Feine Milde
still hinter ihre Teetasse.
Bärbel Peters kam nicht dazu, sich zu setzen. Es klingelte an der Haustür. Durch den Spion sah sie zwei Männer, die sie nicht kannte: der eine lang und dürr, mit blasser Haut und lackschwarzem Haar, der andere im Hintergrund erinnerte sie an einen dicken, roten Gummiball. Für Zeugen Jehovas waren sie zu nachlässig gekleidet.
Als sie öffnete, nickten beide grüßend, und der Lange hielt ihr einen Ausweis hin: »Kripo, van Appeldorn. Sind Sie Frau Peters, die Vorsitzende des Vereins MEILE e. V.?«
»Ja«, antwortete sie stirnrunzelnd. »Die bin ich. Was wollen Sie von mir?«
Der Lange musterte sie, verzog keine Miene. »Wir hätten gern mal mit Ihnen gesprochen.«
Er trat einen Schritt vor, aber sie verstellte ihm sofort den Weg. »Tut mir leid, aber ich habe jetzt überhaupt keine Zeit.«
Der Dicke knipste ein breites Lächeln an. »Es dauert nicht lange, nur ein paar Minuten, Frau Peters. Wir brauchen einige Auskünfte über Frau Jansen.«
»Sie kannten doch Heiderose Jansen?« fragte der Dünne.
»Selbstverständlich kannte ich Frau Jansen. Aber ich habe im Augenblick wirklich keine Zeit.« Sie verschränkte die Arme. »Ich glaube übrigens nicht, daß ich dazu verpflichtet bin, mit Ihnen zu reden. Aber ich werde kurz meinen Anwalt fragen. Er ist zufällig gerade hier.«
Der Gummiball blickte sanft. »Das ist nicht nötig, denn Sie haben recht. Sie müssen jetzt nicht mit uns sprechen.«
»Eben«, nickte sie zufrieden. »Kommen Sie morgen wieder.«
»Nein.« Der Lange lächelte zum ersten Mal. »Sie kommen zu uns: morgen um 15 Uhr, Mordkommission. Sie werden’s schon finden.«
28
»Renn doch nicht so!«
Heinrichs blieb stehen und lehnte sich schnaufend gegen die Hauswand. Sie hatten ihr Auto auf dem Großen Markt abgestellt und mußten den steilen Hasenberg hoch.
Van Appeldorn kam zurück und sah ihm besorgt ins schweißnasse Gesicht. »Geht’s dir nicht gut?«
»Na ja, bei diesem Waschküchenwetter merke ich einfach, daß meine Pumpe ganz schön verrostet ist«, japste Heinrichs.
»Entschuldige, ich habe nicht dran gedacht. Diese dumme Pute!«
Heinrichs setzte sich wieder in Bewegung, langsam, Stufe für Stufe. An der Ecke vom Grünen Heideberg parkte ein dunkelblauer BMW.
»Maywalds Auto«, sagte van Appeldorn. »Der ist bestimmt bei der Peters. Am liebsten hätte ich mir den heute noch mal vorgeknöpft.«
Heinrichs lehnte sich schwer atmend gegen den Kotflügel.
»Kann ich verstehen«, meinte er nach einer Weile. »Aber trotzdem hat Helmut recht. Der kann uns das Blaue vom Himmel erzählen, wieso der an dem Abend nach Grafwegen wollte. Erst mal gucken, was Ackermann findet. Der Maywald läuft uns nicht weg.« Er stieß sich vom Auto ab.
»Laß uns lieber was über die Tote rauskriegen. Der zweite Vorsitzende von dem Verein heißt Müller – dieser nette Mann, der vorhin angerufen hat. Er wohnt oben am Klever Berg. Vielleicht ist der ja kooperativer.«
»Nee«, van Appeldorn tippte auf seine Armbanduhr.
»Heute nicht mehr. Es ist gleich sieben, und ich hab heut’ noch Training.«
»Ist mir auch recht. Meine Frau wird sich freuen, wenn ich mal vor der Tagesschau zu Hause bin. Laß uns aber noch mal eben ins Büro hochspringen. Vielleicht hat Ackermann ja angerufen.«
Toppe wartete schon; Ackermann hatte sich tatsächlich gemeldet.
»Die Papiere der bulgarischen Kinder sind gefälscht.«
»Adieu Training«, fügte sich van Appeldorn.
»Nein«, sagte Toppe entschieden. »Wir warten ab, bis Ackermann die Bücher geprüft hat. Er hat mir versprochen, daß er bis morgen nachmittag damit fertig ist. Außerdem möchte ich auch mit Lowenstijn reden.«
»In Ordnung«, meinte van Appeldorn. »Ich bin dann weg, oder gibt’s sonst noch was?«
»Ja. Stasi war vorhin hier und hat sich für eine Woche verabschiedet, auf eine Fachtagung nach Köln. Der war unheimlich kusch. Irgendwas muß da in Holland vorgefallen sein.«
»Vielleicht hat dem ja endlich mal einer den Wurm gesegnet«, freute sich Heinrichs.
Toppe packte seine Sachen zusammen. »Und was habt ihr über die Jansen rausgekriegt?«
Astrid hatte einen Termin mit dem Makler. Sie sollte sich ein Haus in Materborn auf der Esperance anschauen. Als Toppe nicht aus dem Büro wegkam, hatte sie kurzerhand ihren Vater angerufen und ihn gebeten mitzukommen. Er hatte sie am Präsidium abgeholt.
Das Haus war ein Traum: ein ehemaliger Bauernhof, gerade renoviert. Zweigeschossig, unten eine große Wohnküche,
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