Feine Milde
haben?«
»Ich glaube, ja«, antwortete Klinger. Sein Gesicht hatte sich verfinstert.
»Können Sie sich genau an das Telefongespräch erinnern?«
»Nicht besonders gut.«
Toppe neigte fragend den Kopf.
»Ich war sauer, weil sie so blöd reagiert hat. Eigentlich hatte ich erwartet, sie freut sich, daß Anita und ich es noch mal versuchen wollten, aber sie war ganz kurz ab, ’du mußt ja wissen, was du tust’ und so was. Dabei sind wir seit Jahren befreundet.«
»Sie wollten also Ihre Frau verlassen?« fragte Heinrichs barsch.
Klinger schien den Unterton nicht zu bemerken. »Bei uns kriselt es schon ziemlich lange, aber wir wollen jetzt wohl eine Partnertherapie machen.«
»Und wie sind Sie auf den Gedanken gekommen, bei Frau Jansen zu wohnen?«
»Heidi hat es mir angeboten, öfter schon.«
»Hatten Sie etwas miteinander?« fragte Toppe geradeheraus.
»Meinen Sie, ob ich Anita wegen Heidi verlassen wollte? Nein, Quatsch! Ich meine, da ist mal was vorgefallen mit uns letzten Sommer, aber das war eine einmalige Angelegenheit. Wieso fragen Sie das alles?«
»Wir versuchen, uns ein Bild von Heiderose Jansen zu machen«, sagte Toppe. »Hatte sie einen festen Freund?«
»Nein. Ich glaube nicht mal, daß sie nach der Scheidung noch was mit einem anderen Mann gehabt hat, außer. na ja. letzten Sommer. Sie war nicht unbedingt ein Männertyp.«
»Was ist denn das«, fragte Heinrichs, »ein Männertyp?«
»Na ja, nicht gerade eine Frau, mit der man sofort ins Bett will. Die war mehr so mütterlich.«
»Mütterlich?« entgegnete Toppe. »Das ist das erste Mal, daß jemand sie so nennt.«
Klinger sah ihn unsicher an. »Ich weiß auch nicht, wie ich das sagen soll, ich meine nur. Ihre Kinder waren das Wichtigste in ihrem Leben. Es muß furchtbar schlimm sein für die Kleinen.«
»Können Sie sich vorstellen, wer den Brand gelegt hat?«
»Nein. Ich meine, wer tut so was?«
Ja, dachte Toppe, genau das habe ich dich gerade gefragt. Der Mann war so simpel, daß es ihm schon gegen den Strich ging.
»Wie haben Sie Frau Jansen kennengelernt?«
»Na, über die MEILE.«
»Ach«, klinkte sich Heinrichs ein, »Sie sind auch in diesem Verein tätig.«
»Nicht mehr. Unsere Kinder sind ja schon groß. Aber als die noch in der Grundschule waren.«
Sie redeten noch eine gute halbe Stunde mit ihm, aber es kam nichts dabei heraus. Er war einfach ein Mann, der sich nicht allzu viele Gedanken machte und die Dinge so nahm, wie sie sich ihm darstellten.
Astrid kam zwanzig Minuten zu spät zu ihrer Verabredung. Sie schaffte es immer noch nicht, Gabi einfach so gegenüberzutreten, ohne optische Kilometer zu machen. Also hatte sie nach dem Dienst geduscht, sich frische Sachen angezogen, sich geschminkt.
»Ich bin ganz froh, daß du so spät kommst«, schnitt ihr Gabi die Entschuldigung ab. Sie war selbst noch im Bademantel, hatte ein Handtuch um den Kopf gewickelt. Sie redete weiter auf dem Weg ins Bad und zwang Astrid damit, hinter ihr herzukommen. »Mann, das war ein Tag!« Sie rubbelte sich das Haar trocken, zog den Bademantel aus und griff nach ihrem Höschen. Astrid lehnte sich mit dem Rücken gegen den Türrahmen. »Heute morgen war Christians Verhandlung. Hat ewig gedauert, und die Zeit durfte ich nacharbeiten.«
»Heute morgen?« wunderte sich Astrid. »Davon hat mir Helmut gar nichts gesagt.«
»Helmut wußte es auch gar nicht.« Gabi knöpfte sich die Bluse zu, stopfte sie in die Jeans und fuhr sich mit dem Kamm durchs Haar. Astrid sagte nichts. Es kostete sie Mühe, aber sie hielt den Mund. Gabi fing ihren Blick im Spiegel auf. »Sprich’s aus.«
Astrid schüttelte den Kopf.
»Ich bin inzwischen so daran gewöhnt, allein für die Kinder und mein Leben verantwortlich zu sein …« Sie stockte, und ihre Augen blitzten, als sie sich zu Astrid herumdrehte. »Aber manchmal tu ich’s tatsächlich auch aus Trotz.« Dann lachte sie. »Du hast natürlich recht. Ich kann nicht einerseits verlangen, daß Helmut sich mehr kümmert und ihn andererseits ausschließen.«
»Wie ist es denn ausgegangen mit Christian?«
»Nicht so arg. Der Richter war ziemlich gnädig, weil es das erste Mal war. Trotzdem werden wir Christian jetzt wohl ziemlich häufig im Tiergarten antreffen. Einen größeren Gefallen hätte der dem Jungen gar nicht tun können. Der hatte doch die ganze Zeit Sorge, er müßte in die Altenpflege oder so was.«
Gabi war von dem Bauernhaus genauso begeistert wie Astrid. Fast eine Stunde liefen sie rum und
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