Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 2
wie viel luxuriöser die Gemächer des
Königs wohl waren, lächelte und murmelte: »Es
muss wirklich gut sein, König zu sein.«
Tal war schon vom königlichen Hof in Roldem
beeindruckt gewesen, aber der Thronsaal des Königs
der Inseln war einfach unglaublich.
Als Angehörigen von Kaspars Gefolge ließ man
ihn nach dem Herzog herein, aber er wurde nicht offiziell vorgestellt. Er stand an der Seite, während der
König Kaspar und seine Schwester willkommen
hieß. König Ryan war ein junger Mann, nicht älter
als dreiundzwanzig. Sein Vater, König Patrick, war
unerwartet vor ein paar Jahren gestorben, was einer
unruhigen Herrschaft ein Ende gemacht hatte. Patrick
war ein aufbrausender Mann von fragwürdigem Urteilsvermögen gewesen, der Nachfolger von zwei
Königen, Lyam und Borric, die einen vollkommen
anderen Charakter gehabt hatten als er. Patrick hatte
während des Wiederaufbaus des Westreiches nach
dem Schrecken, den man jetzt als Schlangenkrieg
bezeichnete, in Krondor geherrscht. Mythen und Geschichte widersprachen einander, und es gab Quellen, die behaupteten, pantathianische Schlangenpriester, Geschöpfe finsterster Legenden, hätten eine
monströse Invasion des Königreichs geplant, die in
Krondor ihren Anfang nehmen sollte, und seien mit
einer Flotte von mehr als tausend Schiffen um die
Welt gesegelt. Was immer die Wahrheit gewesen
sein mochte, das Nachspiel war eindeutig: Krondor
hatte beinahe vollkommen in Trümmern gelegen.
Patrick hatte während seiner Herrschaft über diese
Stadt zweimal gegen Kesh kämpfen müssen. Als sein
Vater, König Borric, gestorben war, war Patrick bereits ein müder, erschöpfter Mann gewesen. Seine
Herrschaft war alles andere als glücklich verlaufen.
Ryan hielt man für eine unbekannte Größe, und Kaspars Besuch diente zum Teil dem Zweck, den jungen
Monarchen besser einschätzen zu können. Einer von
Kaspars Hauptleuten, Janos Prohaska, stand direkt
neben Tal. Er flüsterte: »Der König ist offensichtlich
beunruhigt über die Anwesenheit unseres Herrn.«
Während die offiziellen Vorstellungen weitergingen, flüsterte Tal zurück: »Hauptmann, wie kommt
Ihr darauf?«
»Kennt Ihr denn nicht einmal den Adel Eures eigenen Landes?«, fragte Prohaska leise.
»Nicht vom Sehen«, gab Tal zu.
Ein halbes Dutzend Männer hatte sich zu beiden
Seiten des Königs aufgestellt, der noch nicht verheiratet war und daher allein auf einem einzelnen Thron
auf dem Podium saß. Kaspar dankte dem König für
den Empfang, während diese sechs Männer ihn forschend betrachteten.
Prohaska sagte: »Neben dem König steht Lord Valien, Herzog von Rillanon, und neben ihm Lord James, Herzog von Krondor. Der König hat seine beiden mächtigsten Herzöge an seine Seite gerufen. Sie
herrschen in seinem Auftrag über das Ost- und das
Westreich. Außer Prinz in Krondor ist James auch
Regent des Westens.«
Tal betrachtete die Männer. Sie waren von ähnlichem Körperbau, nicht mehr jung, aber hoch gewachsen und kräftig, mit klugen Augen und der ruhigen Selbstsicherheit von Männern, die seit Jahrzehnten an der Macht waren. Neben dem Herzog von
Krondor stand ein weiterer Mann, ein etwas jüngerer,
der leise mit Lord James sprach.
Prohaska sagte: »Der Mann, der dort mit Lord James spricht, ist Lord William Howell, der Finanzminister des Königs. Er ist ein Hofadliger, aber auf seine Art ebenso mächtig wie die anderen beiden. Es
heißt, er könne besser mit Gold umgehen als jeder
andere. Und hinter ihm, die beiden alten Soldaten?«
Tal nickte. »Ja, ich sehe sie.«
Ein Mann in mittleren Jahren mit der aufrechten
Haltung des Berufssoldaten trug einen roten königlichen Waffenrock, aber der des anderen passte zu
dem von Herzog James; er war blau und zeigte einen
Kreis aus hellerem Blau, in dem man einen Adler
erkennen konnte, der über einen Berggipfel flog. Der
Mann hatte die siebzig schon weit überschritten, und
Tal sah ihm an, dass er einmal sehr groß und kräftig
gewesen war. Seine Muskeln waren mit dem Alter
schlaffer geworden, aber Tal hielt ihn immer noch
für einen gefährlichen Gegner.
»Das ist Sir Lawrence Malcolm, Rittermarschall
der Armeen des Ostens, und neben ihm steht Erik
von Finstermoor, Marschall von Krondor. Hinter ihm
seht Ihr den Admiral der östlichen Flotte des Königs,
Daniel Marks, und seinen Adjutanten. Wenn das hier
kein Empfang wäre, würde ich sagen, es handelt sich
um einen Kriegsrat.«
Tal betrachtete die Männer und war
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