Feindgebiet
machen!«
St. Clair atmete sechsmal tief ein, bevor sie etwas entgegnete.
»Ich muss mich nochmals entschuldigen«, sagte sie lächelnd. »Selbstverständlich befolge ich Befehle. Auch die von Ihnen und Ihrem Komitee.«
»Ein weiser Entschluss, Captain. Trotzdem glaube ich, dass Sie mir nur Sand in die Augen streuen wollen. Sie sollten meine Befehle jedoch nicht vergessen – und sie gefälligst befolgen!«
»Wenn nicht?«
Sten blieb völlig ruhig. »Dann werde ich Sie töten.«
St. Clairs Gesicht blieb völlig ausdruckslos.
»Eines noch, Captain. Nur um Ihnen weiteren Ärger zu ersparen. Ich ernenne Sie zu meinem Ersten Organisierer.« »Organisierer? Ich weiß nicht –« »Dieb.« St. Clair sträubte sich. »Ich bin Spielerin. Kein verdammter Langfinger!« »Für mich gibt es da keinen Unterschied.« Wieder gelang es St. Clair vorbildlich, ihren Zorn zu verbergen. »Noch etwas, Feuerleitschütze?«
»Momentan nicht.«
»Schön. Dann dürfen Sie wegtreten!«
Sten stand stramm und salutierte.
St. Clair wartete, bis Sten hinter der nächsten Ecke verschwunden war; dann erlaubte sie sich den Luxus, zornig und fast lautlos zu knurren. Kurz darauf setzte sie wieder ihr Pokergesicht auf und machte sich auf den Weg zu ihrer langvermißten Dusche.
Draußen im Hof war die Verteilung der Päckchen in vollem Gange. Sten sah, dass Alex bei jeder Kiste, die er aufriss, ein oder zwei Päckchen unauffällig zur Seite legte. Gut. Als er sich an eine der halbzerstörten Säulen lehnte, erblickte er plötzlich den zweifellos dienstältesten technischen Offizier des gesamten Imperiums. Der Mann sah aus wie der Großvater, den Sten niemals kennen gelernt hatte. Er hielt ein kleines Päckchen mit Keksen, wie Sten vermutete, sowie ein ebenso kleines Döschen Fruchtmarmelade in der Hand. Es gehörte zu seinem Anteil aus den Päckchen. Der Mann weinte. Sten lief es eiskalt den Rücken hinunter.
Es war höchste Zeit, dass sie alle wieder nach Hause kamen.
Kapitel 15
Big X ließ seine Muskeln spielen.
Sten hatte die Vermesser durch seine Mittelsmänner aufstellen lassen. Vermesser waren widerspenstige Gefangene, denen man improvisierte Rechenschieber in die Hand drückte und sie alles mögliche ausmessen ließ. Sten versuchte herauszufinden, womit er es zu tun hatte und wovon er ausgehen konnte. Da es von Koldyeze keine Pläne gab, die er suchen oder stehlen konnte, musste er seine eigenen anfertigen.
Nach und nach trafen die Vermessungsergebnisse bei ihm ein. Ein Korridor war so viele Meter lang, so breit und so hoch. Die Zimmer, die links und rechts von diesem Korridor abgingen, hatten die und die Ausmaße, der ganze Flügel belief sich auf jene Ausmaße. Dabei schienen die Maße in Stens Kopf nicht so recht zusammenpassen zu wollen. Er wünschte sich verzweifelt, dass Alex und sein Team mit dem Computer etwas schneller vorankämen. Verflixt noch mal! Aber wahrscheinlich funktionierte das Ding ohnehin nicht.
Sten schob die Papierfetzen von sich, die er gerade beschrieben und voll gezeichnet hatte. Dieser Dreck musste warten. In der Zwischenzeit, also morgen, musste er zum Arbeitseinsatz.
Das Arbeitskommando wurde von jemandem kommandiert, der als erster Gefangener mit den Tahn zu kollaborieren schien.
Chief Warrant Officer Rinaldi Hernandes schien jeden mit »mein Freund« anzureden, mit Ausnahme der Tahn-Aufseher, die er in Verbindung mit einer vollendet unterwürfigen Verbeugung »ehrenhafte Herren« nannte.
»Meine Freunde«, rief er den anderen Gefangenen aufmunternd zu. »Kommt schon. Strengt euch an. Gemeinsam schaffen wir es.«
Mit »es« meinte er einen gewaltigen Generator, der ohne McLean-Gleiter eine Rampe hinauf und in ein Frachtschiff gehievt werden sollte.
»Ihr strengt euch nicht richtig an, meine Freunde«, sagte er. »Ich bin untröstlich, dass ich euch bei der Rückkehr ins Lager dem Kommandanten melden muss. Vergesst nie, dass man uns eine ordentliche Tagesration zukommen lässt, da sollten wir doch wohl auch ein ordentliches Tagewerk vollbringen.«
Sten grunzte, ebenso zwanzig andere, und langsam bewegte sich der Generator knirschend die Rampe hinauf. Wie alle anderen in diesem Arbeitstrupp hasste Sten Hernandes. In diesem Moment fiel Sten auf, dass trotz der unablässigen Drohungen noch kein einziges Mitglied von Hernandes’ Arbeitstrupps wegen irgend etwas gemeldet worden war.
Interessant.
Nachdem sie den Generator verstaut hatten, brachen die Gefangenen erschöpft zusammen.
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