Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
zu.
»Und wie kommt es, dass das alles sich jetzt so tief unter der Erdoberfläche befindet?«, fragte Jazhara.
James zuckte die Schultern. »Menschen bauen Dinge.
Den Platz dazwischen füllen sie mit Straßen aus.
Mindestens ein Dutzend Abwassertunnel sehen aus wie alte Straßen, die man überdeckt hat, und der zentrale Abflusskanal, an dem wir vorhin vorbeigekommen sind, war mit ziemlicher Sicherheit vor langer Zeit eine Zisterne.«
»Faszinierend«, sagte sie. »Was schätzt Ihr, wie alt diese Dinge sind?«
»Krondor ist vierhundert Jahre alt«, sagte James.
»Jedenfalls so ungefähr, aber auf eine Woche mehr oder weniger kommt’s wohl nicht an.«
Jazhara lachte. »Das ist für keshianische Begriffe immer noch jung für eine Stadt.«
James zuckte die Schultern und setzte sich wieder in Bewegung. »Hier entlang.«
Als sie in einen anderen Durchgang einbogen, der parallel zum Hauptkanal verlief, huschte ein Stück weiter vorn – gerade an der Grenze des Bereichs, den die Laterne ausleuchtete – etwas durch ihr Blickfeld.
»Was war das?«, fragte William und zog sein Schwert.
»Es war groß«, sagte Jazhara. »Eineinhalbmal so groß wie ein Mensch.«
James hatte ebenfalls sein Schwert gezogen. »Wir sollten jetzt gut aufpassen, meine Freunde.«
Sie gingen vorsichtig bis zu der Kreuzung weiter, an der die Gestalt verschwunden war. Vor ihnen lag ein Korridor, der rechts im Dunkel verschwand, während zu ihrer Linken ein kurzer Durchgang zurück zum Rande des Kanals führte. »Vielleicht bewegt sich das Ding im Wasser fort«, sagte William. »Das würde zumindest erklären, warum es so schwer zu finden ist.«
»Und warum es sich so schnell von einem Ort zum anderen bewegen kann«, ergänzte James. »Da lang«, sagte er und deutete nach links.
Sie gingen langsam weiter; nach zehn Schritten konnten sie in einiger Entfernung ein schwaches, flackerndes grünes Licht ausmachen. »Mir stehen die Haare zu Berge«, flüsterte Jazhara. »Hier muss irgendwo ganz in der Nähe Magie am Werk sein.«
»Danke für die Warnung«, sagte James.
Jazhara zog etwas aus ihrer Gürteltasche. »Wenn ich es sage, werft euch auf den Boden und bedeckt eure Augen.«
»Verstanden«, sagte William. James nickte nur.
Sie bewegten sich vorsichtig weiter auf das Licht zu und entdeckten eine Tür in der Mauer. Sie war offen. Als sie die Tür erreichten, blieben sie stehen.
James versuchte sich auf das, was sie da vor sich sahen, einen Reim zu machen. Menschliche Gebeine lagen überall herum, dazwischen die Knochen von Ratten und anderen kleinen Tieren. Lumpen und Stroh waren zu einem großen kreisförmigen Lager aufgeschichtet worden, in dem mehrere große, ledrig wirkende Objekte lagen, jedes davon so lang wie ein Männerarm. Sie pulsierten in einem kränklich wirkenden grünen inneren Licht.
Jazhara keuchte auf. »Bei den Göttern!« Plötzlich begriff James, was die Objekte enthielten. In den Ledersäcken, wie er sie im Stillen nannte, zeichneten sich irgendwelche Umrisse ab.
»Es sind Eier!«, rief die Magierin entsetzt. Sie schloss die Augen und begann mit leiser Stimme eine Beschwörung zu murmeln. Nach kurzer Zeit riss sie die Augen wieder auf und sagte: »Das ist schwärzeste Magie.
Dieser Ort muss vernichtet werden. Schützt eure Augen.«
Während die beiden Männer der Tür und dem Raum dahinter den Rücken zuwandten, nahm Jazhara einen Gegenstand aus ihrer Gürteltasche und schleuderte ihn auf die Eier. Ein Blitz aus weißem Licht tauchte ihre Umgebung in gleißendes Licht, und ein Hitzeschwall schwappte über sie hinweg.
In der plötzlichen Helligkeit konnten sie weiter als bisher in den Korridor hineinblicken und entdeckten in einiger Entfernung eine missgebildete, bucklige Gestalt, die mehr als sieben Fuß groß sein musste. Der Kopf der Kreatur wirkte selbst für den massigen Körper viel zu groß, das Gesicht mit seiner vorspringenden Schnauze voller Zähnen von der Größe eines Männerdaumens war gleichsam eine Karikatur eines menschlichen Gesichts.
Glänzende schwarze Knopfaugen waren angesichts des Lichtblitzes entsetzt aufgerissen. Die Arme der Kreatur reichten bis zum Boden, und anstelle von Händen stützte sich das Wesen auf große, schwielige Flossen.
Das Ungeheuer zögerte einen kurzen Augenblick – dann brüllte es und griff an.
Während Jazhara sich noch umdrehte, machten James und William sich bereit.
Als das Ding sie schon beinahe erreicht hatte, schleuderte James mit der Linken seinen
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