Feindgebiet
Bedürfnis, sich weder beobachtet noch gestört zu fühlen. Also ließ er seine Architekten ein mehrstöckiges Haus entwerfen, das den Nachbarn vier nackte Wände präsentierte. Es war um einen ausgedehnten Innenhof herum angelegt, der Pfade, Brunnen und, direkt in seiner Mitte, ein kleines Kuppelgebilde aufwies. Darin befand sich sein Garten.
Als er zum vollwertigen Mitglied des Hohen Rates ernannt wurde, hätte er beinahe seinen Garten verloren. Der Nachteil, den ihm diese Ehre und sein neugewonnener Einfluss eingebracht hatten, bestand darin, dass jedes Ratsmitglied »dazu verpflichtet wird, eine Stätte anzulegen oder anlegen zu lassen, die dazu in der Lage ist, …« brummelbrummelbrummel und weiterer juristischer Jargon, dessen Aussage letztendlich darauf hinauslief, dass er seinen Garten herausreißen und an seiner Stelle einen Schutzraum einzurichten hatte, der bis auf einen direkten atomaren Treffer so ziemlich allem und jedem standhielt.
Pastour war kurz davor, Lord Fehrle mitzuteilen, wo er sich die große Ehre, die er ihm mit so großmütig gerunzelter Stirn zukommen zu lassen gedachte, hinstecken konnte, als ihm eine Lösung einfiel.
Mit Hilfe seines Lieblingsarchitekten, eines fetten Bündels Credits und jeder Menge guter Beziehungen, brachte er das Militär dazu, ihm seine schwersten Laser-Brenner und A-Grav-Hubanlagen zur Verfügung zu stellen. Trotzdem dauerte es noch Monate, bis der gesamte Innenhof ausgeschnitten, ausgehöhlt und der Aushub weggeschafft worden war. Der Schutzraum selbst wurde nach den gerade noch zulässigen Standards errichtet, denn Pastour hatte keine Lust, für derlei Dummheiten mehr Credits als unbedingt nötig auszugeben. Dann wurden der Hof und sein geliebtes Treibhaus wieder darübergesetzt und an Ort und Stelle verankert.
Er blickte in die Runde und konnte sich auch jetzt ein stolzes Lächeln nicht verkneifen. Selbstverständlich gab es einige Schwachpunkte. Das Abwasser war ein Problem gewesen, doch er hatte ein komplett neues System entworfen, das direkt an das Kanalsystem der Nachbarschaft angeschlossen war. Gelegentlich überflutete es die Straße, doch Pastour wollte sich nicht auch noch damit belasten, nach jedem schweren Unwetter für die Pumpen und die Reinigung aufzukommen.
Er nahm den Salut seines obersten Leibwächters entgegen, der berichtete, dass der Schutzraum gesichert war und seine Leute bereitstanden, Pastour ins Haus zu begleiten. Pastour winkte sie ungeduldig zur Seite. Nach den drei vergangenen Tagen der Angst war die Situation bereits Routine geworden; doch auch das machte es für Pastour nicht leichter. Sie bestanden darauf, dass er ins Haus ging, während sie sich bei der Sicherheitszentrale über die Lage vergewisserten. Ein Prozess, der Stunden dauern konnte.
Pastour weigerte sich regelmäßig, schickte sie weg und zog sich in die Einsamkeit seines Gewächshauses zurück. Sobald er es betreten hatte, gab es keine Möglichkeiten mehr, mit ihm in Kontakt zu treten. Manchmal verbrachte Pastour dort, wo er lediglich das leise Brummen der Wiederaufbereitungspumpen und das Summen der Sonnenlampen ertragen musste, etliche Stunden und wandelte auf den Wegen zwischen den hydroponischen Trögen und Beeten umher.
Auch an diesem Tag war es nicht anders. Der Abtausch war beinahe eine lästige Formalität geworden. Wieder einmal gewann Pastour, wieder einmal marschierte die Wache finster von dannen, und wieder einmal stürmte Pastour durch die Tür seines Gewächshauses, um Ruhe und Frieden zu finden.
Sobald er drinnen war, verzogen sich die Wolken auf seiner Stirn, und die wutverzerrten Züge seines Gesichts verwandelten sich in ein sanftes Lächeln. Heute war es in seinem Garten jedoch ruhiger als sonst. Er zuckte die Schultern.
Wahrscheinlich lag es daran, dass die Maschinen nicht mehr so hart arbeiten mussten, um die künstliche Atmosphäre zu erhalten. Die Bomben, die so viele Tahn getötet und verstümmelt hatten, hinterließen gleichzeitig eine sauberere Umwelt für seine Pflanzen.
Er ging an einer Reihe Gemüseranken entlang, hob einige trockene Blätter auf, legte hier und dort eine Ranke in ihr Führungsnetz zurück und nahm insgesamt von den minimalen Veränderungen Notiz, an denen sich nur ein sorgfältiger Gärtner Tag für Tag erfreuen konnte.
Gerade als er am anderen Ende des Mittelgangs um die Ecke bog, fiel Pastour auf, dass nicht nur die Pumpen schwiegen. Er vermisste das Summen der überaus sensiblen, pollentragenden Insekten, die
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