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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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»Wenn wir den Obduktionsbericht erst einmal schriftlich haben, kann er nichts zurücknehmen.«
    Der Arzt kehrte bald darauf zurück und übergab ihnen einen verschlossenen Umschlag. Narraway riss ihn auf und las den Bericht aufmerksam. Der Arzt funkelte ihn böse an, unübersehbar gekränkt, weil man ihm nicht getraut hatte. Narraway sah ihn verächtlich an. Er traute niemandem. Bei seiner Arbeit war es wichtig, dass auch die unbedeutendste Einzelheit stimmte. Der kleinste Fehler, ein einzelnes Wort, konnte Menschenleben kosten.
    »Danke«, sagte er befriedigt, steckte das Blatt ein und ging hinaus. Pitt folgte ihm.
    Der nächste Halt des Zuges auf dem Weg zurück nach London war Teddington. Vom Bahnhof war es nicht weit zu Wrays Haus.
    Von außen sah es aus wie immer, die Blumen im Garten, denen man ansah, dass sie mit Liebe gepflegt waren, leuchteten in der Sonne. Nach wie vor rankten die Rosen ungehindert um Türen, Fenster und den Bogen über dem Eingang im Zaun. Man sah die verschiedensten Rosatöne entlang der Wege, und kräftiger Blütenduft lag in der Luft. Einen Augenblick fiel es Pitt schwer, daran zu denken, dass Wray nie wieder dorthin zurückkehren würde.
    Doch die Fenster wirkten blind, das Haus strahlte eine
Atmosphäre der Leere aus. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein.
    Narraway sah zu ihm hin. Er schien etwas sagen zu wollen, schwieg aber. Hintereinander gingen sie über den Plattenweg zum Haus. Pitt klopfte an.
    Es dauerte eine Weile, bis Mary Ann kam. Sie sah zuerst Narraway an, doch bei Pitts Anblick kam ihr die Erinnerung.
    »Ach, Sie sind es, Mister Pitt! Schön, dass Sie gekommen sind, vor allem, nachdem manche Leute so schreckliche und dumme Sachen über Sie sagen. Manchmal weiß ich mir überhaupt nicht mehr zu helfen. Sie wissen natürlich, was mit dem armen Mister Wray passiert ist.« Mit einem Mal traten ihr Tränen in die Augen. »Wissen Sie, dass er Ihnen die Marmelade hinterlassen hat? Er hat es nicht aufgeschrieben, aber zu mir gesagt. ›Mary Ann, ich muss Mister Pitt noch etwas von der Konfitüre geben, er war so freundlich zu mir‹. Das wollte ich auch, und dann kam Mistress Cavendish, und ich hatte keine Gelegenheit dazu.« Schluchzend suchte sie nach einem Taschentuch und schnäuzte sich heftig. »’Tschuldigung, aber er fehlt mir so sehr.«
    Wrays Geste rührte Pitt an. Er war zutiefst erleichtert, dass er ihm nichts nachgetragen hatte, selbst wenn er sich das Leben genommen haben sollte. Er merkte, wie es ihm die Kehle zusammenschnürte und feucht in die Augen stieg. Er sagte lieber nichts, um sich nicht zu verraten.
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen«, sagte Narraway an seiner Stelle, möglicherweise nicht, weil er die Situation durchschaute, sondern weil er es gewohnt war, die Fäden in der Hand zu haben. »Aber ich nehme an, dass es andere Menschen gibt, die Anspruch auf seinen Besitz haben, und das schließt auch Küchenvorräte ein. Auf keinen Fall wollen wir Ihnen Schwierigkeiten machen.«
    »Aber nein!«, sagte sie mit Bestimmtheit. »Da gibt es niemanden. Mister Wray hat alles mir hinterlassen, und natürlich den Katzen. Die Anwälte waren schon hier und haben es mir gesagt.« Sie schluckte. »Das ganze Haus! Alles! Können Sie sich das vorstellen? Also gehört mir auch die Marmelade, nur hat er gesagt, dass sie für Mister Pitt is.«
    Narraway war verblüfft, und Pitt sah, dass sein Gesicht mit einem Mal weniger hart wirkte, als ob auch ihn eine tiefe Empfindung bewege.
    »Ich bin sicher, dass Mister Pitt in dem Fall ausgesprochen dankbar wäre. Wir bitten um Entschuldigung für die Störung, Miss Smith, aber es haben sich Erkenntnisse ergeben, die es nötig machen, dass wir Ihnen einige Fragen stellen. Dürfen wir eintreten?«
    Sie runzelte die Stirn und sah erst Pitt und dann Narraway an.
    »Sie sind nicht schwer zu beantworten«, versicherte ihr Pitt. »Wir müssen aber unserer Sache sicher sein. Ihnen wird niemand einen Vorwurf machen.«
    Sie öffnete die Tür weiter und trat zurück. »Nun, dann sollten Sie besser reinkommen. Möchten Sie ’ne Tasse Tee?«
    »Ja bitte«, nahm Pitt an. Er machte sich nicht die Mühe festzustellen, ob Narraway das recht war oder nicht.
    Sie forderte die Besucher auf, in der Studierstube zu warten, wo Pitt mit Wray gesprochen hatte, doch folgten sie ihr stattdessen in die Küche, teils, weil sie es eilig hatten, teils aber auch, weil Pitt der Gedanke nicht behagte, dort zu sitzen, wo er so eingehend mit dem Mann

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