Feine Milde
wußte der Mann ja wohl am besten, wo man das Feuer legen mußte, damit das Haus auch wirklich in Flammen aufging. So gesehen könnte man ihm sogar eine Tötungsabsicht unterstellen. Der wußte ja wohl, wo seine Exfrau schlief; nämlich direkt über der Hintertür.«
»Und damit seine eigenen Kinder in Gefahr bringen?«
Toppe stieß sich von der Fensterbank ab und kehrte zu seinem Platz zurück.
»Die waren ja gar nicht zu Hause. Der kann uns doch viel erzählen, von wegen das hätte er nicht gewußt!«
»Ich bin ziemlich sicher, daß Fred Jansen damit nichts zu tun hat«, sagte Toppe ruhig, »aber gut, er bleibt auf der Liste. Und nun?«
Das war für Heinrichs keine Frage: »Ich sehe immer noch jede Menge potentieller Täter in diesem Verein, und bei der Salzmann-Unkrig würde ich anfangen.«
»Gut, dann übernehmt ihr beiden das«, meinte Toppe schnell. »Ich bin in der Nachbarschaft noch nicht ganz durch.«
Astrid warf ihm einen weichen Blick zu und schmunzelte vor sich hin. Wenn er schon wieder am Fenster stand und sich unsichtbare Barthaare ausrupfte. Irgendwas beschäftigte ihn, aber er wollte allein daran puzzeln.
Toppe ging runter in die Zentrale und fragte nach Flintrop. Kollege Heiligers hatte Mühe, sein Befremden zu verbergen. Es war noch gar nicht so lange her, da hatte Toppe Flintrop gemieden, als hätte der die Beulenpest, und Flintrop hatte jedem, der es nicht hören wollte, erklärt, was er von diesem arroganten Pinkel im feinen Anzug hielt, aber in letzter Zeit.
»Der ist nebenan«, zeigte er auf die Tür.
Flintrop hatte inzwischen in seiner Erinnerung gekramt und wußte genau, daß er einmal eine Anzeige von Heiderose Jansen aufgenommen hatte. Gegen wen, konnte er nicht mehr sagen, aber es war um die Höhe einer Hecke gegangen.
»Die Anzeige müßte doch eigentlich in eurem Computer sein, oder?« fragte Toppe mit vorsichtiger Freundlichkeit.
»Sicher.«
»So weit ich gehört habe, hat die Frau mehrere Anzeigen erstattet. Ich meine, es ist wohl nicht möglich, das aus dem Ding da abzurufen, wenn ich keine konkreten Daten habe?«
»Doch, klar ist das möglich.« Flintrop legte sein Frühstücksbrot aus der Hand und erhob sich gewichtig. »Ich bin nicht so furchtbar bewandert mit dem Teil, aber das müßte ich eigentlich hinkriegen.«
Toppe setzte sich und zündete in Ruhe eine Zigarette an, aber Flintrop war fixer, als er gedacht hatte.
»Mannomann«, pfiff der, »eine ganz feine Latte!«
Toppe beugte sich über Flintrops Schulter, um im schräg einfallenden Licht etwas auf dem Bildschirm sehen zu können.
Die beiden Anzeigen gegen Kleinmanns – einmal wegen einem abgeholzten Baum, einmal wegen einer angeblich zu hohen Hecke – waren ein Klacks gegen die Liste der Anzeigen gegen den Bauern Ewald Timmer. Die erste war vor vier Jahren erstattet worden wegen ruhestörenden Lärms, Anlegen einer Silage nach 22 Uhr. Die nächste, weil Timmer angeblich Jansens Katze erschossen hatte. Dann noch eine Ruhestörung, diesmal waren es Erntemaschinen. Bei der vierten Anzeige ging es um das Ausfahren von Gülle im November und bei der letzten, die ziemlich genau vor einem Jahr erstattet worden war, um unerlaubte Genmanipulation.
»Was soll denn das sein?« staunte Toppe.
Flintrop schüttelte den Kopf. »Seid ihr sicher, daß die Alte nicht aus der Psychiatrie entsprungen ist?«
Der Staatsanwalt stöhnte, als er den Namen Heiderose Jansen hörte, und Toppe mußte einiges an Überredungskunst anwenden. »Na gut, ich suche die Unterlagen raus und rufe Sie dann zurück.«
Es dauerte keine zehn Minuten. Die Staatsanwaltschaft hatte sich anfangs bemüht, die Kontrahenten zu einem Schiedsmann zu schicken. »Im Grunde handelt es sich ja um Nachbarschaftsstreitigkeiten, bei denen kein öffentliches Interesse vorliegt, verstehen Sie? Aber die Dame wollte sich darauf nicht einlassen. Zwei Sachen gegen Ewald Timmer sind schließlich zur Verhandlung gekommen: ein ruhestörender Lärm und das Ausbringen von Gülle im November. In beiden Fällen endete es mit einer Geldbuße für den Bauern.«
»Und was war mit der Katze?«
»Warten Sie, Katze erschossen, ja hier. Katzen, das galt damals noch als Sachbeschädigung. Außerdem hatte das Tier sich weiter als 200 Meter vom Grundstück entfernt, und Herr Timmer war im Besitz eines gültigen Waffenscheins. Ist wohl auch Jäger, der Mann.«
Toppe sah auf seinen Zettel. »Dann habe ich hier noch eine unerlaubte Genmanipulation.«
»Genmanipulation?«
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