dies ist ein
Moment, wo mein Krieg und Euer Krieg in eine gemeinsame Schlacht führen. Ich
lege eine

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