Feine Milde
Häusern werden wir benachrichtigt, wenn ein gewünschtes Kind vorhanden ist.
Dann fliegen die zukünftigen Eltern nach Indien oder eben Chile und holen das Kind ab.
v. A.: Die Eltern holen das Kind selbst ab?
M.: In der Regel ja. Es kann hin und wieder vorkommen, daß eine andere Begleitperson beim Kind ist, in Abstimmung mit den Behörden vor Ort.
v. A.: Wer ist diese andere Begleitperson?
M.: Verschieden. Das kann jemand von INTERKIDS sein oder auch jemand von der dortigen Organisation. v. A.: Und wie läuft das mit den Kindern aus Bulgarien? Wie war das zum Beispiel mit den Zwillingen Schimmelpfennig?
M.: Mit Bulgarien läuft das ganz ähnlich wie mit Indien. Auch dort haben wir bestimmte Waisenhäuser. Im osteuropäischen Raum sind die Leute allerdings kulanter. Die verlangen dort zum Beispiel nicht diese vierteljährlichen Entwicklungsberichte und … v. A.: Wie läuft das in Bulgarien mit der Begleitung?
M.: Genauso. Entweder die Eltern holen das Kind selbst ab, oder die Kinder werden von einem Mitarbeiter der dortigen kollegialen Organisation begleitet.
v. A.: Die Kinder Schimmelpfennig?
M.: Die habe ich teilweise begleitet.
v. A.: Teilweise? Was heißt das?
M.: Ja, ich habe sie am Flughafen in Düsseldorf abgeholt. Bis da hatten die eine Begleitperson aus Bulgarien. v. A.: Flughafen? Die Kinder fliegen also. Oder werden sie auch mal mit dem Zug gebracht? Oder vielleicht mit dem Lastwagen?
M.: Nein, nein, sie fliegen immer. Meist nach Düsseldorf, kann aber auch schon mal Schiphol sein. Und dann hole ich sie dort ab.
v. A.: Sie holen also die Kinder persönlich ab?
M.: Ja, das kommt vor.
v. A.: Das heißt also, Sie haben die beiden bulgarischen Säuglinge, die am 29. Juli erwartet wurden, persönlich am Flughafen abgeholt.
M.: Was? Nein! Wieso? 29. Juli? Ach, jetzt weiß ich. Die Kinder sind gar nicht erst in Bulgarien abgereist. Das Waisenhaus hat mich benachrichtigt, daß dort Komplikationen eingetreten sind. Was das war, haben die mir nicht gesagt, nur daß das in den nächsten vierzehn Tagen in Ordnung käme. v. A.: Darüber haben Sie die Eltern nicht informiert.
M.: Doch, doch, natürlich. Wie war das noch genau? Ach ja, ich war ziemlich unter Zeitdruck an dem Tag. Hatte einen wichtigen Versicherungstermin, und dann war abends die Mitgliederversammlung von der MEILE. Sie wissen vielleicht, daß ich dort im Vorstand bin. Aber ich habe noch vor der Versammlung die Paare benachrichtigt, daß die Ankunft der Kinder sich verzögern wird.
v. A.: Schreiben Sie mir bitte Ihre bulgarischen Kontaktadressen auf, Herr Maywald.
M: So aus dem Stegreif? Na gut, ich versuch’s mal. Aber ich kann nicht garantieren, daß die Hausnummern stimmen.
»Hee!« rief Flintrop von der Tür her. »War das die Stimme von dem Typ, der gerade bei euch oben war? Ich weiß nicht, ob das wichtig ist, aber ich habe den Mann schon mal gesehen.«
»Ja, Flintrop, ich auch«, meinte van Appeldorn sauer.
»Bitte! Dann kann ich ja wieder gehen.«
»Wo haben Sie ihn gesehen?« hielt Astrid ihn auf.
»Am Kartenspielerweg an der Absperrung, als Günther totgefahren worden war. Da kam der und wollte nach Grafwegen. Hat noch rumgequakt, was passiert ist und so.«
»Himmelarsch, Flintrop!« schrie van Appeldorn. »Hättest du das nicht sagen können, als der noch hier war?«
»Nein, hätte ich nicht!« schnauzte Flintrop zurück. »Ich hab den nämlich erst gesehen, als er rausging.«
27
Bärbel Peters mußte ziemlich laut werden. Auf der erweiterten Vorstandssitzung, die sie heute morgen eilig einberufen hatte, ging es heiß her.
»Jetzt gebt doch mal ein bißchen Ruhe! Wenn wir alle durcheinander reden, kommen wir keinen Schritt weiter.«
»Ruhe?« schnauzte Heino Müller. »Wo soll ich die denn hernehmen? Die Sponsoren setzen uns die Pistole auf die Brust nach dem ganzen Rummel in der Presse. Heute morgen ruft mich der Bürgermeister von Kranenburg an: der Standort der Schule sei auch für seine Gemeinde äußerst interessant, und es sei im Rat längst über entsprechende Unterstützung gesprochen worden.«
»Kranenburg?« fragte Maywald.
»Ja, Kranenburg! Die planen dort ein riesiges deutschholländisches Wohngebiet, und da sei eine internationale Schule natürlich ganz in ihrem Sinne. Aber die Schwierigkeiten bei uns im Verein seien ja wohl so gravierend, daß man sich nun gezwungen sähe, sich Richtung Holland zu orientieren. Blablabla. Jedenfalls war es ganz offensichtlich, daß sie an unserer Seriosität
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