Feine Milde
vier helle Zimmer, eine geschnitzte Holztreppe nach oben, wo noch mal vier Zimmer waren; im ehemaligen Schweinestall ein Palast von einem Badezimmer, die angebaute Scheune mit dem Heuboden. Das Grundstück war fast 5000 qm groß, ein Obsthof mit Kirsch- und Apfelbäumen, ein Stück Nutzgarten, Wiesen und eine verwunschene Buchenlaube.
»Und so was kann man sich von einem einfachen Polizistengehalt leisten?« fragte ihr Vater.
»Ja, kann man, stell dir vor«, antwortete Astrid und schluckte an der Galle. »Wirklich, Papa, du bist ein solcher Snob. Du vergißt immer, daß ich auch ’nur’ Polizistin bin.«
»Du weißt ganz genau, daß es mir nicht darum geht«, sagte er knapp.
Sie betrachtete ihn, wie er da neben seinem blitzenden Mercedes stand: hellgrauer Anzug, italienische Schuhe, schlank und sportlich, die Haare nachlässig gefönt – ein Bilderbuchpromi. Er war nur zehn Jahre älter als Helmut.
»Das Haus ist wirklich schön«, meinte er, »aber doch wohl viel zu groß für zwei Personen.«
Sie reckte sich. »Es muß ja nicht bei zwei Personen bleiben«, sagte sie vage und freute sich, als seine Lippen schmaler wurden. »Wer weiß, kann sein, daß ich schon schwanger bin.« Es konnte nicht sein, und Helmuts Erleichterung, als sie heute morgen die Tampons aus dem Spiegelschrank nahm, hatte weh getan. Er hatte nichts gesagt, aber sein Gesicht sprach Bände. Den ganzen Tag war ihr zum Heulen gewesen.
Ihr Vater schloß den Wagen auf. Kein Wort, eisiges Schweigen. Es tat ihr schon wieder leid, daß sie es ihm auf diese Art gesagt hatte, aber dann sah sie die Wut in seinen Augen.
»Du kannst mich am Gemeindeweg absetzen, Vater. Ich muß mal mit Gabi reden.«
»Mit seiner Frau?«
»Ja, mit seiner früheren Frau.«
Er schüttelte nur den Kopf.
Gabi saß mit Oliver beim Abendbrot. Wenn sie erstaunt war, daß Astrid allein kam, zeigte sie es nicht.
»Willst du was mitessen?«
»Nee, laß mal. Wir wollten heute abend noch zum Griechen, Helmut und ich«, antwortete Astrid müde. »Haben mal wieder den ganzen Tag nichts Warmes gekriegt.«
»Aber einen Kaffee trinkst du doch?«
Gabi merkte gut, daß was in der Luft lag, und sie schickte Oliver mit seinem Brot ins Wohnzimmer vor den Fernseher.
»Was ist los? Habt ihr Krach?«
»Krach kann man das wohl nicht nennen.« Astrid erzählte. »Ich muß einfach mit jemandem drüber reden, sonst werd ich verrückt.«
Gabi schluckte. Sie mochte Astrid, und seit der Scheidung sahen sie sich ziemlich oft. Astrid und Helmut – damit hatte sie sich abgefunden, aber ein Kind, eine neue Familie? Trautes kleines Glück. Es schmerzte doch, aber sie wollte es nicht zeigen.
»Das war schon immer Helmuts größtes Problem, Entscheidungen zu treffen. Er kann einfach Leuten, die er liebt, nicht weh tun. Letztendlich ist unsere Ehe daran gescheitert, so absurd das klingt. Irgendwann hat er festgestellt, daß er ein Leben führt, das jemand anderes für ihn ausgesucht hat.«
Astrid sah sie hilflos an. Sie kämpfte mit den Tränen.
»Hör zu.« Gabi nahm ihre Hand. »Als das damals mit euch losging, habe ich gedacht, bitte entschuldige, aber ich habe geglaubt, es wäre eine reine Bettgeschichte.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Helmut hat das wohl auch so gesehen, und ich bin nicht sicher, ob das heute anders ist«, sagte Astrid bitter, aber Gabi schüttelte den Kopf.
»Hör doch auf, Mensch. Du weißt ganz genau, daß das nicht stimmt. Ich habe das ziemlich schnell kapiert. Deshalb habe ich dann auch so auf die Scheidung gedrängt. Er … er liebt dich wirklich.«
Jetzt weinte Astrid doch. »Ja, vielleicht. Ach, verflucht, wir müssen doch irgendeinen Plan für unser Leben haben. Ich meine, ich habe immer das Gefühl, daß er sich noch nicht mal sicher ist, ob er überhaupt mit mir leben will. Da sind immer wieder Momente, da … ach Mist!« Sie schniefte. »Du meinst also, ich muß ihm Zeit lassen?« Da war eine Menge unterdrückter Wut.
»Nein, das meine ich nicht«, erwiderte Gabi und lächelte. »Das klingt jetzt vielleicht kitschig, aber ich habe ihn immer noch unheimlich gern, und ich will nicht, daß er noch mal auf die Nase fällt. Rede mit ihm, laß ihn nicht wegtauchen.«
»Das hört sich so leicht an.«
Gabi lachte. »Ja, ich weiß, aber du bist anders gestrickt als ich.«
»Ach!« winkte Astrid ab. »Manchmal macht mich das alles einfach nur sauer. Der Mann ist doch erwachsen!«
»Nein, das ist er nicht. Jedenfalls nicht in diesem Punkt.«
Sie
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