Feine Milde
mit seiner Frau gesprochen. Der war auf der Arbeit, Krankenpfleger. Hat aber um zwei Dienstschluß. Sie wollte ihn dann sofort schicken.«
Toppe streckte sich. »Gut, warten wir also.«
»Bei der Rekonstruktion der letzten Stunden vor Jansens Tod gibt es fast nur blinde Flecken. Um halb vier ist sie mit ihren Kindern bei ihren Eltern in Rees angekommen, hat dann da noch Kaffee getrunken und ist so gegen fünf wieder abgefahren. Sie wollte das Spielzimmer der Kinder ausräumen, damit Klinger Platz für seine Klamotten hatte. Der wollte noch am selben Abend einziehen.«
Das Telefon schellte. Es war van Gemmern. »Herr Toppe? Ich bin jetzt durch an der Hamstraße. Könnten Sie hochkommen ins Labor? Ich habe einiges zusammengetragen.«
»Kommst du mit hoch, Walter?« Toppe war schon halb im Gehen.
Es klopfte, und die Tür wurde geöffnet. »Guten Tag. Sie wollten mich sprechen?«
Martin Klinger, blondes, lichtes Haar, eine dünne Nickelbrille. Er war älter, als Toppe gedacht hatte, sicher Ende Vierzig.
»Herr Klinger? Vielen Dank, daß Sie gekommen sind.«
Auch Toppes Stimme war geschäftsmäßig. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, ein paar Minuten hier zu warten?«
Er deutete auf die triste Stuhlreihe an der Flurwand. »Es wird nicht lange dauern.«
»Kein Problem«, nickte der Mann freundlich.
Berns Maulerei über den »bestialischen Gestank« schlug ihnen wesentlich lauter entgegen als der teerige Brandgeruch. Heinrichs riß sich weiß Gott nicht um »klare Worte«, womöglich noch weniger als Toppe, aber jetzt hatte er genug. »Paul, kannst du mal kommen, bitte?«
»Wieso? Willst du mich jetzt auch noch zusammenscheißen? Danke, kein Bedarf!« Damit stürmte Berns hinaus.
Van Gemmerns einzige Reaktion auf die Szene war ein kleines Zucken im Mundwinkel.
Sachlich erstattete er Bericht: sechs leere Weinflaschen hatte er gefunden, vier davon in der Küche, zwei im Wohnzimmer, dort auch, in der Nähe der Flaschen, ein Glas. Er zeigte es ihnen, ein kleines Wasserglas, von einem schwarzen Fettfilm überzogen.
»Nichts deutet auf eine zweite Person hin«, sagte er.
Weder Nitroverdünnung noch Öl oder Benzin hatte er im Haus entdeckt. »Nur ein paar Pötte Ökofarbe, da wo es zum Keller runtergeht.«
»Auch nicht draußen irgendwo?« fragte Toppe.
Van Gemmern schüttelte den Kopf, nahm eine lange Pinzette und hob ein stinkendes, schwarzes, schlammiges Etwas hoch. »Aber das hier lag gleich neben der Stufe vor der Hintertür.«
»Was soll das denn sein?« Heinrichs rümpfte die Nase.
»Ich mußte mir das auch erstmal gründlicher ansehen«, nickte van Gemmern. »Das ist eine Baskenmütze. Könnte wichtig sein, oder? Gleich an der Stelle, wo das Initialfeuer war.«
»Brandexperten!« schnaubte Toppe und sah sich das Ding genauer an. »Was ist das denn da?«
Van Gemmern drehte die Mütze. »Habe ich auch schon dran rumgedoktert. Irgendeine Plakette, ein Abzeichen, aber es ist so zusammengeschmolzen, daß ich es beim besten Willen nicht identifizieren kann. Ich schicke die Mütze heute noch zum LKA. Vielleicht haben die mehr Glück.«
Er warf Toppe einen knappen Blick zu. »Hadern Sie nicht allzu sehr mit den Brandexperten. Wenn ich an der Stelle nicht ausgerutscht wäre und mit meinem Schuh den Schlamm weggeschoben hätte, läge die Mütze da jetzt noch begraben.«
35
Martin Klinger hatte geduldig auf sie gewartet, und auch bei ihrem Gespräch war er die Ruhe selbst. »Ich habe sofort gewußt, warum Sie mich sprechen wollten. Es ist Brandstiftung gewesen, nicht wahr?«
Er war der erste, der ein wasserdichtes Alibi hatte: seine Frau hatte beschlossen, ihrer Ehe doch noch eine Chance zu geben, und so hatten sie am Samstag ihre Kinder bei Anita Klingers Vater abgegeben und sich übers Wochenende in einem Sporthotel in Kevelaer einquartiert, um in Ruhe miteinander zu reden.
»Die Heidi wußte das aber, ich habe mit ihr telefoniert.«
»Wann?« wollte Toppe wissen.
»Na, am Samstag. Ich hab’s ein paarmal am Nachmittag probiert, aber da war keiner zu Hause. Abends hab ich sie dann vom Hotel aus doch noch erreicht.«
»Um wieviel Uhr war denn das?«
»Nach dem Abendessen irgendwann. Gegen neun, oder so. Aber vielleicht wissen die das im Hotel genauer.«
Sie wußten es sogar ganz genau – 21.11 Uhr – und bestätigten, daß das Ehepaar Klinger von Samstag bis Montag um die Mittagszeit bei ihnen zu Gast gewesen war. Toppe legte den Hörer auf.
»War Frau Jansen allein, als Sie mit ihr telefoniert
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