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Feindgebiet

Titel: Feindgebiet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Cole & Chris Bunch
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wusste, wann es Zeit war, das Geld auf den Tisch zu legen, wann sie aufzuhören hatte, wann man seinen Gewinn einstrich und den Planeten verließ und – was vielleicht noch wichtiger war – wann man sich ganz aus einem Spiel heraushielt. Sie war oft pleite und noch öfter sehr reich gewesen. Wie den meisten Profis bedeuteten ihr die Credits selbst nicht viel. Sie zeigten lediglich an, wie gut oder wie schlecht sie gewesen war.
    Sie hatte Hunderte von Namen auf Hunderten von Planeten, o dazu jede Menge Spitznamen, die sie allesamt mit einer bestimmten Tierart in Verbindung brachten – einem gerissenen, gutaussehenden kleinen Raubtier.
    Doch seit einigen Jahren war ihr das Glück nicht mehr hold gewesen.
    Da sie es vorzog, in den Kreisen der Wohlhabenden zu spielen, operierte sie unter mehreren Identitäten, die alle, wenn auch auf einigermaßen mysteriöse Weise, von Wohlstand zeugten. Auf eine war sie besonders stolz – die als Einkäuferin für die Imperiale Raumflotte. Da sie den Gesetzen des Imperiums gegenüber einen gewissen Respekt empfand, war sie tatsächlich Offizier des Imperiums, wenn auch nur Bereitschaftsreserve.
    Leider kümmerte sich St. Clair nicht um Politik. Als der Krieg ausbrach, räumte sie gerade systematisch einen Touristenplaneten der Oberklasse aus; einen Touristenplaneten, auf dem eine mittelgroße Garnison untergebracht war. St. Clair gab widerstrebend zu, dass sie ihre verschiedenen Identitäten stets so gut untermauerte, dass auch hier niemand daran zweifelte, einen First Lieutenant der Imperialen Flotte vor sich zu haben. Ihre Tarnung war so wasserdicht, dass sie schon nach drei Monaten zum Captain befördert und zweiter Offizier auf einem Versorgungsschiff wurde.
    Der Konvoi, zu dem ihr Schiff gehörte, wurde von einer weiträumig operierenden Zerstörerflotte der Tahn angegriffen, und Michele St. Clair fand sich als Kriegsgefangene wieder.
    Glücklicherweise war St. Clair, wie die meisten Spieler, eine unverwüstliche Optimistin. Gleich im ersten Gefangenenlager fing sie an, ihre Chancen abzuwägen. Wie hoch standen die Chancen, als Kriegsgefangene zu überleben? Sie sah einen A-Grav-Gleiter, der einen Berg Leichen davonkäme, erschauerte und schätzte eins zu neun.
    Wie standen die Chancen, ihr Schicksal zu verbessern, wenn sie kollaborierte? Dabei fanden zwei weitere Kalkulationen ihren Niederschlag: Konnten die Tahn den Krieg gewinnen? Zweiundsechzig zu achtundvierzig – dagegen. Das Imperium: sechzig zu vierzig - dafür. Jetzt die Kollaboration: dreiundsiebzig zu siebenundzwanzig – dagegen.
    Option: Flucht.
    St. Clair führte keine Statistik hinsichtlich ihrer Chancen, tatsächlich freizukommen. Das würde bedeuten, nach den fehlgeschlagenen Fluchtversuchen anderer zu urteilen, und sie wusste verdammt gut, dass sie diesen anderen weit überlegen war. Beweis: Das waren alles Soldaten oder Raumfahrer, und sie nicht.
    Michele St. Clair fand eine neue Karriere. Und einen neuen Spitznamen: der Glückliche Aal. Sie hatte mehr als zwanzig Fluchtversuche hinter sich gebracht, die meisten davon solo. Und obwohl sie nie länger als vier Tage draußen war, hatte sie es trotz allem immer geschafft, nicht hingerichtet zu werden. Entweder war der Kommandant ungewöhnlich gut aufgelegt, oder sie konnte ihm eine überzeugende Erklärung dafür auftischen, weshalb sie nicht dort gewesen war, wo sie eigentlich hätte sein sollen, oder aber sie schaffte es, dem Chaos rechtzeitig zu entkommen, bevor das große Aussortieren begann.
    Jetzt war Captain St. Clair zu ihrem einundzwanzigsten Fluchtversuch bereit.
    Bei der Beobachtung der Arbeitstrupps war ihr eine absolute Regelmäßigkeit hinsichtlich ihrer Handlungsabläufe aufgefallen. Inmitten eines dreißig Mann starken Arbeitstrupps versteckt, summte sie fröhlich vor sich hin und beobachtete, wie dieses Ritual erneut durchgeführt wurde.
    Schlurf … schlurf … dann warten, bis jeder einzelne Trupp durch eines der drei Tore in das zentral gelegene Kirchenschiff eingelassen, überprüft und durchgezählt worden war. Dann bewegte sich jeder Trupp durch den Wachhof zum äußeren Tor und wartete dort, bis es sich öffnete.
    Jetzt durchlief ihr Trupp den Prozess. Während sie durch den Innenhof getrieben wurden, arbeitete sich St. Clair an die Außenseite des Gefangenenhaufens vor.
    Das äußere Tor wurde geöffnet, und die Gruppe trottete hindurch. Das war der entscheidende Zeitpunkt.
    St. Clair hatte bemerkt, dass die Tahn-Wachen sich jedes Mal,

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