Feinde kann man sich nicht aussuchen
an
Bodines Zähnen gemacht wurde, während er im Gefängnis war.«
»Kann ich Sie solange ein paar Sachen
fragen?«
»Sicher.« Sie deutete auf den Stuhl
gegenüber.
Ich fragte: »Was ist aus Jim Spitz
geworden?«
»Er hat sofort nach dem Prozeß die
Stadt verlassen. In großer Hast und am Steuer eines neuen Buick. Ich habe
gehört, er lebt jetzt in Charleroi, hat sich dort als Klein-Dealer etabliert.«
Sie lachte rauh. »Es heißt, er hat einen Teil von dem Koks beiseite geschafft,
der Bodine untergeschoben werden sollte, und ihn als Ausgangskapital für sein
Geschäft benutzt.«
»Dann wissen Sie also schon die ganze
Zeit, daß Bodine die Wahrheit gesagt hat?«
»Natürlich«, sagte sie ruhig. »Ich habe
das auch Bodines Anwalt erzählt, aber er hat nichts daraus gemacht. Ich
schätze, sie haben ihn auch gekauft.«
»Und Sie wollten sich nicht die Mühe
machen, der Sache weiter nachzugehen?«
Ärger blitzte in ihren Augen auf. »Miss
McCone, das hier ist eine arme Stadt. Wir haben weder die Mittel noch die Leute
für solche Ermittlungen — und schon gar nicht, wenn wir gegen einen Haufen Geld
anrennen müssen.«
»Verstehe. Noch eine Frage: Wenn hier
jemand eine größere Menge Drogen kaufen wollte, an wen würde er sich wenden?«
»Damals, meinen Sie? An Ray Wilmer.«
»Wo kann ich den finden?«
»Nirgends — er ist tot. Jemand hat ihn
umgelegt. Die meisten Leute hier denken, es war eine Revierstreitigkeit unter
Dealern, aber meiner Meinung nach war es der Ku-Klux-Klan. Wilmer war schwarz,
kam aus Wheeling. Sein protziger Lebensstil hat ihn exponiert.«
»Ich wußte gar nicht, daß der Klan hier
in der Gegend sein Unwesen treibt.«
»Und ob. Schon seit Jahrzehnten und
heftiger denn je, seit die Weißen ökonomisch an Boden verlieren. Der Rassenhaß
stammt aus den dreißiger Jahren, als Schwarze als Streikbrecher angekarrt
wurden. Inzwischen ist er in die Kultur eingegangen. Die Ironie an der Sache
ist, daß die meisten dieser Rassisten gar nicht mehr wissen, woher dieser Haß
kommt.« Ihre Augen wanderten wieder zu dem Foto an der Wand.
»Wer sind die beiden Kleinen?«
»Meine Enkelinnen. Ihr Vater war einer
von denen, die auf und davon gingen, nachdem das Werk geschlossen wurde.« Sie
schüttelte den Kopf. »Ein elendes Erbe, was wir der nächsten Generation da
hinterlassen.«
Ich nickte zustimmend. »Noch mal zu Jim
Spitz — Sie sagten, er dealt jetzt in einem Ort namens Charleroi?«
»Ja — eine Stadt hier am Fluß, auf
halber Strecke zwischen hier und California, wo das College ist.«
»Können Sie seine Adresse für mich
ausfindig machen?«
Nancy Kolls Augen verengten sich. »Sie
wollen mit ihm reden?«
»Ja.«
»Er wird nichts zugeben.«
»Mag sein, aber er hat sich einmal
kaufen lassen, und ich vermute, er läßt sich auch noch mal kaufen.«
Sie zögerte, schüttelte dann
entschieden den Kopf. »Miss McCone, ich könnte Ihnen wahrscheinlich eine
Adresse beschaffen, aber ich werde es nicht mal versuchen. Sie sind hier als
Vertreterin des Sheriffs Department von Esmeralda County, um Hinweise auf die
Identität dieses Mannes beizubringen, den sie dort draußen in der Wüste
ausgegraben haben. Das haben Sie jetzt geschafft — vielleicht jedenfalls — ,
und es ist Zeit, daß Sie wieder heimfliegen.«
»Aber —«
»Kein Aber. Wenn Sie mit Jim Spitz
reden, rührt das nur einen Haufen Probleme auf, die wir hier gar nicht brauchen
können. Wir haben Probleme genug, und ich will nicht auch noch einen Justiz-
und Korruptionsskandal heraufbeschwören.«
Das Telefon surrte. Nancy Koll sah es
zerstreut an und nahm dann ab. »Koll... Sie haben sie. Sehr gut. Ich gebe Ihnen
die Adresse, wo Sie sie hinschicken sollen — per Eilpost, bitte.« Sie griff
nach einem Notizblock und las die Anschrift des Kriminallabors von Esmeralda
County ab. Als sie wieder aufgelegt hatte, sagte sie zu mir: »Bodines
Zahnbehandlungsunterlagen sind so gut wie unterwegs. Ich werde Westerkamp
anrufen und es ihm mitteilen.« Sie wählte, sprach kurz mit dem Deputy und
reichte mir dann den Hörer.
Ich konnte Westerkamps Stimme
entnehmen, daß er seine Freude über diese Nachricht nur mühsam zügeln konnte.
»Miss McCone, vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Na ja, vorläufig ist noch nichts
gelöst. Ist der Augustmann schon autopsiert?«
»Wir sind hier nicht so überlastet wie
die Leute bei Ihnen daheim, der Bericht lag heute morgen auf meinem
Schreibtisch. Ein Schuß ins Herz, aus einer Neun-Millimeter-Waffe.
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