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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Silberfalke
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mir?«
Talon sammelte sich und ließ sich einen Moment Zeit, um
seine Worte abzuwägen. Dann fragte er: »Worin bestehen
Eure Pläne für mich?«
»Das macht dir Sorgen?«
Talon senkte einen Moment den Blick, dann erinnerte er
sich an die Worte seines Vaters, dass er einem anderen Mann
immer direkt in die Augen sehen und sich einem Problem
stellen sollte. »Es macht mir Sorgen.«
»Und dennoch hast du monatelang gewartet, bis du gefragt
hast.«
Wieder schwieg Talon kurz. Dann sagte er: »Es gab vieles,
worüber ich nachdenken musste. Mein Volk existiert nicht
mehr. Alles, was ich kannte, ist verschwunden. Ich weiß nicht
mehr, wer ich bin.«
Robert lehnte sich zurück. Er trommelte leise mit den Fingern auf die Tischplatte, und nach einer Weile sagte er:
»Weißt du, was das hier ist?« Er berührte den großen gebundenen Pergamentstapel.
»Ich denke, es ist etwas, das jemand geschrieben hat.«
»Das hier nennt man ein Buch. Darin befindet sich Wissen.
Es gibt viele Bücher mit vielen unterschiedlichen Arten von
Wissen, ebenso wie sich die Menschen voneinander unterscheiden. Einige führen ein Leben, in dem sie nicht viele Entscheidungen fällen müssen. Sie werden an einem bestimmten
Ort geboren, wachsen dort heran, heiraten und zeugen Kinder,
werden alt und sterben, alles am selben Ort. So hätte auch
dein Leben verlaufen sollen, nicht wahr?«
Talon nickte.
»Andere werden vom Schicksal in die Welt hinausgetrieben und müssen sich ihr eigenes Leben schaffen. So ist es
jetzt auch für dich.«
»Aber ich stehe in Eurer Schuld.«
»Und du wirst diese Schuld begleichen. Und dann?«
»Ich weiß es nicht.«
»Dann haben wir ein gemeinsames Ziel, nämlich zu entdecken, wie du mir am besten dienen kannst, und dabei werden
wir auch herausfinden, worin dein Schicksal besteht.«
»Das verstehe ich nicht.«
Robert lächelte. »Das ist auch noch nicht notwendig. Du
wirst es mit der Zeit schon verstehen. Und jetzt will ich dir ein
paar Dinge sagen, die du wissen solltest. Du wirst das nächste
Jahr hier bei Kendrick verbringen. Du wirst viele unterschiedliche Pflichten haben, zum Beispiel die Arbeit in der Küche,
die du schon kennst, aber du wirst auch im Stall eingesetzt
werden und überall sonst, wo Kendrick dich hinschicken
will. Du wirst auch hin und wieder Caleb oder Magnus dienen, wenn sie dich brauchen, während sie hier wohnen. Und
von Zeit zu Zeit wirst du mit mir auf Reisen gehen.« Er
drehte sich um und legte die Hand noch einmal auf das
Buch. »Und morgen fangen wir damit an, dir das Lesen beizubringen.«
»Lesen, Robert?«
»Du bist ein kluger Junge, Talon Silverhawk, aber ziemlich
ungebildet. Dein Volk hat dir beigebracht, wie man ein guter,
echter Mann der Orosini ist. Nun müssen wir dich andere
Dinge lehren.«
»Ich verstehe es immer noch nicht, Robert.«
Robert bedeutete Talon mit einer Geste aufzustehen. Dann
sagte er: »Jetzt geh und schlafe. Du wirst es im Lauf der Zeit
schon verstehen. Ich spüre in dir große Begabung, Talon. Es
könnte sein, dass ich mich irre, aber wenn du diese Begabung
nicht nutzt, dann wird es nicht daran liegen, dass wir uns beide nicht genug angestrengt hätten.«
Talon, der nicht mehr wusste, was er sagen sollte, nickte
nur, drehte sich um und ging. Vor Roberts Tür blieb er noch
einmal stehen und dachte: Begabung? Aber wozu?
    Talon wartete, das Schwert bereit. Magnus stand nicht weit
von ihm entfernt und beobachtete ihn. Der Junge war bereits
schweißgebadet und hatte von den Schlägen, die er schon
hatte einstecken müssen, mehrere rote Striemen auf den
Schultern und dem Rücken.
    Kendrick stand vor ihm, ein hölzernes Übungsschwert in
der Hand, und bedeutete dem Jungen, noch einmal anzugreifen. Er hatte Talon gestattet, eine echte Klinge zu benutzen,
und behauptet, wenn der Junge ihn verletzen könne, hätte er
es verdient zu bluten, und bisher hatte er sich Talon tatsächlich erfolgreich vom Leib gehalten. Aber Talon war schnell
und lernte rasch, und er wurde Kendrick immer gefährlicher.
    Magnus hatte während der Übungen kein Wort gesagt, aber
er beobachtete jede Bewegung genau.
Talon griff an und hielt sein Schwert diesmal zurück, als
wollte er von oben nach unten zuschlagen. Plötzlich drehte er
sich von Kendricks rechter Seite – der Schwertseite – weg
und schlug seitlich nach unten, ein tückischer Angriff gegen
Kendricks ungeschützte linke Seite. Kendrick spürte die Bewegung erst im letzten Augenblick und konnte den

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