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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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gekommen«, fuhr er äußerlich unbewegt fort. »Beide sind tot. Von dem Haus ist kaum etwas übrig. Es tut mir Leid.«
    Tot? Reginald tot? Das war das Einzige, woran sie nicht gedacht hatte. Sie hätte Entsetzen spüren müssen, einen tiefen Verlust, einen großen Schmerz in ihrem Inneren. Bedauern war angezeigt, aber doch auf keinen Fall das Empfinden, davongekommen zu sein.
    Sie schloss die Augen, nicht aus Kummer, sondern damit Cornwallis ihre Verwirrung nicht erkannte, die ungeheure Erleichterung darüber, dass sie nicht Reginalds Demütigung und Schande mit ansehen musste, nicht Zeugin zu werden brauchte, wie ihn seine Amtsbrüder zurückwiesen, dass ihr die Qual und alles andere, was gefolgt wäre, erspart blieben. Vielleicht eine lange Krankheit, die seine letzten Kräfte verzehrt hätte, und all das begleitet von der ständigen Angst vor dem Tode. Stattdessen hatte der Tod ihn so plötzlich ereilt, dass ihm nicht einmal Zeit geblieben war, sein Antlitz zu sehen.
    »Wird man je erfahren, was er dort wollte?«, fragte sie, öffnete die Augen und sah Cornwallis an.
    »Ich wüsste nicht, warum«, gab er zur Antwort. »Das Hausmädchen hat Maude Lamont getötet. Allem Anschein nach hatte dessen Schwester vor Jahren ein tragisches Erlebnis mit einer Spiritistin und sich daraufhin das Leben genommen. Darüber ist die Frau nie hinweggekommen. Bis vor kurzem hatte sie unverbrüchlich an Maude Lamont geglaubt, jedenfalls hat mir Pitt das so berichtet.« Er sank vor ihr auf die Knie und nahm ihre reglosen Hände. »Isadora.«
    Es war das erste Mal, dass er ihren Namen nannte.
    Mit einem Mal hatte sie das Bedürfnis zu weinen. Sicherlich lag es an dem Schock und an seiner Nähe. Sie merkte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen.
    Einen Augenblick lang war er hilflos, dann aber beugte er sich vor, legte die Arme um sie, hielt sie fest und ließ sie sich ausweinen. Er hielt sie an sich gedrückt, seine Wange lag an
ihrem Haar. So verweilten sie noch lange, nachdem sich das anfängliche Entsetzen gelegt hatte, denn sie hatte nicht den Wunsch, an diesem Zustand etwas zu ändern, und ihr war im tiefsten Inneren klar, dass es ihm ebenso ging.
     
    Pitt und Narraway trafen einander am Bahnhof und warteten auf den Zug in Richtung Teddington. Auf Narraways Gesicht lag ein grimmiges Lächeln, ein Nachhall der Befriedigung, die es ihm bedeutet hatte, Wetron die Auflösung des Falles zu schildern.
    »Cornwallis wird Mistress Underhill informieren«, sagte Pitt knapp. In Gedanken war er bereits bei der gerichtlichen Untersuchung von Wrays Todesursache und der winzigen Hoffnung, dabei werde sich etwas finden, das in eine andere Richtung wies, als Pitt befürchtete.
    Auf der Bahnfahrt gab es nicht viel zu sagen. Die Tragödie des Vormittags hatte beide Männer körperlich wie seelisch mitgenommen. Dem Bischof gegenüber empfand zumindest Pitt eine Mischung aus Mitgefühl und Abscheu. Angst war eine ihm vertraute Empfindung und durchaus verständlich, ganz gleich, ob es um körperliche Schmerzen und den Tod ging oder um die Demütigung vor anderen. Aber zu bewundern hatte es an dem Mann nicht viel gegeben, und so lag in Pitts Mitleid keinerlei Achtung.
    In Bezug auf Lena Forrest sah die Sache anders aus. Ihre Tat war in keiner Weise zu billigen. Sie hatte Maude Lamont aus Rache und Empörung getötet und nicht etwa in Notwehr oder um das Leben eines anderen zu schützen, jedenfalls nicht unmittelbar. Aus ihrer Sicht mochte sich das anders verhalten haben – wissen würde man das nie.
    Aber sie hatte den Mord mit beträchtlicher Sorgfalt und ziemlich viel Einfallsreichtum geplant und anschließend nichts dabei gefunden, dass die Polizei andere verdächtigte.
    Dennoch tat sie Pitt Leid, weil sie im Laufe der Jahre große Qualen wegen des Todes ihrer Schwester gelitten haben musste. Die Polizei hatte nur deswegen andere verdächtigt, Maude Lamont umgebracht zu haben, weil das Menschen waren, denen sie einen Anlass geliefert hatte, sie zu hassen und zu
fürchten, da sie bereit gewesen war, mit ungewöhnlicher Grausamkeit vorzugehen und das tragische Geschick dieser verwundbaren Menschen zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen.
    Er konnte sich vorstellen, dass Cornwallis ähnlich empfand. Was Narraway dachte, ahnte er nicht, und er wollte ihn auch nicht fragen. Sofern es für ihn nach dieser Geschichte überhaupt noch eine Möglichkeit gab, in London zu arbeiten, dann bei Narraway. Er konnte es sich nicht leisten, ihn zu verachten oder

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