Feine Milde
laut es wirklich war. Eine Verständigung war nur durch Schreien möglich. Toppe hustete. Unten neben der Haustür splitterte Glas, und für eine Sekunde sah er in den Rauchwolken zwei bizarre Gestalten auftauchen – Feuerwehrmänner mit schwerem Atemschutz. Die Hitze kam als Wand auf ihn zu.
Der Notarztwagen stand ein Stück die Straße hinunter, halb auf dem Kartoffelacker gegenüber.
Die Tote lag zugedeckt im Gras. Toppe sprach kurz mit dem Notarzt, hob dann die Decke ein Stückchen an und warf einen Pflichtblick auf den schwarzen Körper.
»Haben Sie die Personalien?«
»Nein, tut mir leid«, antwortet der Arzt, »aber vielleicht der Brandmeister. Der steht da drüben.«
Heinz Pauly hatte Toppe schon entdeckt.
»Morgen, Herr Toppe.« Sie schüttelten Hände. »Tja, könnte sich durchaus um Brandstiftung handeln. Sie sollten auf jeden Fall mal die Experten aus Krefeld anrollen lassen.«
Toppe seufzte; es würde also doch länger dauern. »Wissen Sie, wer die Tote ist?«
Pauly schüttelte bedauernd den Kopf. »Hatte noch keine Zeit. Aber da vorn neben dem Peterwagen stehen die Nachbarn aus 96.«
Es war ein Ehepaar in den mittleren Jahren. Die Frau starrte voller Angst auf das Geschehen, der Mann redete ohne Punkt und Komma auf den Polizisten ein.
Toppe stellte sich vor. »Ich glaube, Sie können mir helfen. Wer wohnt in dem Haus?«
Die Frau brach sofort in Tränen aus. »Jansen«, flüsterte sie, daß er es kaum verstehen konnte.
»Jetzt nimm dich zusammen!« fuhr sie ihr Mann an.
»Frau Jansen wohnt dort, Herr Hauptkommissar. Heiderose Jansen und ihre drei Kinder.«
Hinter Toppe schepperte etwas. Er wandte sich um. Ein Mann schleppte einen Kasten Mineralwasser heran. Ein anderer trug zwei große Kannen. Der Polizist hielt sie auf.
»Ist doch für die Leute von der Feuerwehr«, beteuerten sie.
»Prima, lassen Sie’s hier stehen, ich sag’s dem Brandmeister. Warten Sie hier.«
Die Frau schluchzte laut. »Wieso finden sie die Kinder nicht?«
»Ach wat, Grete«, legte ihr der Mineralwassermann den Arm um die Schultern. »Die Kinder sind doch bei ihre Omma. Hat mir die Jansen gestern abend noch selbs’ gesacht.«
24
»Wer hat den Brand gemeldet?«
Toppe fand den Zeitungsboten hinter der Absperrung bei den Anwohnern. Der Junge mußte ungefähr in Christians Alter sein. Er trug am Wochenende den Lohengrin Boten aus.
»Eigentlich samstags, aber gestern war zuerst ein Tennismatch und hinterher bin ich auf eine Fete. Ich hatte dann doch Angst, daß ich Ärger kriege und den Job verliere, deshalb bin ich heute morgen um vier aufgestanden und hab meinen Stapel Blättchen verteilt.« Schon im In de Kamp hatte er Rauch gerochen, aber nirgendwo was entdecken können. »Als ich dann zu dem Haus kam, sah ich Qualm über dem Dach. Ich bin hintenrum gerannt, und da war die ganze Hintertür am brennen, und oben aus dem Fenster kam auch Feuer raus.« Er war sofort zu den nächsten Nachbarn gelaufen, hatte sie aus dem Bett geklingelt und von dort aus die Feuerwehr angerufen. »Joosten hießen die Leute. Die hab ich eben noch hier gesehen.« Er schaute sich um. »Da hinten.«
Frau Joosten hockte auf einer niedrigen Gartenmauer, einen kleinen Jungen auf dem Schoß, ein etwa zehnjähriges Mädchen mit blondem Pferdeschwanz dicht neben sich. Ihr Mann stand ein paar Meter weiter mit ein paar anderen und schwätzte großspurig mit breiten Gesten: »Wenn die mich meine Kettensäge holen ließen, dat Gestrüpp hätt’ ich in Nullkommanix weggemacht.« Toppe kannte die Art. Männer reagierten oft so, nach Unfällen zum Beispiel.
Als er sich vorstellte, kam Herr Joosten sofort dazu. »Ja, das stimmt, Herr Kommissar. Heiderose Jansen heißt die Frau. Ich habe gesehen, wie sie die rausgetragen haben. War ja quasi der erste vor Ort.«
Toppe überlegte wieder, wo er den Namen der Toten schon einmal gehört hatte.
»Die wohnt da schon seit Jahren. Ist aber wohl geschieden.«
Drei Kinder? Ja. Wie alt? Hier sprang das kleine Mädchen ein. »Kassandra geht in meine Klasse. Die ist zehn, Joshua ist sieben, und Merlin ist …« Sie überlegte ernst. »Der ist zwei, aber ich glaube, der hat bald Geburtstag. Ich weiß nicht mehr genau, wann das ist.«
Toppe nickte schmunzelnd.
»Sie wohnen direkt neben der Familie?«
»Ja, in dem weißen Haus.«
»Waren Sie befreundet?«
Der Mann zog die Lippen nach innen, die Frau schaute langsam hoch. »Die Kinder spielen zusammen.«
Es war klar, daß die Leute mit irgend etwas hinter
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