Feine Milde
zweifeln.«
Bärbel Peters stand auf. »Ich hole uns jetzt erst mal den Tee, und dann gehen wir alle Punkte in Ruhe durch.« Damit verschwand sie in der Küche.
»Und jetzt auch noch die Sache mit INTERKIDS!« rief Heino Müller ihr hinterher und drehte sich zu Maywald um. »Ich will wissen, wieso sich plötzlich die Polizei für uns interessiert. Erklär mir das mal.«
Jens Maywald blieb ruhig. »Das weißt du doch, die Geschichte mit den toten Säuglingen. Die suchen Anhaltspunkte, brauchen Insiderinformationen, das ist alles.«
»Ach, erzähl mir doch nichts! Deshalb beschlagnahmen die doch nicht deine Bücher.«
Maywald zuckte die Achseln. »Weiß der Teufel, was die sich in den Kopf gesetzt haben.«
»So etwas können wir uns aber überhaupt nicht leisten, Herr Maywald«, meinte Christa Salzmann-Unkrig spitz.
»Schon gar nicht bei der schlechten Publicity, die wir im Augenblick haben.«
Bärbel Peters quetschte sich mit dem Tablett hinter ihr vorbei. »Tee?« Es war reichlich eng in ihrem Wohnzimmer, aber diese Sitzung war so dringend gewesen, daß sie keine Zeit mehr gehabt hatte, sich um einen anderen Raum zu kümmern. Vier Leute vom Vorstand waren da, außerdem Herr Sato, Frau Salzmann-Unkrig und ein Anwalt, den Müller mitgebracht hatte.
»Am besten bedient sich jeder selbst«, meinte sie und setzte sich. »Laßt mich mal zusammenfassen: Heinos Chef hat also damit gedroht, uns die zugesagte Summe nicht zur Verfügung zu stellen, wenn …«
»Gedroht!« fiel Müller ihr ungehalten ins Wort. »Er hat mir höflich zu verstehen gegeben, daß es in Korschenbroich einen Verein gibt, der ähnliche Ziele verfolgt wie wir, und ich möge bedenken, daß unsere Niederlassung in Mönchengladbach in nächster Zukunft erweitert werde. Und auch der dortige Militärflughafen … Mein Gott! Ihr kennt das doch.«
»Herr Sato, wie sieht das denn bei Ihnen aus?« fragte die Peters, bemüht, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen.
Der Japaner lächelte nicht. »Darüber gesprochen haben wir nicht«, sagte er. »Wir sind sehr langmütig, aber.«
»Was aber?« Heino Müller wollte ihn nicht so einfach davonkommen lassen.
Sato legte den Kopf schief. »Es sieht nicht so gut aus, wenn Sie meine Meinung hören wollen. Aber Sie müssen entschuldigen. Etwas Konkretes kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Aber ich!« fuhr Salzmann-Unkrig dazwischen. »Mein Mann hatte ein Gespräch mit der Stadtverwaltung. Dabei ist sehr deutlich geworden, daß man uns nicht mehr ernst nimmt und daß die schon ganz andere Pläne mit unserem Grundstück haben.«
Ulrike Schnackers, die die ganze Zeit noch kein Wort gesagt und nur säuerlich vor sich hin geschaut hatte, gab ein Quäken von sich. »Es ist unglaublich«, schnarrte sie mit triefender Stimme, »einfach unfaßbar! Da kommt jemand ums Leben, der uns allen nahe gestanden hat, und alles, was ihr tut, ist über Geld reden. Nicht einmal ihr Name ist hier gefallen!«
»Oh, mein Gott!« Heino Müller schloß gequält die Augen, aber Christa Salzmann-Unkrig legte schnell ihren Arm um die Schultern der Nachbarin. »Frau Schnackers, ich bitte Sie«, raunte sie eindringlich. »Natürlich sind wir alle sehr betroffen. Aber es muß doch irgendwie weitergehen, nicht wahr? Es ist sicher auch nicht in Frau Jansens Sinn, wenn der ganze Verein kaputtgeht.«
Die Schnackers zog die Schultern nach vorn und stand auf. »Ich will mit all dem nichts zu tun haben. Ich gehe.«
Bärbel Peters und Müller tauschten einen aufgescheuchten Blick. Wenn die Schnackers ging, waren sie nicht mehr beschlußfähig.
»Komm.« Die Peters faßte sie beim Arm. »Laß uns mal einen Moment in die Küche gehen.«
Im Wohnzimmer kam nun der Anwalt ins Spiel. »Nein, eine Auflösung des Vereins MEILE wird nicht nötig sein. Sie müßten lediglich mit sofortiger Wirkung Ihre Ämter niederlegen und einen Trägerverein gründen – unabhängig vom bestehenden Verein. Ich habe da schon mal etwas ausgearbeitet.« Er reichte ein paar hektographierte Blätter herum.
»Und was wird aus INTERKIDS?« fragte Maywald. »Soll ich damit etwa bei der MEILE bleiben?«
»Da sehe ich leider keine andere Möglichkeit«, antwortete der Anwalt.
»Nein«, sagte Maywald entschieden, »auf gar keinen Fall.«
»Sie könnten ja Ihren Posten bei INTERKIDS zur Disposition stellen und innerhalb des Trägervereins eine neue Adoptionsvermittlung ins Leben rufen.«
Die Schnackers hatte dicke Augen, als sie jetzt hereinkam, aber sie setzte sich
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